Keine riots in Deutschland? Die Ereignisse in Hamburg-Altona im Sommer 2013

Julika Mücke, Moritz Rinn

1. Einleitung

Im folgenden Text untersuchen wir einen Konflikt um einen Polizeieinsatz, der sich im Sommer 2013 in Altona-Altstadt in Hamburg ereignet hat. Einige junge Menschen wehrten sich gegen eine Personenkontrolle und wurden dabei von Nachbar_innen, Verwandten und anderen Personen unterstützt. Die anschließenden Konfrontationen mit den Polizeikräften dauerten mehrere Tage an (vgl. Janicki/Kasiske 2013). Die Konstellation der Akteur_innen, die Dynamik der Auseinandersetzung und die diskursiven Repräsentationen der Ereignisse ähnelten dabei Grundmustern urbaner Konflikte, die in französischen, britischen oder US-amerikanischen Städten für gewöhnlich als riots oder émeutes bezeichnet werden. Diesen Vergleich zog etwa die Hamburger Tagespresse ganz explizit und warnte vor „Verhältnissen wie in Paris“ (M3)[1].

Stellt der Altonaer Kontrollkonflikt also jene Gewissheit in Frage, nach der es in Deutschland keine Auseinandersetzungen ‚wie‘ in den Vororten oder Großstädten der nordwesteuropäischen Nachbarschaft oder der USA gibt? Letzteres behauptete zumindest ein nicht geringer Teil der deutschsprachigen sozialwissenschaftlichen Beiträge, vor allem in Anschluss an die Konfliktereignisse in Frankreich im Jahr 2005 (explizit etwa Lukas 2009). Die dominierenden Erklärungen für urbane Aufstände und ihr Ausbleiben argumentierten weitgehend desintegrationstheoretisch, führen etwa eine schwächere Ausprägung von sozial-räumlicher Segregation und bessere Beziehungen zwischen Polizei und ‚ethnischen Minderheiten‘ in Deutschland an. In Altona-Altstadt scheinen diese Erklärungen nun allerdings entweder nicht zu greifen oder widerlegt zu werden.

Wir möchten deshalb am Beispiel der dortigen Konfliktereignisse untersuchen, welche Elemente jener Auseinandersetzungen, die international als riots[2] gefasst werden, auch in Konfliktkonstellationen in deutschen Großstädten sichtbar werden. Dabei kommen insbesondere Auseinandersetzungen um verräumlichte, kontrollintensive Polizeistrategien und spezifische Ausprägungen von Rassismus in städtischen Alltagen in den Blick. Diese bestehenden Parallelen wurden jedoch in den bisherigen vergleichenden Ansätzen, so unsere Beobachtung, durch die desintegrationstheoretischen Perspektiven verdeckt. Wir diskutieren deshalb zunächst das dort vorherrschende riot narrative (s. u.), das die (vermeintliche) ‚Ruhe‘ in deutschen Großstädten erklärt, und konfrontieren es anschließend mit den Konfliktereignissen in Altona.

In unserer Fallstudie kontextualisieren wir diese Auseinandersetzungen zunächst und rekonstruieren anschließend ihre umstrittenen diskursiven Repräsentationen. Wir wählen die diskursiv-medialen Deutungskämpfe als zentralen Ansatzpunkt der Untersuchung, da Medien (im umfassenden Sinne) Konfliktereignissen nicht nur eine öffentliche Sichtbarkeit bieten, sondern im ‚Reden‘ über diese Ereignisse Teil der gesellschaftlichen Auseinandersetzung beziehungsweise des politischen Prozesses sind (vgl. Vogel 2010). In diesen medialen Aushandlungen werden in Form konkurrierender Deutungsangebote auch spezifische Grenzen des Möglichen, Sagbaren und gesellschaftlich Akzeptablen abgesteckt. Entsprechend wird gesellschaftliches Wissen über Konfliktereignisse, die daran Beteiligten und die (gesellschaftlichen) Ursachen (re-)produziert oder transformiert. Wie solche Konflikte repräsentiert werden, ob als riot, als Krawall oder als Widerstand, und welche Subjektkonstruktionen darin auftauchen – etwa ‚kriminelle Jugendliche‘ oder ‚rassistische Polizist_innen‘ – muss insofern immer als Teil dieser Konflikte selbst begriffen werden.

Die Ergebnisse dieser Fallstudie beziehen wir im letzten Abschnitt auf unsere Eingangsfrage zurück. Es geht uns dabei weniger darum, uns für die These stark zu machen, dass es in Deutschland eben doch riots gibt. Wir wollen vielmehr zeigen, dass forscherische Perspektiven, die auf solche „nicht-normierten (urbanen) Konflikte“ (vgl. Liebig 2014 in Anschluss an Piven/Cloward 1991)[3] etwa in Frankreich, Großbritannien oder den USA gerichtet worden sind, auch dabei helfen können, Auseinandersetzungen wie jene in Altona-Altstadt angemessen verstehen zu können. Dafür greifen wir neben kritisch-stadtforscherischen auch rassismusanalytische Ansätze auf.

2. Der Blick aus Deutschland auf die riots der Anderen – und zurück

Zwei recht verschiedene Diskussionszusammenhänge legen die Annahme nahe, dass es in Bezug auf riots beziehungsweise urbane Aufstände in den Städten der BRD ,ruhig‘ zugehe: Die deutschsprachigen kritisch-sozialwissenschaftlichen Beiträge beschäftigten sich bislang nahezu ausschließlich mit solchen Konfliktereignissen anderswo und zogen selten Verbindungslinien nach Deutschland (vgl. etwa Liebig 2014; Altenried 2012; Dzudzek/Müller 2013; Kollektiv Rage 2009; Bareis 2007 sowie die Beiträge in Das Argument 52/289 2010). Die Diskussion hiesiger urbaner Konfliktkonstellationen im Lichte der riots und émeutes in der europäischen Nachbarschaft oder den USA blieb so weitgehend Journalist_innen und (stadt-)soziologischen sowie kriminologisch-polizeiforscherischen Autor_innen überlassen. Deren Perspektive ist dabei oft durch Positions- und Problembestimmungen deutscher Stadtgesellschaften gekennzeichnet – etwa als Frage, ob „‚das‘‚ bei ‚uns‘ auch passieren“ kann (Bareis 2007: 89). Es werden Erklärungen gesucht, warum es „in Deutschland keine riots gibt“ (Lukas 2009) und unter welchen Bedingungen diese möglicherweise zukünftig auftreten könnten (vgl. etwa Hradil 2006).

Aus diesen unterschiedlichen Beiträgen zusammengenommen ergibt sich ein Konzept zur Erklärung, warum riots entstehen oder ausbleiben, das stark jenem riot narrative ähnelt, das della Porta/Gbikpi (2012: 91) als kennzeichnend für die Medienberichterstattung in Frankreich nach den dortigen émeutes im Jahr 2005 herausgearbeitet haben. Dieses setzt sich aus vier Variablen zusammen: (1) räumliche Segregation, (2) soziale Integration, (3) Polizeiarbeit sowie (4) der Komplex aus Rassismus, Anerkennung und citizenship.

Die ersten beiden Variablen werden dabei häufig miteinander verbunden (vgl. etwa Keller 2011). In Kurzform lautet das Argument: In Deutschland komme es nicht zu riots, weil die verräumlichte soziale und ,ethnische‘ Segregation in Großstädten wesentlich schwächer, die soziale Integration hingegen stärker ausgeprägt sei als etwa in Frankreich. Das hänge mit einer im internationalen Vergleich erfolgreichen Sozial- und Arbeitsmarktpolitik – aber eben auch mit den ausgefeilten hiesigen integrierten Politiken der Stadtteilentwicklung – zusammen (vgl. auch Hradil 2006). Das (Nicht-) Entstehen von riots wird hier mit der stadträumlichen Struktur sowie der ,ethnischen‘ und ,sozialen‘ Zusammensetzung der Bewohner_innen von Aufstandsgebieten beziehungsweise der Aufständischen erklärt. Zum Tragen kommt hierbei die Konzeption der „negativen Quartierseffekte“ (vgl. Häußermann/Kronauer 2012: 399f., Friedrichs 2010):[4] Zugespitzt formuliert: ‚Problemquartiere‘, in denen sich ‚benachteiligte Bevölkerungsgruppen’ konzentrieren (in der deutschsprachigen Debatte die „‚A-Gruppen‘ (Arbeitslose, Arme, Alte, Ausländer)“, Farwick 2007, S. 112f.), bringen aufgrund fehlender Kontakte der Bewohner_innen zu ökonomisch erfolgreichen und sozial integrierten Nachbar_innen deviantes Verhalten hervor (vgl. exemplarisch Heitmeyer 2011). Die hierdurch entstehenden städtischen ,Gewalträume‘ verunmöglichten auch ‚zivile‘ Artikulationsformen der Kritik und des Protests der Bewohner_innen gegen ihre Marginalisierung, denn, so die Argumentationslogik, es fehlten die Trägergruppen zivilgesellschaftlicher Organisierung.[5]

Die dritte Variable des riot narrative erklärt die (Nicht-)Entstehung von riots mit dem Verhältnis zwischen ‚marginalisierten‘ Stadtteilbewohner_innen, in erster Linie Jugendlichen, und Polizeikräften (vgl. Keller/Schultheis 2008, Keller 2011). Polizeiforscher_innen stellen etwa heraus, dass das Ausbleiben von Konflikteskalationen in der Bundesrepublik mit den bürgernahen Polizeistrategien des community policing[6] zu erklären sei (vgl. etwa Lukas 2007). So scheint Deutschland eine Ausnahme gegenüber eher autoritären und konfrontativen Formen des policing zu sein, wie sie beispielsweise in Form repressiver Kontrollpraktiken in den USA und Großbritannien zu finden sind.[7] Insofern blieben Anlässe zum Protest der ‚üblichen Verdächtigen‘ in Deutschland weitgehend aus.

Mit dieser Feststellung verbunden wird nun in der vierten Variable des riot narrative auf die unterschiedliche Bedeutung von Rassismus hingewiesen: Rassismus forme die sozialen Beziehungen und deren Verräumlichung in deutschen Großstädten nicht annähernd so stark wie in Frankreich, Großbritannien oder den USA. Das deutsche Staatsbürgerschaftsverständnis und Integrationsregime sowie andere postkoloniale Beziehungen führten zu vergleichsweise schwach ausgeprägten Anerkennungserwartungen ,ethnisierter Minderheiten‘. Daraus folge ein entsprechend geringeres Protestverhalten (vgl. etwa Keller/Schultheis 2008: 248f., Loch 2009): Da die „Diskrepanz zwischen formaler Gleichberechtigung und sozialer Marginalisierung“ hierzulande aufgrund der rechtlich festgeschriebenen Ungleichheiten kaum eine Rolle spiele,[8] würden Konflikte um Zugehörigkeit in Deutschland nicht „von unten“ (also etwa von der „türkischen Migrantenpopulation“), sondern, wenn überhaupt, „von oben“ (also ausgehend von der „Mehrheitsgesellschaft“) artikuliert (Keller 2011: 244).

Die vier Dimensionen des riot narrative werden nun in der Debatte unterschiedlich gewichtet, zentrieren sich allerdings um die Erklärungskraft des Theorems urbaner Desintegration herum. Diese Deutung der Aufstände als Desintegrationsphänomene ermöglicht zugleich eine etwas paradoxe Bezugnahme und Abgrenzung: So wird erklärt, in deutschen Städten seien gravierendere städtische Konflikteskalationen bisher deshalb ausgeblieben, weil soziale Ausgrenzung und Diskriminierung hier nicht derart verräumlicht ausgeprägt seien wie in der nordwesteuropäischen Nachbarschaft. Diese Erklärung kontrastiert allerdings mit den nicht zu überhörenden Warnungen etwa vor ,französischen Verhältnissen‘, in denen rassifizierende Konstruktionen ,gefährlicher Räume‘ wie ,gefährlicher Klassen‘ beziehungsweise Bevölkerungssegmente (insbesondere auch ,islamistischer Extremist_innen‘) produktiv werden (vgl. Ronneberger/Tsianos 2009, Tsianos 2013).

Doch egal ob eher skandalisierende oder abwiegelnde Positionen bezogen werden: Die allseits geteilte Grundannahme besteht darin, dass sich bisher in Deutschland keine urbanen Konflikte ‚wie‘ in Frankreich, Großbritannien oder den USA ereignet hätten. Doch lässt sich diese Annahme eigentlich halten? Zumindest in den Medien weht auch in deutschen Großstädten manchmal „ein Hauch von Banlieue“ – wie der Spiegel die Proteste nach der Tötung eines Jugendlichen im Kölner Stadtteil Kalk Anfang 2008 betitelte (vgl. Bukow/Preißig 2010). Auch Auseinandersetzungen im Kreuzberger Wrangelkiez im Jahr 2006 wurden entsprechend diskutiert (vgl. Lukas 2007). In einzelnen Konfliktfällen werden offenbar Zuschreibungen und Unterscheidungen von städtischer ,Jugendgewalt‘, ,Krawall‘, ,Revolte‘ oder ,Protest‘ unscharf.

Es sind nun gerade solche Situationen der Verunsicherung in Bezug auf Grenzziehungen, die in besonderem Maße Aufschluss über hiesige urbane Konfliktkonstellationen geben können. Deshalb untersuchen wir exemplarisch eine solche Auseinandersetzung im Hamburger Stadtteil Altona-Altstadt, wo im Sommer 2013 nach dem Widerstand einiger Jugendlicher gegen vermehrte Polizeikontrollen vor „Zustände[n] wie in Paris, Stockholm oder London“ (B3) gewarnt wurde. Ansatzpunkt unserer Analyse .sind dabei allerdings nicht Konzeptionen urbaner Desintegration. Wir verorten diesen Konflikt und seine diskursive Verhandlung vielmehr im Zusammenhang von Rassismus, Stadtpolitik und Polizeiarbeit.

3. Auseinandersetzungen in Altona: Kontrollstrategien, Widerstände und Deutungskämpfe

3.1. Das Konfliktereignis: Einige Sommertage in Altona-Altstadt

Der Konflikt, den wir hier genauer untersuchen möchten, entzündete sich am späten Donnerstagabend des 11. Juli 2013 im Zuge einer Polizeikontrolle mit mehreren Streifenwagenbesatzungen in der Holstenstraße in Hamburg-Altona. Ziel der Kontrollen war eine Gruppe von etwa 20 Jugendlichen, die sich vor einem Kiosk getroffen hatten, um gemeinsam das Fasten zu brechen (seit Anfang der Woche war Ramadan). Die Personalienkontrolle wurde zunächst ohne Begründung vorgenommen, später gab ein Polizeisprecher an, die Jugendlichen hätten zuvor Polizist_innen mit Laserpointern geblendet (vgl. Polizei Hamburg 2013). Einigen von ihnen gelang es, sich durch Flucht in einen Hauseingang der Kontrolle zu entziehen. Die verbleibenden 16 Personen wehrten sich gegen die in ihren Augen ohne Anlass durchgeführte Kontrolle. Die Pressestelle der Hamburger Polizei sprach von „massiven Bedrohungen, Sachbeschädigungen an Einsatzfahrzeugen und Widerstandshandlungen gegen Polizisten“ (ebd.). Die Jugendlichen hingegen schilderten das Vorgehen der Polizei als brutal, unverhältnismäßig und grundlos (vgl. Utopie TV 2013). Die Polizist_innen setzten bei den folgenden Festnahmen Schmerzgriffe, Pfefferspray und auch Schlagstöcke gegen die 17- bis 26-jährigen, allesamt männlichen, Anwohner ein.

Während der Auseinandersetzung versammelten sich in kürzester Zeit etwa 150 Menschen – Angehörige, Freund_innen und Nachbar_innen – und protestierten gegen die Festnahmen und das Vorgehen der Polizei. Es kam zu Wortgefechten mit den Polizeikräften und Sprechchören sowie zu einer spontanen Sitzblockade auf der Holstenstraße. Die Polizei war mit etwa 100 Beamt_innen im Einsatz (vgl. taz, 12.7.2013). Die festgenommenen Jugendlichen wurden gegen Mitternacht auf vier verschiedene Polizeiwachen im Umkreis gebracht und erst in den frühen Morgenstunden wieder entlassen. Im Anschluss wurden Ermittlungsverfahren gegen 22 Beteiligte „wegen des Verdachts des Landfriedensbruchs, Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte, Körperverletzung und Sachbeschädigung“ (Polizei Hamburg 2013) eingeleitet (vgl. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg 2013).

Auch in den darauffolgenden beiden Nächten versammelten sich viele Anwohner_innen, aber auch Bewohner_innen anderer Stadtteile und Journalist_innen rund um den Kiosk in Altona-Altstadt. Vor allem in der Nacht von Freitag auf Samstag kam es zu weiteren Auseinandersetzungen mit der Polizei sowie Sachbeschädigungen im Viertel. Die Presse berichtete von brennenden Autos und Jugendlichen, die die Polizeikräfte mit Steinen und Feuerwerkskörpern beworfen hätten (vgl. H2). Gleichzeitig ging die Leitung des zuständigen Polizeikommissariats am zweiten Tag des Konflikts gezielt auf Personen zu, die zuvor als Sprecher_innen beziehungsweise ,Vermittler_innen‘ aufgetreten waren (vgl. t2). Auch die Beendigung intensiver Polizeikontrollen und die Einladung zu einem Runden Tisch waren Teil dieser Deeskalationsstrategie. Einige Nachbar_innen organisierten hingegen am darauffolgenden Wochenende eine Stadtteilversammlung, die von etwa 200 Menschen besucht wurde (vgl. Nachbarschaftsversammlung 2013). Eine Woche später demonstrierten etwa 1.000 Menschen unter dem Motto: „Schluss mit den rassistischen Polizeikontrollen“ im Stadtteil (vgl. H5).

3.2. Der Kontext: Polizeiliche Kontrollmaßnahmen im Aufwertungsgebiet

Um zu verstehen, wie diese konfrontative Konfliktkonstellation möglich geworden ist, muss zunächst ihre spezifische Situierung beachtet werden. Altona-Altstadt gehört zur westlichen inneren Stadt und grenzt an St. Pauli, Altona-Nord, die Sternschanze und Ottensen – Stadtteile, in denen spätestens seit den 1990er Jahren umstrittene Aufwertungspolitiken und Verdrängungsprozesse zu beobachten sind. Auch Altona-Altstadt soll seit Anfang der 2000er Jahre mit Sanierungs- und „Soziale Stadt“-Gebieten stadtentwicklungspolitisch aufgewertet werden (vgl. steg 2013). Politisch-administrativ wurde neben städtebaulichen Mängeln insbesondere eine ,problematische‘ Sozialstruktur identifiziert, mit überdurchschnittlicher Arbeitslosenquote, hoher Jugendarbeitslosigkeit und Kinderarmut, zudem verfügten gut 30 Prozent der Bewohner_innen nicht über einen deutschen Pass – doppelt so viele wie im gesamtstädtischen Durchschnitt. Durch die „Abwanderung von insbesondere sozial stabileren Familien“ würden diese „Problemlagen“ weiter verschärft (ebd.). Altona-Altstadt sollte deshalb „stabilisiert“ werden (ebd.). Die Stadtentwicklungspolitiker_innen verfolgten dabei offensiv eine Bevölkerungspolitik der ‚sozialen Mischung‘: Sie setzten etwa auf eine „Attraktivitätssteigerung der Wohnquartiere für Familien und junge Haushalte vor der Familiengründung“ (ebd.) – also für neue urbane Mittelschichten, mit dem Ziel, dadurch die Lebensbedingungen im Stadtteil für ,benachteiligte Bevölkerungsgruppen‘ zu verbessern.[9] Im Zuge dieser Verfahren, aber auch der gesamtstädtischen Entwicklung sind in den letzten Jahren Veränderungen der Bevölkerungsstruktur, Mietsteigerungen und die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen nicht ausgeblieben. Auch politisch-administrative Akteur_innen mussten faktisch die Verdrängung vor allem geringerverdienender Menschen und Bewohner_innen „mit Migrationshintergrund“[10] aus dem Stadtteil anerkennen. 2012 wurde für weite Teile des Stadtteils eine Soziale Erhaltungsverordnung[11] erlassen (vgl. steg 2013, Bezirksamt Hamburg-Altona 2012).

Etwa zeitgleich zu diesen stadtentwicklungspolitischen Bemühungen um ,soziale Balance‘ wurden in dem Gebiet aber auch neue polizeiliche Kontrollstrategien wirksam. So wurden einige Straßenzüge Altona-Altstadts Schauplatz einer polizeilichen Sondermaßnahme. Diese bezog sich auf eine „lose Gruppierung“ von Jugendlichen und Heranwachsenden, die von der Innenbehörde später als „mehrheitlich mit Migrationshintergrund sowie bereits deliktisch in Erscheinung getreten“ geschildert werden (Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg 2013). Insbesondere wurden Raubüberfälle auf „alkoholisierte [...] St. Pauli-Besucher“ (ebd.) und provozierendes Auftreten gegenüber der Polizei hervorgehoben. Nachdem „Kontaktaufnahmen durch den polizeilichen Jugendschutz sowie den zuständigen Jugendbeauftragten“ an mangelnder „Gesprächs- und Kooperationsbereitschaft“ gescheitert seien, veranlasste das zuständige Polizeikommissariat von Oktober 2012 bis Februar 2013 „Schwerpunkteinsätze durch gezielten Einsatz von Zivilfahndern und durch offensive Präsenzmaßnahmen“ (ebd.). Nach einer zwischenzeitlichen „Lageberuhigung“ (ebd.) wurden im Frühjahr 2013 wieder vermehrte Delikte registriert. Ab dem 8. Juli 2013 wurde die polizeiliche Präsenz deshalb etwa durch uniformierte Doppelstreifen wieder erhöht. Darüber wurden diejenigen, die von der Polizei als ,Jugendliche mit Migrationshintergrund‘ klassifiziert wurden, nicht etwa durch die Medien informiert, sondern erfuhren es alltäglich durch mehrfache Personalienkontrollen. Diese versuchte Verschiebung der ‚Kontrollnormalität‘ blieb jedoch nicht unangefochten, was an den geschilderten Ereignissen jener Tage im Hochsommer 2013 deutlich wird, die auf die neuerlichen polizeilichen ‚Schwerpunkteinsätze‘ folgten.

3.3. Diskursive Deutungskämpfe um die Konfliktereignisse in Hamburg Altona-Altstadt

Schon während der Auseinandersetzungen zwischen Polizeikräften und Stadtteilbewohner_innen entwickelten sich diskursiv-mediale Deutungskämpfe um die Ereignisse, in denen sich zahlreiche diskursive Elemente urbaner riots wie in Großbritannien 2011 oder Frankreich 2005 auffinden lassen. Mit Hilfe diskursanalytischer Methoden konnten wir dabei anhand unterschiedlicher Konstruktionen von Problemdefinitionen, Ursachen oder Akteursklassifikationen drei zentrale Interpretationsrepertoires herausarbeiten (vgl. Abb. 1).[12]

1 Interpretationsrepertoires
im medialen Diskurs
um die Altonaer
Ereignisse (Quelle:
Eigene Darstellung)
Abb. 1 Interpretationsrepertoires im medialen Diskurs um die Altonaer Ereignisse (Quelle: Eigene Darstellung)

Die drei Interpretationsrepertoires unterscheiden sich in ihrer Diskursstruktur, also etwa der Benennung des ,Problems‘, der Zuweisung von Schuld und Verantwortung oder den Lösungen beziehungsweise Handlungsbedarfen. Auch die Narration, die die einzelnen Strukturelemente einbettet und somit die Repräsentation des Konfliktes in Altona maßgeblich bestimmt, unterscheidet sich entsprechend.

So wird im ersten Interpretationsrepertoire der Konflikt selbst als „Krawalle“ und „Randale“ (H2, M3, B2, W1, t2) oder „Massenaggression“ (H1) benannt; seine Ursachen werden im kriminellen Verhalten problematischer Jugendlicher ,mit Migrationshintergrund‘ bestimmt. Eine legitime Polizeikontrolle sei eskaliert, da die Jugendlichen die Polizei provoziert und angegriffen hätten (u. a. M2, B2, W2, S2, S3). Opfer und Heldin zugleich ist die Polizei (H2). Diese agiert in der spezifisch verorteten Situation eines ,gefährlichen Viertels‘ – diese Konstruktion ist ein weiterer Hauptbestandteil der Narration (u. a. H3, H7, W2, S2, S3, S6, S7). Als zentrale gesellschaftspolitische Ursache wird eine „verfehlte Integrationspolitik“ festgestellt (B3, S5, S7). Entsprechend werden integrationspolitische „Maßnahmenbündel“ (B3, t5, S7), mehr Prävention (H6) und vor allem härteres Durchgreifen seitens der Justiz sowie spürbare schnelle Strafen (S3) gefordert.

Das zweite Interpretationsrepertoire hingegen benennt rassistische Polizeikontrollen und das eskalierende Verhalten der Polizei als Problem und als Ursache des Konflikts. Die Schuld wird allein der Polizei zugewiesen, während die Jugendlichen Opfer von Polizeigewalt und rassistischen Kontrollen (H5, t1, S1, S4, S5, S6, S7) sind. Dies ist eingebettet in eine Erzählung über eine veränderte Alltagserfahrung angesichts der teils mehrfach am Tag erlebten Kontrollen (t3). Alle Jugendlichen im Stadtteil würden unter Generalverdacht gestellt (S1, S4, S7), wobei ein zugeschriebenes ‚ausländisches‘ (also nicht weiß-deutsches) Aussehen als entscheidender Grund für die Kontrolle genannt wird (S6). Gefordert werden die Abschaffung von verdachtsunabhängigen Personenkontrollen sowie des racial profilings der Polizei, die unabhängige Aufklärung von Polizeigewalt und die Durchsetzung von Gleichbehandlung und Rechtsstaatlichkeit für alle (S1, S6, S7).

Schließlich lässt sich noch ein drittes Interpretationsrepertoire identifizieren, das sich zwischen den beiden anderen bewegt. Der Konflikt in Altona wird hier als umstrittener Polizeieinsatz präsentiert (H7, M1, M3). Es wird von Missverständnissen auf beiden Seiten gesprochen, die zur Eskalation geführt hätten (S1). Die Ursache für die Auseinandersetzungen zwischen Polizei und Anwohner_innen bleibt entsprechend unklar. Auch die Schuld wird nicht einer Konfliktpartei zugewiesen; beide Seiten gestehen Fehler ein (t2, t3, S1). Eindeutig verurteilt werden jedoch die „Krawalltouristen“ (W2), die in der zweiten und dritten Nacht von außerhalb „zum Randalieren“ in das Viertel gekommen seien und einen Teil der Schuld zugewiesen bekommen (W2, M3, t3). Handlungsbedarf wird im Hinblick auf eine gemeinsame Kommunikation und Dialogbereitschaft gesehen (M2, M3, B3, t2, S1).

3.4. Schuld sind die ,nicht integrierten Anderen‘?! Aushandlungsprozesse um Integration, Rassismus und das Viertel

Wie bereits deutlich geworden ist, stehen im Mittelpunkt der diskursiven Deutungskämpfe um die Ereignisse in Altona-Altstadt Aushandlungsprozesse um Rassismus, polizeiliche Kontrollpraktiken und die Konstruktion gefährlicher Orte. Für alle Aspekte zentral ist dabei die Klassifizierung beziehungsweise Differenzmarkierung (othering)[13] der Jugendlichen sowie dem entgegengesetzte Konstruktionen. Auf diese Aspekte möchten wir im Folgenden nochmals vertieft eingehen.

Im ersten Interpretationsrepertoire „Randale krimineller Jugendlicher“ werden die Jugendlichen als ,problematische Jugendliche mit Migrationshintergrund‘ klassifiziert. Dieses othering hat verschiedene diskursive Funktionen. Einerseits spielt es eine wichtige Rolle in der Konstruktion Altona-Altstadts als „gefährlicher Stadtteil“ (H3, H6, H7, M3, W2, S6, S7), in dem sich als kriminell, aggressiv und frustriert beschriebene Jugendliche aufhalten (u. a. S3, H7, M2). Die ,problematischen‘ Jugendlichen seien dabei auf Randale aus (H3, H4, B2) und „wollte[n] es drauf ankommen lassen“ (B2). Dominante Sprecherpositionen nehmen hierbei die Öffentlichkeitsabteilungen der Polizei, der Polizeigewerkschaft sowie der Innenbehörde ein, die eine Akteurskoalition mit ,der Politik‘ und den von ,Kriminalität betroffenen Anwohner_innen‘ bilden. Dies wird in eine Erzählung eingebunden, in der die Polizei schon länger Jugendliche im Stadtteil ,im Visier‘ hat. Grund für die verstärkten Kontrollen seien die „alarmierende Kriminalitätsentwicklung im Viertel“ (H3, H6), die steigende Zahl von Straftaten und „Beschwerden von Anwohnern“ (H1, S2, S6). Die Eskalation erscheint in diesem Deutungsmuster als Frage der Zeit: „Gestern brachen dann alle Dämme“ (S3).

„Deutschlands neuer Problemkiez“ (S6) wird dabei als polizeifeindlich (u. a. M3, t2, S3) und gefährlich (u. a. H3, W2, S2, S6) inszeniert. Diskursiv spielt bei der Konstruktion Altona-Altstadts als gefährliches Viertel die Benennung der betroffenen Straßenzüge als „Stolperviertel“ eine beträchtliche Rolle. Der Begriff, der in der medialen Berichterstattung und den Pressemitteilungen der Polizei auftaucht, ist im aktuellen Sprachgebrauch der Anwohner_innen kaum verbreitet (t3). Durch diese Neu-Benennung des Schauplatzes der Ereignisse wird eine Verräumlichung von ,Kriminalität‘ in Verbindung mit der Konstruktion von ,problematischen Jugendlichen mit Migrationshintergrund‘ hergestellt und damit die Kontrollpraxis legitimiert.

Auf dieser Problemdefinition werden dann entsprechende ,Lösungsvorschläge‘ aufgebaut: So wird im Interpretationsrepertoire „Randale krimineller Jugendlicher“ ein hartes Durchgreifen seitens der Justiz als einzige wirksame Handlungsoption konstruiert. Strafen sollten „schnell“ und „spürbar“ (S3) erfolgen: „Wer Polizisten angreift, muss Null-Toleranz und gesellschaftliche Ächtung erfahren. […] Hier muss jedes Verständnis und jede Dialogbereitschaft enden und der Staat klare Kante zeigen“ (S3). Die Politik müsse endlich aufwachen und „ein auf Migranten abgestimmtes Maßnahmenbündel“ verabschieden, „um die soziale Schieflage zu beseitigen“ (B3, t5, S7). In diesem Kontext sind direkte Diskursverschränkungen mit riots zu finden. Denn nur die ,harte Linie‘ scheint Deutschland vor „Zustände[n] wie in Paris, Stockholm oder London“ (B3, S6) noch bewahren zu können. So rechtfertigt sich auch das Verhalten der Polizei, denn „die Beamten erklärten […], sie wollten verhindern, das Altona wie die französischen Banlieues oder Neuwiedenthal zur ,aufgegebenen Zone‘ werde“ (t1). In dieser Bezugnahme unter anderem auf eine Großwohnsiedlung an der südwestlichen Hamburger Peripherie wird zugleich eine Verknüpfung mit Wissensvorräten über urbane Räume gesellschaftlicher Desintegration wirksam.

An dieser Stelle wird eine weitere Funktion des othering im Diskurs um die Konfliktereignisse in Hamburg-Altona im Sommer 2013 deutlich: das Markieren der ,nicht-integrierten Anderen‘, die für ihre kriminellen Handlungen bestraft werden müssen. So wird das Verhalten der Jugendlichen in Altona-Altstadt als „Alarmsignal für verfehlte Integrationspolitik“ bezeichnet (B3, S7, S5). Und auch die Jugendlichen selbst würden durch „Selbstmitleid, Selbstisolation und die Einstellung, dass immer andere Schuld an ihrem Los sind“ (S5, S7), integrative Prozesse verhindern. Hierbei wird deutlich, dass die Konfliktartikulation der Jugendlichen lediglich auf einer individuellen Schuldebene verhandelt wird: „Bei solchen jungen Männern besteht oft eine Unzufriedenheit darüber, dass sie in einer Umgebung leben, in der andere die Normen und Werte bestimmen. Die Polizei ist bei solchen Gruppen oft Feindbild, weil sie als Machtinstrument der Anderen gilt“ (W2). Polizist_innen werden als Antagonist_innen stilisiert, die als Projektionsfläche der ,missratenen‘ Jugendlichen herhalten müssen (S3), und als Opfer präsentiert: „Gewalt und Bedrohung gegen Polizeibeamte gehören auch in Hamburg zur Alltagskultur krimineller Jugendlicher“ (S3). Ein Zusammenhang mit gesellschaftlichen Machtstrukturen wie Rassismus wird hierbei kategorisch abgewiesen und die Polizei als nicht-rassistisch verortet (t5, S6). Die Jugendlichen werden so als ,nicht-integrierte Andere‘ konstruiert, die im Außen der Gesellschaft positioniert sind.

Auch die diskursiven Figuren der entgegengesetzten Deutungen greifen das Element ‚Integration‘ auf, so etwa im Statement eines Stadtteilbewohners: „Es wird geredet von Integration. Wir sind integriert, ne! […] Ich bin in Deutschland geboren, ich kenn die Sprache. Es ist mein Mutterland. Ich bin zwar auch Türke, […] aber ich fühl mich als Deutscher“ (S1). Auch ein anderer jüngerer Anwohner deutet die Ereignisse als Konflikt um Integration: „Die einzige Schuld die wir haben, ist, dass wir aus Migrantenfamilien kommen, die sich erfolgreich seit der dritten Generation integriert haben“ (ebd.). Die zunehmenden Kontrollen und die „Provokation“ vom Donnerstagabend deuten die Jugendlichen dabei als Strategie der Polizei, um „die Statistik zu frisieren“: Als mutwillige Eskalation, „damit genau sowas passiert“ und es „dann [wieder] heißt, die Jugendlichen sind kriminell“ (ebd.). Hier wird der Polizei das Motiv zugeschrieben, die faktische Integration der Jugendlichen nicht wahrhaben, verhindern oder rückgängig machen zu wollen.

Dieses Ringen um die Deutung von Integration wird von rassistischen Differenzkonstruktionen beziehungsweise dem Widerstand dagegen flankiert: „Solange wir so aussehen“, sagt ein Jugendlicher, „sind wir immer potentielle Täter“ (S6). „[W]er anders als der deutsche Durchschnittsbürger aussehe, gerate schnell in Verdacht, kriminell zu sein“ (M3, S6). Dieses othering wird noch durch weitere rassistische Deutungen ergänzt. So werden einerseits die Nachbarschaft im Viertel und die Angehörigen der Jugendlichen in der Figur der ,migrantischen Großfamilie‘ beschrieben (M1) und damit eine Art ,Kulturkampf‘ zwischen einer abweichenden ,Minderheitenkultur‘ und der ,Mehrheitskultur‘, die von der Polizei repräsentiert wird, konstruiert. In der entgegengesetzten Deutung wehren sich die Jugendlichen gegen eine antimuslimische Deutungsverknüpfung von migrantischer Identität und Religion: Ein junger Mann richtete sich etwa direkt an die anwesenden Journalist_innen: „Es gab Schreie mit Islam und so, [aber] nicht dass sie wieder schreiben: Salafisten und so was. Es ist so, hier leben viele Ausländer, nicht dass später aber diese Verbindung mit dem Islam wieder kommt“ (S1).

Mit diesen rassistischen Differenzierungen beziehungsweise dem Widerstand dagegen verknüpft ist schließlich die Erfahrung rassistischer Polizeikontrollen im Alltag. Dies drückt sich beispielsweise dadurch aus, dass ein Jugendlicher aufgrund der Kontrollen zu spät zur Arbeit kommt (vgl. t2). Das Vorgehen der Hamburger Polizei wird im zweiten Interpretationsrepertoire entsprechend als „Musterbeispiel von Racial and Ethnic Profiling“ (S6) verhandelt, da die „Polizei […] offensichtlich weiterhin ein Feindbild pflege, das vor allem von rassistischen Ausschlusskategorien bestimmt wird“ (S7). Der von der Polizei hergestellte Ausnahmezustand kulminierte in der Auseinandersetzung zwischen Jugendlichen und Polizei am Abend des 11. Juli, die als Gipfel der vielen Kontrollen bewertet wird (S4). Im Kontext dieser Deutungen der Konfliktereignisse und Vorgehensweisen der Polizei wird nun das Verhalten der Jugendlichen entsprechend nicht als deviant sondern vielmehr als „Zeichen des Aufbegehrens gegen die alltäglichen Demütigungen, sogenannte verdachtsunabhängige Personalkontrollen, Beleidigungen und Gewalt der Polizei gegenüber People of Color, kurz: Racial Profiling“ (S5) gedeutet und somit legitimiert. Denn obwohl Racial Profiling verfassungswidrig ist, scheint es in Altona-Altstadt gängige Polizeipraxis zu sein (S6, S7).

4. Die Verhandlung nicht-normierter urbaner Konflikte um Rassismus und Alltag

In der Analyse des medialen Diskurses der Altonaer Ereignisse im Sommer 2013 konnten wir verschiedene Deutungsfiguren herausarbeiten, die auch in Diskursen über riots in Großbritannien, Frankreich oder den USA zu finden waren. Besonders deutlich wurden diese Parallelen anhand jener dominanter Diskurselemente, die sich zur stereotypen Figur eines urbanen riots verdichteten: Ein ‚wütender Mob‘, ‚Gewalt‘, ‚brennende Autos‘, ‚Steinwürfe‘, ‚Hass‘, ‚frustrierte junge Männer‘, ‚Randalierer‘, ‚Immigranten‘, ‚Krawalltouristen‘.

4.1. Streit um Des-Integration und Rassismus

Dabei erwies sich ein weiteres Mal die erstaunliche ,Erklärungskraft‘ des riot narratives: Auch wenn Altona-Altstadt ziemlich offensichtlich wenig mit den dominanten Bildern segregierter Trabantenstädte oder Großwohnsiedlungen zu tun hat, wurden entsprechende Verweise bemüht. So kam auch hier die Gleichung ,polizeifeindliche, kriminelle Jugendliche mit Migrationshintergrund = (peripheres) Problemquartier‘ zum Einsatz. Die polizeiliche Definition und mediale Konstruktion eines entsprechenden Raumausschnitts, des sogenannten „Stolperviertels“, kann als Versuch gelesen werden, die Kontrollstrategie als Aufräumen in einer ,kriminogenen Zone‘ zu legitimieren. Hier zeigt sich geradezu exemplarisch ein „Ghetto-Diskurs“ als „Raumideologie“ (Ronneberger/Tsianos 2009: 137ff., 145).

Die Jugendlichen des „Stolperviertels“ wurden dabei nicht nur als ,kriminell‘, sondern zugleich auch als ,muslimisch‘ markiert. Auch das weist Parallelen zur medialen Debatte über die französischen émeutes 2005 auf, wo vor ,Islamisierung‘ gewarnt wurde (vgl. della Porta/Gbikpi 2012: 93). ,Islam‘ wird hier in Verbindung gesetzt mit mangelnder Anerkennung rechtsstaatlicher Institutionen, ,Polizeifeindlichkeit‘ mit einer ,anderen Kultur‘: Die Jugendlichen hörten offenbar nur auf Autoritäten ihrer ,eigenen Community‘ (was die Rede von den ‚Familienvätern‘, die die Polizei zum vermittelnden Gespräch gerufen hatte, deutlich macht).

All diese Zuschreibungen zentrieren sich um die Konstruktion der ,nicht-integrierten Anderen‘. Diese Grenzziehung zwischen ,zivilisierten‘ und ,unzivilisierten‘, ,gesunden‘ und ,kranken‘ Teilen der Gesellschaft, einer moralisch integeren und einer davon abweichenden Population, zwischen Bürger_innen und ,Anderen‘, ist gerade aus den politisch-administrativen Reaktionen in England 2011 und Frankreich 2005 wohlbekannt (vgl. Jobard 2008: 261, Dzudzek/Müller 2013: 18; Liebig 2014: 271). In Altona-Altstadt wird diese Grenze in erster Linie rassistisch markiert – antimuslimischer Rassismus verbindet sich hier mit einem Null-Toleranz-Diskurs gegenüber den ,üblichen Verdächtigen‘.[14]

Die jungen Bewohner Altona-Altstadts, die im Kontext der Auseinandersetzungen in den Medien zu Wort kamen (sie waren tatsächlich allesamt männlich), hatten nun ihre eigenen Erklärungen für die Ereignisse. Dabei zeigt sich die Erklärungsmacht des Des-/Integrationstheorems auch in ihren Deutungen und Selbstpositionierungen.[15] Einerseits artikulieren die Jugendlichen einen positiven Bezug auf ,Integration‘: Sie betonen ihre Zugehörigkeit zur deutschen Gesellschaft, und sie fordern, dass das auch die Polizei anerkennen müsse. Andererseits beschreiben sie den Integrationsdiskurs als ‚Gerede‘, denn als Deutsche und Türken beziehungsweise als aus „Migrantenfamilien“ Kommende würden sie rassistisch diskriminierenden Polizeikontrollen unterworfen, die der gesellschaftlichen Integrationsanrufung entgegenstünden (vgl. Utopie TV 2013). In solchen und anderen Statements wird das Ringen der von den Kontrollen betroffenen Bewohner_innen um eine Sprecherposition als anerkennbare Subjekte offenbar, aus der heraus sie die Ungerechtigkeit der Diskriminierung durch die Polizei legitim kritisieren können. Das ging nun in Altona-Altstadt offenbar nicht ohne Bezug auf den Integrationsdiskurs, der aber zugleich von anderen Konfliktbeteiligten gegen die Jugendlichen eingesetzt wurde (vgl. zur Integrationsdebatte die Beiträge in Hess et al. 2009).

Mit Blick auf die Repräsentationen der jüngsten riots in den USA und Großbritannien wird hier auch deutlich, dass sich die Sag- und Machbarkeitsräume im Kontext von Diskursen um urbane Konfliktereignisse erheblich unterscheiden. Während etwa die Thematisierung von Rassismus im Diskurs um die riots in Großbritannien 2011 kaum möglich war (vgl. Dzudzek/Müller 2013: 6), war sie in der diskursiven Verhandlung der riots in Ferguson/USA 2014 und Baltimore/USA 2015 von Anfang an ein wichtiger Bestandteil. Hier waren Deutungsmuster, die Polizeigewalt gegen Schwarze sowie die rassistische Kriminalisierungen dieser Personen hervorbrachten, sehr präsent und lösten einen entsprechenden (Gegen-)Diskurs aus. Die Forderungen nach Gleichheit und Rechtsstaatlichkeit für alle ist eine weitere Parallele zu den diskursiven Repräsentationen der Auseinandersetzungen in Altona-Altstadt.

4.2. Keine Ruhe in deutschen Städten?

Wenn man alle diese Konfliktdimensionen und -konstellationen zusammengenommen betrachtet, legen die Altonaer Ereignisse nahe, dass Deutschland nicht als eine ,positive Ausnahme‘ inmitten einer eskalierenden internationalen urbanen Konfliktlandschaft begriffen werden kann. Nun geht es uns an dieser Stelle nicht darum, die durchaus signifikanten Unterschiede zu den Konflikten etwa in Paris, London oder Ferguson wegzuwischen: Der ,Altonaer Aufstand‘ weitete sich nicht auf andere Hamburger Stadtteile oder gar Städte in Deutschland aus, es kam nicht zu Plünderungen, es gab keine Toten und die Auseinandersetzungen dauerten auch nicht mehrere Wochen an. Das Eskalationsniveau in Altona-Altstadt war augenscheinlich ein anderes: hier reichte eine Veränderung der ,Kontrollnormalität‘, also die temporär erhöhte Polizeipräsenz und Kontrollintensität aus, um einen Polizeieinsatz als Angriff auf alltägliche Aneignungsweisen des Stadtteils zu erfahren und sich dieser polizeilichen Eskalation und Machtdemonstration kollektiv zu widersetzen. Und diese Auseinandersetzung reichte dafür aus, dass für einige Wochen Rassismus und Polizeigewalt respektive ein neues ,Problemquartier‘ und ,kriminelle Jugendliche‘ in Hamburg Thema einer öffentlichen Debatte wurden. Die Bewohner_innen Altona-Altstadts haben sich dabei letztlich erfolgreich gegen die polizeiliche Präsenzstrategie gewehrt.[16] Den dominanten Deutungsmustern, die ‚kriminelle Jugendliche mit Migrationshintergrund in einem gefährlichen Viertel‘ für die Eskalation verantwortlich machten, konnten wahrnehmbare und teilweise durchaus machtvolle Gegenerzählungen entgegengesetzt werden.

Insgesamt, so lässt sich festhalten, ist deutlich geworden, dass die Erklärungen des riot narratives für die vermeintliche ,Ruhe‘ in deutschen Großstädten so nicht greifen. Gerade die Erklärung der Eskalation von Konflikten um Polizeieinsätze über eine geographisch-räumliche Logik der Segregation, Isolation und Desintegration, die auch im Altonaer Konfliktfall medial zirkulierte, wird hier problematisch. Als ,Schlüssel‘ zu den Ereignissen erweist sich vielmehr ein Zusammenhang aus Rassismus und policing im städtischen Raum. Es kann dabei um polizeiliche Kontrollpolitik in peripheren ,Problemquartieren‘ gehen, aber eben auch um die Produktion von ,Sicherheit‘ in Gentrifizierungsgebieten.[17] Aus dieser Perspektive verlieren auch die anderen Variablen des riot narratives an Erklärungskraft: Die Annahme, Auseinandersetzungen um Rassismus, citizenship-Versprechen und policing würden in deutschen Großstädten kaum zu eskalativen Konfliktkonstellationen führen, erweist sich für Hamburg – aber auch für Köln, Berlin und sicher auch weitere Städte – als nicht haltbar. Vielmehr wird deutlich, dass ein Teil der deutschsprachigen Sozialwissenschaften die Geschichte und Gegenwart migrantischer und antirassistischer Kämpfe in Deutschland wohl bislang eher ignoriert hat.[18]

4.3. Ausblicke auf die Untersuchung urbaner Konflikte um Rassismus und Alltag

Auch angesichts der Altonaer Ereignisse liegt die Vermutung nahe, dass konfrontative, nicht-normierte urbane Konflikte „nur gelegentlich sichtbar“ werden, dass sie häufig lokal bleiben und „wir von ihnen meist nur [erfahren], wenn sie in unserer Nähe stattfinden, wenn sie lange andauern oder wenn sie die Herrschaftsverhältnisse grundlegend zu erschüttern vermögen“ (Bareis et al. 2010: 795). Es gilt deshalb, nicht nur auf die ,spektakulär‘ repräsentierten Konflikte zu schauen, sondern vor allem auf die Machtverhältnisse, in die diese eingebettet sind. Und dabei müssen auch die Bedingungen der Un-/Sichtbarmachung untersucht werden. Diskursive Deutungskämpfe können dabei als Teil der Konflikte selbst betrachtet werden. Die Identifizierung von ereignisübergreifenden Diskursmustern und -mechanismen kann helfen, den Kampf um Deutungen und die dafür herangezogenen gesellschaftlichen Wissensvorräte zu analysieren.

Was bedeuten diese Überlegungen nun für die Perspektive auf solche Konflikte, wenn wir davon ausgehen, dass die Ereignisse von Altona-Altstadt keine Ausnahme innerhalb Deutschlands und die hiesigen urbanen Verhältnisse keine ,positive‘ Ausnahme im internationalen Vergleich sind? In Altona sind nicht-normierte Konfliktpraktiken sichtbar geworden, mit denen (rassistisch markierte) Stadtbewohner_innen Gleichheit und Gerechtigkeit nicht nur einfordern, sondern auch praktisch durchsetzen wollten. Diese Konfliktpraktiken ließen sich analytisch als acts of (urban) citizenship beschreiben (vgl. Köster-Eiserfunke et al. 2014). Denn wenn, wie in den entsprechenden Debatten kritischer Migrations- und Stadtforschung, citizenship „nicht einfach als statisches beziehungsweise staatliches Rechtsregime konzipiert“ wird, „sondern als Praxis, als politisches Konfliktfeld und Aushandlungsprozess […]“, wird gerade die Lücke bedeutsam, „die die Nichteinlösung des Versprechens, welches diskursiv mit citizenship verbunden ist, generiert“ (Hess/Lebuhn 2014: 27). In diesem Sinne könnten die Proteste und Forderungen der Altonaer Jugendlichen als Versuche begriffen werden, urbane Teilhabe- und Aneignungsrechte praktisch durchzusetzen, und sich als anzuerkennender Teil der ,Stadtgesellschaft‘ zu positionieren – und das auch mittels Praktiken, die polizeilich-medial als ,Krawall‘ oder ,Gewalt‘ bezeichnet wurden (vgl. Nachbarschaftsversammlung 2013).

Damit sind Fragen aufgeworfen, die unserer Einschätzung nach zentral sind für die weitere Debatte um urbane Aufstände. Es sollte zukünftig aber nicht darum gehen, urbane Aufstände im Rahmen eines starren Begriffsapparates zu definieren, also wiederum ,einzuhegen‘, sondern eher darum, sensibel für die unterschiedlichen Formen der Konfliktartikulation im Prozess der Produktion und Aneignung städtischer Räume zu sein – und auch für deren Un-Sichtbarkeit. So würde eine Perspektive möglich, aus der die integrations- und ordnungstheoretisch fixierten Erklärungsvariablen des riot narratives gewissermaßen ,von unten‘ gegen den Strich gebürstet werden könnten: Die Frage nach Produktion, Kontrolle und Aneignung städtischen Raumes würde an die Stelle der Frage nach verräumlichter Segregation treten. Es müsste gefragt werden nach Teilhabe und Selbstbestimmung und nicht nach sozialer (Des-)Integration. Darin eingebettet wären dann Fragen nach rassistischen Ausschlüssen, nach sozial selektiven Polizeipraktiken, nach der Bedeutung von Rassismus und Polizei (im weiteren Sinne) im Alltag der Leute in Städten, die durch umstrittene Prozesse der Neoliberalisierung mit produziert werden.

Endnoten

Autor_innen

Julia Mücke ist Kulturwissenschaftlerin in Hamburg und Tübingen. Sie promoviert zur Konstruktion von ,race‘ im (medialen) Diskurs zu städtischen Aufständen in den USA 2014/2015 und beschäftigt sich mit Protest- und Bewegungsforschung, Cultural Studies und Diskursforschung.

julika.muecke@uni-tuebingen.de

 

Moritz Rinn ist Politikwissenschaftler in Hamburg. Arbeitsschwerpunkte sind Städtische Konflikte, Stadtentwicklungspolitik, Politiken des Sozialen und Sozialstaatlichkeit.

moritz_rinn@uni-due.de

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Übersicht Datenkorpus

Hamburger Abendblatt

Kennung

Datum

Titel

Autor_in

H1

12.7.13

Massenaggression: Jugendliche schildern ihre Sicht im Video

dpa und HA

H2

13.7.13

30 Jugendliche greifen Polizisten an – 150 Anwohner applaudieren

k.A.

H3

13.7.13

Erneute Krawallnacht mit brennenden Autos

André Zand-Vakili/
Dania Maria Hohn

H4

14.7.13

Randale in Altona: Nacht zum Sonntag bleibt relativ ruhig

nas

H5

20.7.13

Nach Krawall-Nacht: Demo gegen Vorgehen der Polizei

dsa

H6

25.7.13

520 Straftaten am Brennpunkt Holstenstraße in sechs Monaten

nsa

H7

26.8.13

Polizei warnt vor neuen Krawallen in Altona

Oliver Schirg/
André Zand-Vakili

BILD

Kennung

Datum

Titel

Autor_in

B1

12.7.13

Wütender Mob geht auf Hamburger Polizisten los

k.A.

B2

14.7,13

Drei Nächte Randale in Hamburg- Altona

k.A.

B3

15.7.13

Runder Tisch soll Randale in Altona beenden

k.A.

Hamburger Morgenpost (MoPo)

Kennung

Datum

Titel

Autor_in

M1

12.7.13

Gewalt in Altona: Massenkrawalle nach Polizeieinsatz

k.A.

M2

13.7.13

Erneute Krawalle und brennende Autos in Altona

Anastasia Iksanov

M3

15.7.13

Woher kommt dieser Hass?

Anastasia Iksanov/ Marius Röhler

die tageszeitung (taz)

Kennung

Datum

Titel

Autor_in

t1

12.7.13

Anwohner beklagen Polizeigewalt. Tumulte in Altona

Kai von Appen/
Lena Kaiser

t2

14.7.13

Eskalation in Hamburg-Altona. „Sind wir gefährlich?“

Lena Kaiser/
Kristiana Ludwig

t3

15.7.13

Lösungen in Altona. Eltern suchen Gespräch

Lena Kaiser

t4

16.7.13

Anwohner Hüsein Göktas über Altonaer Unruhe. „Das Problem kennen wir“

Lena Kaiser/
Kristiana Ludwig

t5

19.7.13

Konflikt in Hamburg-Altona: Migranten präventiv durchsucht

Lena Kaiser/
Kristiana Ludwig

Die Welt

Kennung

Datum

Titel

Autor_in

W1

12.7.13

Polizisten liefern sich Kampf mit Menschenmenge

dpa/fröh

W2

15.7.13

Wieder schwere Krawalle in Altona

André Zand-Vakili

Sonstige Dokumente

Kennung

Datum

Titel

Medium, Autor_in

S1

11.7.13

Polizeieinsatz in Altona Altstadt: Pfeffer, Knüppel gegen Jugendliche?

Utopie TV, k.A.

S2

12.7.13

POL-HH: 130712-3: Widerstand und Landfriedensbruch in Hamburg-Altona

Polizei Hamburg, Pressestelle

S3

12.7.13

DPolG verurteilt exzessive „Altona-Randale“ gegen unsere Kolleginnen und Kollegen auf das Schärfste! – Polizisten kein Freiwild für frustrierte, gelangweilte und aggressionsgeladene Jugendliche

Landesvorstand der Deutschen
Polizeigewerkschaft, k.A.

S4

15.7.13

Altona-Altstadt: Offene Erklärung der AnwohnerInnen

AnwohnerInnen-Versammlung Altona-Altstadt

S5

17.7.13

Aufruf zur Solidarität mit Jugendlichen of Color – Schluss mit rassistischer Polizeigewalt in Hamburg-Altona, Berlin und bundesweit!

Kampagne für Opfer rassistischer
Polizeigewalt (KOP) und Migrationsrat Berlin & Brandenburg e.V., k.A.

S6

2.9.13

Die üblichen Verdächtigen

Der Spiegel 36/2013, 44-45,
Özlem Gezer/ Maximilian Popp

S7

25.7.13

Kontrollgang im Stolperviertel

Jungle World 30/2013,
Andreas Blechschmidt