Urbane riots in der öffentlichen Wahrnehmung. Die riots in England 2011 und die griechischen Dezemberproteste 2008 im Vergleich

Marilena Simiti

1. Einleitung

Riots sind politische Ereignisse.[1] Sie rütteln an den Grundfesten der institutionellen Ordnung. Sie verletzen öffentlich bestehende gesellschaftliche Normen und definieren sie neu. Sie bringen die tieferliegenden Konflikte des ritualisierten gesellschaftlichen Lebens zum Vorschein, indem sie sich dem Anschein von Geschlossenheit widersetzen. Während der riots erscheinen neue, zuvor ausgeschlossene Subjekte durch die Aneignung des öffentlichen Raums auf der politischen Bühne. Riots erobern gewaltsam die politische Szene und rufen starke Reaktionen (Repression, Zugeständnisse oder beides) von Seiten der politischen Institutionen hervor. Warum entzünden sich bis heute heftige öffentliche Debatten an der Frage, ob es sich dabei um sinnvollen Protest oder um sinnlose Gewalt handelt? Welche Faktoren bestimmen die Wahrnehmung von riots entweder als politischen Protest oder ungezielten Aufruhr? Die Forschung sucht die Ursachen für die unterschiedlichen Lesarten urbaner riots vor allem im größeren soziopolitischen Zusammenhang, offiziellem und medialem framing, bei den Zuschreibungen der beteiligten Individuen (etwa aufgrund ihrer politischen Prädisposition) sowie bei soziopsychologischen Faktoren (Smith 2013, Snow/Vliegenthart/Corrigall-Brown 2007, Campbell et al. 2004, Jeffries/Turner/Morris 1971, Buys/Bebeau 1971). Zwar ist die Deutung der riots durchaus von diesen Faktoren abhängig, dieser Aufsatz geht jedoch einer anderen Frage nach: Wie hängen die öffentliche Wahrnehmung von riots mit ihren jeweiligen Eigenarten zusammen? Wie andere Formen kollektiver Handlungen beeinflussen riots die öffentliche Meinung durch die ihnen innewohnenden kommunikativen Aspekte.[2] Wie zahlreiche empirische Fälle zeigen, können riots zudem sowohl ähnliche Attribute als auch Unterscheidungsmerkmale aufweisen. Dieser Aufsatz untersucht daher, ob es bestimmte Attribute von riots gibt, die ihre jeweilige Lesart als politischen Protest beziehungsweise ungerichteten Aufruhr begünstigen. Dementsprechend werden die riots selbst in der Analyse als unabhängige, die öffentliche Meinung als abhängige Variable betrachtet. Der Zusammenhang zwischen den Attributen der riots und ihrer jeweiligen öffentlichen Lesart soll an zwei ausgewählten Fallbeispielen untersucht werden: den englischen riots von 2011 und den Dezemberprotesten in Griechenland 2008. Die beiden Fälle bilden einen starken Gegensatz, da sie sich in der öffentlichen Wahrnehmung deutlich voneinander unterschieden. Während die riots in England überwiegend als ‚sinnlose Gewalt‘ abgelehnt wurden, zeigten Meinungsumfragen im Fall Griechenlands, dass die Ausschreitungen dort weitgehend als ‚soziale Revolte‘ anerkannt wurden – und das trotz der weitaus gravierenderen Missstände im Umfeld der Beteiligten im ersten Fall. Auf der Grundlage dieser beiden empirischen Beispiele ist die Hauptthese dieses Aufsatzes, dass 1) das Überwiegen ‚individualistischer‘ beziehungsweise ‚kollektivistischer‘ Aspekte und 2) die soziale und politische Identität der Akteure die öffentliche Wahrnehmung von riots beeinflussen können. Anhand der beiden Fälle wird deutlich, dass riots, die von der Öffentlichkeit als Akte individuellen Profitstrebens wahrgenommen werden, eher als Devianz oder Kriminalität abgelehnt werden. Im Gegensatz dazu ist die Öffentlichkeit in Fällen, in denen sie die Interessen Einzelner einem größeren Gesamtinteresse untergeordnet sieht, eher bereit, den riots einen politischen Anspruch zuzugestehen. Der niedrige oder marginale soziale Status der Beteiligten führt jedoch trotz der mit sozialer Marginalität einhergehenden akuten Missstände nicht dazu, dass die Öffentlichkeit den politischen Anspruch von riots anerkennt.

Zunächst sollen die den riots innewohnende Ambiguität dargelegt und die diskursiven Konflikte um ihre Bedeutung ausgeführt werden. Dann werden die beiden empirischen Fallstudien vorgestellt und ihre besonderen Merkmale herausgearbeitet. Im darauf folgenden Abschnitt werden die Muster der riots sowie die Identität der rioters in den beiden Fallstudien analysiert. Abschließend werden die Hauptthesen zusammengefasst und Fragestellungen für weiterführende Forschung präsentiert.

2. Diskursive Konflikte um riots

Urbane riots sind äußerst schwer zu dechiffrieren. Sie haben viele Eigenschaften mit dem von Turner beschriebenen Liminalzustand gemeinsam (Turner 1974). Wie das Phänomen der Liminalität in Turners Analyse stellen riots eine Stufe der Abspaltung sowie eine Phase intensiver Ambiguität dar. Die rioters widersetzen sich ihrem sozialen Status und stellen bestehende institutionelle Normen in Frage, indem sie ihre sozial konstruierten Verpflichtungen gegenüber Anderen aufkündigen. Somit weicht rioting von jenem strukturierten Handeln ab, das „einen Teil der sozialen Ordnung bildet“ und „kraft seiner Stellung im systemischen Ganzen bedeutsam ist“ (Haugaard 2015: 149). Riots bringen das organisierte und ritualisierte öffentliche Leben zum Erliegen und verkehren die institutionelle Ordnung. Damit führen urbane riots zu einem vorübergehenden Zwischenzustand, einem Bereich des „betwixt and between“ (Turner 1974: 73), in dem die Regeln und Normen des organisierten gesellschaftlichen Lebens außer Kraft gesetzt sind. Das fragmentarische und episodische Wesen kollektiven Handelns und das Fehlen vernehmlicher Forderungen steigert die Ambiguität von riots zusätzlich. Daher werden Ziel und Bedeutung der riots meist nachträglich aus der Analyse ihrer strukturellen Ursachen, den Rechtfertigungen der Beteiligten für ihr Handeln sowie der Mikrodynamik des riot-Prozesses abgeleitet. Infolgedessen stellt jeder Versuch, riots Struktur und Bedeutung zuzuweisen, ein höchst umstrittenes Unterfangen dar.

Urbane riots ziehen intensive diskursive Konflikte über ihre Ursachen und Bedeutung nach sich. Dabei geht es auch um die Frage, ob die riots als Akte des Protests anerkannt werden oder nicht. Die politische Auseinandersetzung um die Bedeutung von riots folgt meist zwei Konfliktrahmungen (Cavanagh/Dennis 2012, Budarick 2011, Lee 2007, Snow et. al. 2007, Campbell et. al. 2004, Turner 1969).

Im ersten werden riots als kollektive Reaktionen auf soziale Ungerechtigkeit und Entrechtung begriffen. In diesem Fall wird die Verantwortung meist dem Staat und dem breiteren sozioökonomischen Zusammenhang zugeschrieben. Die rioters werden als neu auftretende Subjekte wahrgenommen, die gegen die bestehenden Missstände protestieren und ihre Ansprüche geltend machen.

In der zweiten Rahmung gelten urbane riots als sinnlose Gewalt oder kriminelle Handlungen. Der Blick verlagert sich vom sozioökonomischen Kontext auf die Eigenschaften und Gewalthandlungen der Individuen, das Geschehen wird historisch wie sozial dekontextualisiert. In diesem Fall überwiegt die Rede von ‚Irrationalität‘, ‚individuellem Fehlverhalten‘ sowie der Notwendigkeit, ‚Recht und Gesetz‘ wiederherzustellen. Die Verantwortung wird vom größeren Zusammenhang zurück auf die rioters und ihre Gemeinschaften verschoben. Die rioters werden meist als unmoralische und kriminelle Individuen verurteilt, rioting als Form des politischen Protests delegitimiert. Welche Rahmung sich in der jeweiligen Auseinandersetzung schließlich durchsetzt, hängt sowohl vom größeren soziokulturellen und politischen Kontext als auch von medialen Diskursen ab (Polletta/Kai Ho 2009). Rahmungen, die mit den bestehenden Wertvorstellungen, Meinungen und Erfahrungen der Bevölkerung korrespondieren, können die öffentliche Meinung wirksamer formen (Gamson 1988, Snow/Benford 1988, Schemer et. al. 2012). Zwar hat die Forschung schon seit Längerem den Einfluss kontextueller und vermittelnder Faktoren (etwa die Berichterstattung in den Medien) auf die Interpretation von riots analysiert, jedoch fehlt bislang die Verbindung der Attribute von riots mit ihrer jeweiligen öffentlichen Wahrnehmung. So betont etwa Buenor Hadjor (1997: 16), dass das Bild, das in der Öffentlichkeit „zu einer bestimmten Zeit vorherrscht, wenig oder nichts mit den spezifischen Eigenarten des untersuchten Aufruhrs zu tun hat, sondern mehr mit dem allgemeinen Klima, in dem die Debatte stattfindet, mit der herrschenden politischen Stimmung“. Die Analysen von Marx und Murphy, in denen eine Reihe von Attributen im Verlauf von riots benannt wird, die die Auslegung von riots als politischen Prozess begünstigen, bilden da seltene Ausnahmen. Marx zufolge lassen folgende Faktoren die Definition als Protest zur Anwendung kommen: Die Unruhen entstanden aus einem länger bestehenden gesellschaftlichen Konflikt und aus einem konzentrierten Kontext heraus; es bestehen personelle Überschneidungen zwischen etablierten politischen Aktivist_innen und an den riots Beteiligten; es gibt Wortführende, die Forderungen stellen; die Angriffe sind zielgerichtet (Marx 1970: 27). In seiner vergleichenden Analyse zweier Fälle von Bürgerunruhen in Frankreich verweist Murphy auf den Zusammenhang zwischen den unterschiedlichen öffentlichen Bewertungen der beiden Konflikte und der Präsenz von „bekannten Aktionsformen […], Bezügen auf vergangene Fälle akzeptierten Protests und dem glaubwürdigen Anspruch, die Interessen der Allgemeinheit zu vertreten“ (Murphy 2011: 1002). Zur weiterführenden Analyse der „komplizierten Beziehung zwischen den Eigenschaften von Ereignissen und dem Erfolg bestimmter Rahmungen“ (Gamson 1992: 70) werden im folgenden Abschnitt zwei empirische Fälle vorgestellt. Dabei werden ihre jeweils unterschiedlichen Eigenschaften hervorgehoben und in Bezug zu ihrer Lesart gesetzt. Zunächst werden die riots in England 2011 analysiert, und anschließend die Dezemberproteste in Griechenland 2008.

3. Die riots in England 2011

Die riots in England ereigneten sich nach dem Ausbruch der weltweiten Finanzkrise, die von zunehmender sozialer Ungleichheit, Kürzungen bei Sozialleistungen und sozialer Infrastruktur sowie von massiven kollektiven Mobilisierungen begleitet war.[3] Am Samstag, dem 6. August 2011 fand vor der Polizeiwache in Tottenham eine friedliche Kundgebung gegen die tödlichen Schüsse auf Mark Duggan durch Beamte der Londoner Metropolitan Police statt. Etwa 200 Menschen beteiligten sich an der Demonstration und forderten die Aufklärung der Ereignisse, die zu Duggans Tod geführt hatten (Waddington 2012). Drei Stunden später brachen in Tottenham Unruhen aus. Einsatzkräfte der Polizei, die zur Auflösung der Versammlung anrückten, wurden heftig angegriffen (Home Office 2011). Am frühen Sonntagmorgen kam es in Wood Green und Tottenham Hale zu Ausschreitungen und Plünderungen. In den darauf folgenden Stunden griff die Gewalt auf verschiedene Orte in London über. Am dritten Tag der riots (Montag, 8. August) hatten die Ausschreitungen 22 der 32 Londoner Bezirke sowie weitere englische Städte (Bristol, Birmingham, Liverpool) erfasst und in London ihren Höhepunkt erreicht. Am folgenden Tag (Dienstag, 9. August) ließen die Ausschreitungen in London allmählich nach, während in Reading, Milton Keynes, Leeds, Leicester, Salford und Manchester zahlreiche neue ausbrachen. Die riots in Bristol, Liverpool und Birmingham hielten weiter an. Am Mittwoch (dem fünften Tag) kam es in Birmingham, Nottingham, Leicester und Merseyside zwar weiterhin zu Ausschreitungen, jedoch ging das Ausmaß insgesamt zurück. In den folgenden Tagen lösten sich die riots allmählich auf und es kam nur noch zu vereinzelten Vorfällen (Home Office 2011). Die Ausschreitungen in London hatten etwa fünf Tage gedauert, in anderen Städten weniger. Fünf Menschen starben. In den folgenden zwölf Monaten wurden mehr als 3.100 Personen aufgrund von Verstößen im Zusammenhang mit den riots verurteilt (Lamble 2013).

Die riots in England 2011 zeigen, wie in gesellschaftlichen Strukturen und im kollektivem Bewusstsein verfestigte soziale Missstände durch eine Kette von Ereignissen verstärkt werden und schließlich zum Ausbruch von riots führen können. Die tödlichen Schüsse auf Mark Duggan fielen in Tottenham, dem Ort, an dem 1985 nach dem Tod einer afro-karibischen Frau während eines Polizeieinsatzes die Broadwater-Farm-riots ausgebrochen waren (Stone 2012).

Nach den tödlichen Schüssen auf Mark Duggan veröffentlichte die Polizei einen Bericht, demzufolge Mark Duggan unter polizeilicher Überwachung gestanden hatte. In dem Bericht hieß es, die Polizei habe den Minivan, in dem Mark Duggan unterwegs gewesen sei, angehalten, worauf dieser das Feuer eröffnet und einen Polizisten verletzt habe. Tatsächlich töteten die Polizisten Mark Duggan bei einem Schusswechsel. Am folgenden Tag wurde Mark Duggan in Teilen der lokalen und nationalen Presse als Krimineller dargestellt. Seine Freund_innen, Angehörigen und die Mitglieder seiner community wollten nicht glauben, dass Mark Duggan den Schusswechsel eröffnet hatte und forderten von der Polizei Aufklärung über die genauen Hergänge der Schießerei. Da die Polizei auf diese Forderungen nicht einging, organisierten sie eine Protestveranstaltung vor der Polizeiwache. Ein Teilnehmer, der sich noch an die riots von 1985 erinnern konnte, erklärte, die schwarze community wolle gegenüber der Polizei deutlich machen, dass die ungerechte und schlechte Behandlung von Schwarzen ein Ende haben müsse (Briggs 2012). Die vor der Polizeiwache versammelten Demonstrierenden forderten ein Treffen mit einem hochrangigen Polizeivertreter, der ihnen Auskunft über die Vorgänge erteilen sollte. Stattdessen wurde ein örtlicher Hauptkommissar entsandt, der keine weiteren Informationen über die Schießerei preisgab. Es waren wohl Gerüchte über Polizeigewalt gegen ein sechzehnjähriges Mädchen, die schließlich zum Ausbruch der riots führten (Waddington 2012).

Die englischen riots von 2011 entfachten eine hitzige Debatte über ihr Wesen, ihr Verhältnis zu früheren Ausschreitungen sowie über die Lektionen, die aus diesem jüngsten Ereignis großflächiger Unruhen zu ziehen wären. Politik und Medien verbreiteten einen stark moralisierenden Diskurs, in dem die rioters als bloße Kriminelle oder als verrohte Unterschicht dargestellt (Grover 2011) und die riots mit dysfunktionalen Familien, alleinerziehenden Müttern, dem Einfluss von Gangs sowie mit Habgier und sittlichem Verfall in Verbindung gebracht wurden (Briggs 2015). Es folgten rigorose Strafmaßnahmen. Die Polizei „führte eine Reihe scharfer frühmorgendlicher Razzien durch“, Polizei und Medien animierten die Bevölkerung dazu, mutmaßliche rioters anzuzeigen, und „Mieter von Sozialwohnungen, die wegen Verstößen im Zusammenhang mit den Ausschreitungen verurteilt wurden, erhielten Räumungsbescheide von der Gemeinde“ (Lamble 2013: 579f). Diese repressive Reaktion des Staates war möglich, weil die riots ausschließlich auf unpolitische Motive (etwa Kriminalität und Habgier) zurückgeführt und die Strafmaßnahmen auf soziale Gruppen (arme Wohngegenden, schwarze communities, Alleinerziehende) angewandt wurden, die im öffentlichen Diskurs bereits stigmatisiert waren (Lamble 2013). Somit bereiteten die riots in England „die politische Arena vor, in der die soziale Spaltung unter Zuhilfenahme bestehender Vorurteile gegenüber bestimmten Gruppen weiter vorangetrieben werden konnte“ (Briggs 2015: 81).

In der offiziellen Darstellung wurden die August-riots als „Welle von Unruhen, die sich durch das Land wälzte“ (Cavanagh/Dennis 2012: 376), die rioters als homogene Gruppe präsentiert. Dabei sind riots dieses Ausmaßes schon aufgrund der Vielzahl der an ihnen beteiligten Akteur_innen sowie ihrer wechselhaften Dynamik extrem schwer zu dechiffrieren. So kann ein Angriff auf die Polizei einmal Ausdruck der Wut gegen die Institutionen einer rassistischen Gesellschaft sein, beim nächsten Mal ein Akt des Widerstands gegen staatliche Kontrolle. In beiden Fällen jedoch spielt Hass auf die Polizei sowie Rache für erlittene Polizeigewalt eine Rolle. So rief ein junger Mann in Hackney den Einsatzkräften der Polizei zu: „Ihr wisst doch selbst, dass ihr alle Rassisten seid! Ihr wisst es!“ (Landon/Somaiya 2011) In London hingegen beschrieb ein 21-jähriger rioter den Machtkampf zwischen den rioters und der Polizei: „Wir hatten endlich mal die Überhand […]. Wir liefen nicht vor der Polizei davon. Diesmal waren sie die Kriminellen.“ (Cavanagh/Dennis 2012:380). Colin Sumner zufolge hatten die August-riots „eine zeitliche Dimension, verschiedene Phasen in den verschiedenen Nächten, das heißt, die anfänglichen Ursachen der Proteste waren nicht zwingend die Ursachen der zweiten Phase der Plünderungen.“[4]

Auch wenn ein wichtiges Charakteristikum urbaner riots ihre Fragmentiertheit ist, sind riots doch alles andere als willkürlich. Sie entstehen durch die Interaktion verschiedener Akteure. Zudem bestehen Elemente von Organisierung und Koordinierung. Die an den August-riots Beteiligten benutzten flächendeckend den Blackberry Messenger (BBM), um sich gegenseitig über Aktionen auf dem Laufenden zu halten, um Andere zu geplanten Ausschreitungen oder Plünderungen herbeizurufen oder um über den Verkauf gestohlener Güter zu informieren (Jefferson 2015). Jedoch fanden Organisierung und Koordinierung hier vor allem auf kurzzeitiger Ebene statt.

Die Forschungsliteratur über urbane riots ist sich grundsätzlich darüber einig, dass riots trotz ihrer jeweils unterschiedlichen Kontexte eine Reihe gemeinsamer struktureller Variablen aufweisen, darunter etwa Arbeitslosigkeit, Armut, ungerechte Einkommensverteilung, Marginalisierung, Demoralisierung, Spannungen zwischen Polizei und Bürgern, rassistische Diskriminierung etc. (Jefferson 2015, King 2013, Waddington/King 2009, Katz 2008). Dies lässt sich auch für die riots in England nachweisen. Daten der OECD zufolge lag die Einkommensungleichheit in Großbritannien in den letzten drei Jahrzehnten deutlich über dem OECD-Durchschnitt, die Ungleichheit bei der Verteilung der Vermögen war sogar noch höher (OECD 2015a,b). Die Finanzkrise verschärfte die Konzentration von Vermögen in den oberen Schichten der Gesellschaft noch weiter. Der Poverty Site (2011) zufolge zählt die Region London zu den Regionen mit den höchsten Einkommensunterschieden in Europa. Das gilt auch für einige Londoner Bezirke, in denen wohlhabende und benachteiligte Wohngegenden direkt nebeneinander liegen (Sutherland et. al. 2013). In Hinblick auf die riots stellte das Institute for Public Policy Research (IPPR) fest, dass in fast allen Gebieten, in denen es zu Ausschreitungen kam, die Arbeitslosenquote in der Gruppe der 16 bis 24-Jährigen über dem Landesdurchschnitt lag. In vielen dieser Gebiete stellte Jugendarbeitslosigkeit bereits vor der Rezession ein anhaltendes Problem dar (Ben-Galim/Gottfried 2011). Eine gemeinsame Studie von Guardian und LSE ergab, dass 59 Prozent der rioters im erwerbsfähigen Alter, die sich nicht in einer Ausbildung befanden, arbeitslos waren (Lewis et al. 2011). Ähnliche Muster zeigten sich im Bereich Bildung (Allen et al. 2011). Bei einem Großteil (zwei Drittel) derer, die sich wegen der Ausschreitungen vor Gericht verantworten mussten, bestand irgendeine Form von schulischem Förderbedarf. Damit liegt die Quote bedeutend über dem Landesdurchschnitt (21 Prozent). Hinzu kommt, dass im Schuljahr 2009/2010 mehr als ein Drittel der Betroffenen zeitweise vom Schulbesuch ausgeschlossen waren, einer von zehn war sogar endgültig der Schule verwiesen worden (Hedge/MacKenzie 2015).

Eine der Haupterkenntnisse der Guardian/LSE-Studie bestand darin, dass die an den Ausschreitungen Beteiligten im ganzen Land ‚Überwachung‘ und ‚Armut‘ als die beiden wichtigsten Ursachen für die riots angegeben hatten (Lewis et al. 2011). Neben Geld-, Arbeitsplatz- und Chancenmangel, neben Polizeigewalt und Schikanen[5] nannten die für die Untersuchung Befragten eine Vielzahl weiterer Motive, etwa die Erhöhung der Studiengebühren, die Streichung der Ausbildungsförderung (Education Maintenance Allowance (EMA)), die Schließung von Jugendeinrichtungen sowie allgemein die Art, wie sie von der Gesellschaft behandelt werden. Die Aussagen der rioters lassen darauf schließen, dass neben langfristigen strukturellen Faktoren auch kurzfristige politische Entscheidungen die Wahrscheinlichkeit von riots beeinflussen, da diese bestimmen, in welche Richtung sich eine Gesellschaft entwickelt. So sahen sich im Fall der August-riots viele junge Menschen aufgrund politischer Entscheidungen (wie etwa der Kürzungspolitik der Regierungskoalition) mit der Aussicht auf eine hoffnungslose Zukunft konfrontiert, in der sich ihre Marginalisierung noch weiter verschärfen würde (Allen et al. 2011). Bei den englischen riots war die Marginalisierung mit dem Gefühl der Hoffnungslosigkeit, aber auch der ungerechten Behandlung, Entwürdigung und Wut verbunden (Ray 2014). Diese Gefühle wurden durch die Allgegenwärtigkeit sozialer Stereotype verstärkt, die die ökonomisch Unterprivilegierten als ‚wertlos‘ und ‚unwürdig‘ darstellten, sowie von offenkundigen Skandalen. So verwiesen junge Menschen häufig auf die Spesen der Abgeordneten und die Boni der Banker (Grover 2011, Tyler 2013).[6]

Ein heftig umstrittener Aspekt der August-riots war das Ausmaß der Plünderungen. Im öffentlichen Diskurs galten die ausufernden Plünderungen sowie die Vorstrafen einiger rioters als deutliche Belege dafür, dass es sich bei den riots um nichts weiter als kriminelle Akte handelte. Selbst Kommentatoren, die sich dieser Lesart nicht anschließen wollten, betonten die Unterschiede der August-riots zu vorangegangenen riot-Wellen, die vor allem als Kämpfe gegen Ungerechtigkeit und Rassismus galten (Wallace 2012). Die August-riots hingegen bezeichneten sie als „Shopping mit Gewalt“ und „riots gestörter und ausgeschlossener Konsumenten“ (Žižek 2011). Dieser Lesart zufolge ging es den rioters, die Geschäfte und Einkaufszentren ins Visier nahmen, nur um die Verbesserung ihres sozialen und materiellen Status. Individuation und Konsumismus wurden als Hauptantriebe der rioters identifiziert. Die Plünderer jedoch nannten andere Gründe für ihr Handeln, sie folgten anderen Handlungsmustern und anderen moralischen Codes (Briggs 2012, Jefferey/Jackson 2012). Zwar bekannten sich einige Plünderer eindeutig zu ihren finanziellen Motiven, andere jedoch brachten ihre Wut über die bestehende Ungerechtigkeit und die politischen Institutionen zum Ausdruck (Newburn 2011). So rechtfertigte Jamie ihr Plündern folgendermaßen: „Im Grunde genommen stiehlt die Regierung doch auch immer, warum dürfen wir sie dann nicht bestehlen? Es ist nur gerecht […]. In dieser Gesellschaft gibt es kein ‚Wir‘“ (Briggs 2012).

Die Frage, ob derartige Rechtfertigungen einer echten moralischen Empörung über soziale Ungerechtigkeit entspringen oder ob es sich lediglich um eine nachträgliche Rationalisierung des eigenen Tuns handelt, wurde in öffentlichen Debatten über riots oft gestellt. Dabei gibt es selten eine eindeutige Antwort. Useem betont, dass die „menschliche Komplexität nicht zu Hause bleibt, wenn die Menschen auf die Straßen strömen“ (Useem 1998: 232). Diese Komplexität trat auch in den englischen riots zutage. Ein Befragter in der Guardian/LSE-Studie gab zu Protokoll: „Beim riot war ich wütend. Beim Plündern, da war ich aufgeregt“ (King 2013: 33). Großflächige riots, stellt King in Hinblick auf die riots 2011 in Birmingham fest, können durchaus ein „Wechselspiel von Protest und Opportunismus“ beinhalten (King 2013: 42). Die Darstellung von Regierung und Medien konzentrierte sich jedoch ausschließlich auf die Plünderungen. Die Aussagen der rioters über ihre alltäglichen Erfahrungen mit ungerechten Machtverhältnissen wurden entweder ignoriert oder diskreditiert (Nunes 2013).

Die August-riots brachten, ebenso wie andere großflächige riots, das Bestehen eines schwerwiegenden demokratischen Defizits auf nationaler wie kommunaler Ebene zum Vorschein. Die an den riots beteiligten jungen Menschen waren von den politischen Institutionen wie von ihren communities ausgeschlossen. Sie brachten ihren Ärger über die Politiker zum Ausdruck und lehnten formale politische Beteiligung als wirkungslos ab (Haleem/de Silva 2012). Lewis zufolge gaben nur 51 Prozent der für die Guardian/LSE-Studie befragten rioters an, sich als Teil der britischen Gesellschaft zu fühlen (Trott 2013). Das bestehende demokratische Defizit zeigt sich im Fall der August-riots von 2011 besonders deutlich in dem krassen Gegensatz zwischen den Verlautbarungen offizieller Stellen und den Aussagen der rioters: Im offiziellen Diskurs stellten die riots eine von unten ausgehende Bedrohung dar, während sie nach Ansicht der rioters die Reaktion auf eine von oben (das heißt von den staatlichen Autoritäten) ausgehende Bedrohung waren. Das Bestehen eines demokratischen Defizits lässt sich auch in dem großen Bruch in Griechenland im Dezember 2008 erkennen. Allerdings wurde den Ereignissen hier – vor allem aufgrund der Unzufriedenheit der Bevölkerung mit der Politik, der Beteiligung nicht-radikaler Jugendlicher an den Protesten sowie der Präsenz von Gruppen, die klare Forderungen stellten – ein politischer Anspruch viel bereitwilliger zugestanden.

4. Die griechischen Dezemberproteste 2008

Die Debatte infolge der Dezemberunruhen beschäftigte sich vor allem mit den Ursachen der Unruhen und den Forderungen der Protestierenden. Dennoch wurden weder während noch nach den Ereignissen umfassende empirische Sozialforschung oder Befragungen durchgeführt. Dementsprechend kann sich ihre Analyse auf weniger empirische Belege stützen als die der englischen riots von 2011.

Als die Dezemberproteste 2008 in Griechenland ausbrachen, waren die gesellschaftlichen Auswirkungen der weltweiten Finanzkrise noch nicht in ihrem ganzen Ausmaß sichtbar. Da die Unruhen das Bestehen einer latenten Krise noch vor der endgültigen Manifestierung der Finanzkrise offenbarten, bezeichnete man sie auch als die „Krise vor ‚der Krise‘“ (Dalakoglou 2012: 24). Im Gegensatz zu den englischen riots von 2011 war den Unruhen von 2008 keine Abfolge von Ereignissen vorausgegangen, die schließlich zum Gewaltausbruch führte. Die Ausschreitungen begannen innerhalb weniger Stunden nach dem sie auslösenden Ereignis. Die großflächigen Unruhen dauerten beinahe drei Wochen an und an zahlreichen Orten im ganzen Land fanden Proteste statt. Plünderungen wurden am dritten Tag verzeichnet, hielten sich aber in Grenzen. Die folgende kurze Darstellung der zeitlichen Abfolge beschränkt sich auf die wichtigsten Mobilisierungen der ersten sechs Tage.

Am Samstag, dem 6. Dezember 2008 kam es im Athener Innenstadtbezirk Exarchia zu einer verbalen Auseinandersetzung zwischen zwei Polizisten einer Sondereinheit und einer Gruppe Jugendlicher. Nach dem Streit stellten die Polizisten ihren Streifenwagen in der Nähe ab und machten sich zu Fuß an die Verfolgung der Gruppe. In Exarchia trafen sie auf eine weitere Gruppe Jugendlicher. Nach einem kurzen Wortgefecht feuerte einer der Polizisten drei Mal in Richtung der Gruppe und tötete einen der Jugendlichen (Kanellopoulos 2012). Das Opfer, Alexis Grigoropoulos, war ein 15 Jahre alter Schüler.

Die Nachricht von den Schüssen verbreitete sich rasch (über Textnachrichten und im Internet) unter Einzelpersonen und in Gruppen und Netzwerken der antiautoritären und anarchistischen Szene (Vradis 2009). Innerhalb kurzer Zeit versammelten sich Protestierende in und um Exarchia. Kaum drei Stunden später wurden an den Hauptstraßen Barrikaden errichtet und im Stadtzentrum Demonstrationen abgehalten. Protestierende besetzten die in der Nähe von Exarchia gelegene Universität (Iakovidou et al. 2010). In der Nacht fanden Straßenkämpfe zwischen Protestierenden und der Polizei statt. Auch in der zweitgrößten Stadt Griechenlands Thessaloniki fanden Demonstrationen statt, die in gewaltsame Auseinandersetzungen zwischen Protestierenden und der Polizei ausuferten. Ähnliche gewaltsame Auseinandersetzungen wurden aus Patras, Alexandroupolis, Ioannina, Mytilini, Xanthi, Agrinio und Kreta gemeldet (Kanellopoulos 2012).

Am zweiten Tag der Unruhen (Sonntag, 7. Dezember) fand im Stadtzentrum Athens eine Kundgebung statt, die in Richtung des Polizeihauptquartiers zog. Von Beginn der Demonstration an warfen Demonstrierende Brandsätze auf die Einsatzkräfte der Polizei. Diese reagierten mit dem massiven Einsatz von Tränengas und die Menge zerstreute sich. Im Laufe des Tages kam es in ganz Athen zu gewaltsamen Zusammenstößen mit der Polizei (Eleftherotypia 2008).

In Thessaloniki zogen etwa 1.000 Demonstranten zu zwei Polizeiwachen und besetzten die Gebäude der Anwaltsvereinigung sowie der Schauspielschule. In zahlreichen griechischen Städten fanden Demonstrationen statt, in Patras und auf der Insel Korfu kam es zu Gewaltausbrüchen.

Am Montag erreichten die Mobilisierungen ihren Höhepunkt (Kotronaki/Seferiades 2012). An diesem Tag schlossen sich tausende Schüler_innen den Protesten an. Sie schwänzten den Unterricht und versammelten sich auf öffentlichen Plätzen. Viele von ihnen griffen Polizeiwachen an und gerieten mit der Polizei aneinander. Am Montagabend kam es in Athen im Anschluss an eine große Demonstration zu Gewaltausbrüchen. Banken, Autos, Geschäfte, Büros, Hotels, Bushaltestellen, Regierungsgebäude und Ampeln wurden angegriffen oder in Brand gesetzt. Aus etwa 20 Städten in Griechenland wurden Demonstrationen gemeldet. In vielen Städten (zum Beispiel in Xanthi, Patras, Iraklio) besetzten Studierende ihre Hochschulen. In Piräus, Korfu und Thessaloniki wurden Polizeiwachen angegriffen.

Am Dienstag, dem 9. Dezember hielten Schüler_innen und Studierende Demonstrationen im Stadtzentrum von Athen ab. Am selben Tag lieferten sich Demonstrierende im Anschluss an die Beerdigung von Alexis Grigoropoulos Gefechte mit der Polizei. In Patras und Larisa griffen rechtsextreme Gruppen die Protestierenden an und veranstalteten Gegen-riots (Koel 2008).

Am Mittwoch marschierten mehrere tausend Menschen durch Athen und brachten ihren Ärger über die Regierung zum Ausdruck. Auch in anderen Städten des Landes wurden weiterhin Demonstrationen abgehalten, etwa in Thessaloniki und Patras (Johnston/Seferiades, 2012).

Am Donnerstag, dem 11. Dezember belagerten Schüler_innen mehr als 20 Polizeiwachen in Athen (Vradis 2009). Die Protestierenden begannen auch, sich lokal zu vernetzen und Nachbarschaftsversammlungen abzuhalten. In den folgenden Wochen beteiligten sie sich an vielfältigen Aktionsformen, etwa an Sit-ins, Straßenschlachten, Nachbarschaftsversammlungen, Streiks, Hausbesetzungen, kurz- oder langfristigen Besetzungen öffentlicher und privater Gebäude (etwa eines Radiosenders, des allgemeinen griechischen Arbeiterbundes, Rathäuser, eines Instituts für Meinungsumfragen) (Sotiris 2010, Charitatou-Synodinou 2010). Es kam weiterhin landesweit zu Demonstrationen sowie Schul- und Universitätsbesetzungen. Seit dem Beginn der Proteste hatten Sekundarschüler_innen mehr als 800 Schulen besetzt (Douzinas 2010). Die Aktionen hielten bis Ende Dezember an.

Am Montag, dem 22. Dezember kam es zu einem Vorfall, der die Proteste erneut anfachte: Die Wanderarbeiterin und Gewerkschafterin Konstantina Kouneva wurde bei einem Säureattentat schwer verletzt. Zwei weitere Ereignisse gegen Ende der Mobilisierungen ließen die Wiederkehr eines Guerillakriegs in Griechenland befürchten: Unbekannte beschossen einen Bus der Bereitschaftspolizei, und ein weiterer Bereitschaftspolizist, der das Kultusministerium im Athener Stadtzentrum bewachte, wurde durch Schüsse schwer verletzt.

Die Unruhen von 2008 waren mehr als nur ein weiterer Fall großflächiger Ausschreitungen in Griechenland (Douzinas 2010, Sotiris 2010). Sie waren in vielerlei Hinsicht beispiellos. „Allein die Schnelligkeit, die Wucht, mit der grundverschiedene Einzelpersonen und Gruppen sich spontan vereinigten […] und konzertiert handelten“ war außergewöhnlich (Kalyvas 2010: 351). Auch die politische Geografie der Proteste war bemerkenswert. Bereits in der Vergangenheit war es in und um den innerstädtischen Bezirk Exarchia – einem Bezirk mit zahlreichen Kollektiven, Initiativen, alternativen Buchhandlungen und Freiräumen des anarchistischen und antiautoritären Spektrums – zu gewaltsamen Zusammenstößen von anarchistischen beziehungsweise antiautoritären Gruppen mit der Polizei gekommen. Die tödlichen Schüsse auf Alexis Grigoropoulos fielen im Zentrum von Exarchia. Daher war es nicht überraschend, dass anarchistische und antiautoritäre Aktivist_innen sofort die bestehenden Netzwerke aktivierten und unmittelbar auf das Geschehene reagierten. Das Besondere an den Dezemberunruhen war jedoch, dass sich an diese ursprünglichen Mobilisierungen massive Proteste verschiedener Akteure anschlossen, so dass sich die Mobilisierungen schließlich „über das gesamte Land erstreckten und Kundgebungen und Ausschreitungen über ganz Griechenland hinwegfegten“ (Kalyvas 2010: 352). Ein weiterer bemerkenswerter Aspekt war die Tatsache, dass verschiedene Aktionsformen – etwa gewaltsame Protestaktionen und traditionelle Massenkundgebungen – gleichzeitig durchgeführt wurden (Psimitis 2011). So fanden die riots parallel zu Mobilisierungen organisierter Gruppen wie Gewerkschaften, Studierendenvereinigungen und Elternvertretungen statt (Lountos 2012).

Die zunächst spontanen Mobilisierungen entwickelten sich nach und nach zu festen und längerfristigen Organisationsformen (Iakovidou et al. 2010). Am 14. Dezember wurde im Athener Stadtbezirk Nea Smyrni das Galaxy-Gebäude, ein leer stehendes ehemaliges Kulturzentrum, besetzt. Die Besetzer_innen wollten damit einen politischen Raum zur Unterstützung und Koordinierung der Mobilisierungen schaffen. Sie hielten Versammlungen ab, organisierten offene Diskussionen, richteten einen eigenen Blog ein, verteilten Informationsmaterial und schufen eine (kurzlebige) Allianz mit migrantischen Gruppen (Kampouri/Chatzopoulos 2009). In der anarchistischen/antiautoritären Linken waren kollektive Organisationsstrukturen und systemkritische Ansichten bereits überwiegend etabliert. Daneben konnten jedoch viele der anderen an den riots Beteiligten eigene Strukturen schaffen und Blogs, Stellungnahmen, Pamphlete oder Manifeste veröffentlichen. So verfasste etwa die Gruppe „Netzwerk Albanischer Migrant_innen“ ein Manifest mit dem Titel „Dies ist auch unsere Zeit“. Darin hieß es unter anderem: „für uns organisierte Migrant_innen ist dies der zweite französische November 2005“ (Kornetis 2010: 180). Die starke Präsenz organisierter Gruppen sowie die Etablierung neuer kollektiver Identitäten wurden so zu einem bedeutenden Merkmal der Dezember-riots.

Neu waren auch die Heterogenität der Akteure sowie ihre Bereitschaft, sich an gewaltsamen Auseinandersetzungen zu beteiligen. Ganz unterschiedliche Akteure traten auf den Plan und brachten ihren Ärger auf den Staat, die politische Klasse, die Parteienwirtschaft, auf die Polizei, die Mainstream-Medien, die Finanzeliten etc. zum Ausdruck. Unter dem Dach der systemkritischen Proteste kamen Studierende, Schüler_innen, Arbeitslose, prekär Beschäftigte, Linke, Anarchist_innen, Antiautoritäre, Migrant_innen der ersten und zweiten Generation, Roma-Jugendliche und eine Vielzahl weiterer Akteure (etwa Fußballhooligans) zusammen, die sich vereinzelt oder auch dauerhaft an den Aktionen beteiligten (Vradis 2009). Ökonomisch Marginalisierte protestierten an der Seite von Jugendlichen aus der Mittelschicht. Die Mobilisierungen von 2008 setzten sich weitgehend über die Klassenschranken hinweg. Der klassenübergreifende Aspekt der Proteste war bereits in dem auslösenden Ereignis angelegt: Das Opfer der tödlichen Schüsse war ein Schüler aus der Mittelschicht, der in keiner Weise in gewaltvolle politische Auseinandersetzung verwickelt war. Der Fall von Alexis Grigoropoulos machte deutlich, dass jede_r Jugendliche zum Opfer von Polizeigewalt werden kann. Sowohl die junge Generation als auch deren Eltern verstanden das Ereignis als direkte Verletzung ihrer persönlichen Grundrechte. Daher waren die Dezemberunruhen nicht ausschließlich das Produkt unterprivilegierter oder marginalisierter sozialer Gruppen (Papagiannides 2009). Darin unterschieden sie sich von anderen großen urbanen riots wie etwa denen in Frankreich 2005 oder in Los Angeles 1992. Ein weiteres bedeutendes Merkmal war die Beteiligung von Migrant_innen der zweiten Generation (Dalakoglou 2012). Die meisten Angehörigen dieser Gruppe sind junge Menschen, die in Griechenland geboren wurden, aber keine griechische Staatsbürgerschaft besitzen und daher besonders von Polizeischikanen und -gewalt bedroht sind (Bratsis 2010). Durch ihre aktive Teilnahme an den Protesten wurden sie zum ersten Mal für die Öffentlichkeit als „de facto, aber nicht de jure-Staatsbürger“ sichtbar (Kalyvas 2010: 358).

Die Dezemberunruhen kamen für die griechische Gesellschaft zwar überraschend, jedoch herrschte bereits im Vorfeld ein gesellschaftliches Klima der Resignation und des Zerfalls. Bei der Bevölkerung machte sich allmählich das Bewusstsein für die sich anbahnende Finanzkrise breit. Eingeschränkte Berufsaussichten für die jüngere Generation und niedrige Einstiegsgehälter (die in dem Begriff ‚700-Euro-Generation‘ Niederschlag fanden), zunehmende Prekarisierung am Arbeitsmarkt, eine abstiegsgefährdete Mittelschicht, hohe Privatverschuldung und schließlich die Aussicht auf tiefgreifende Sparmaßnahmen – all dies schuf ein Klima der Verunsicherung. Zu dieser Verunsicherung gesellte sich die Wut der Bevölkerung über Polizeiwillkür und deren jahrelange Straffreiheit. Seit den 1980er Jahren hatte es 18 ungeklärte Todesfällen (vor allem unter Migranten) gegeben, die der Polizei zugeschrieben wurden (Karamichas 2009). Die Wut der Bevölkerung richtete sich jedoch vor allem gegen die Politik. Vielen galten die Regierung und die politischen Parteien als korrupte Institutionen, die weder willens noch in der Lage waren, die Probleme, vor denen die griechische Gesellschaft stand, anzugehen (ebd.). In den Jahren 2007 und 2008 hatten zwei wichtige Ereignisse den Unmut auf die Regierung noch vergrößert. Im August und September 2007 starben mehr als 60 Menschen aufgrund des Unvermögens der Behörden, die Waldbrände im Süden Griechenlands zu bekämpfen (Memos 2010). Im folgenden Jahr kam der finanzielle und politische Skandal um das Kloster Vatopedi ans Licht, in den Regierungsbeamte und Priester verwickelt waren. Der Vorfall war nur der jüngste in einer Reihe politischer und finanzieller Skandale im politischen Leben Griechenlands.

Vor allem in der jüngeren Generation war das Gefühl der politischen Entfremdung weit verbreitet, zumal das etablierte Zweiparteiensystem das historische Resultat gesellschaftlicher Spaltungen war, die sich Jahrzehnte zuvor entwickelt hatten. Im Zuge der Wiederherstellung der Demokratie nach dem Ende der Militärjunta 1974 etablierte sich das neue Parteiensystem auf der Grundlage einer Rechts-Links-Spaltung. Diese Spaltung war Ausdruck der politischen und sozialen Zerwürfnisse in der griechischen Gesellschaft nach dem Ende des Bürgerkriegs 1949. Die jungen Menschen der Gegenwart fühlten sich ausgeschlossen von den politischen Institutionen, die auf den Interessen, Überzeugungen und Lebenserfahrungen der älteren Generationen beruhten. Obwohl sie den politischen Parteien fern standen, waren die Parteien in ihrem Leben dennoch allgegenwärtig und prägend. In ihrer schulischen und beruflichen Laufbahn sahen sie sich immer wieder mit einer weitverzweigten Parteienwirtschaft konfrontiert. Die griechische Gesellschaft deutete die Ablehnung der politischen Parteien durch die junge Generation als Zeichen für deren unpolitische Identität. Auch aus diesem Grund kamen die Dezemberunruhen, die die tiefe Kluft zwischen den Generationen sichtbar machten, für die griechische Gesellschaft überraschend.

Während der kollektiven Mobilisierungen bildete sich nach und nach ein „facettenreiches und komplexes Subjekt“ (Psimitis 2011:117). Dieses kollektive Subjekt war die junge Generation, der bei der Transformation der ursprünglichen gewaltsamen Auseinandersetzung zwischen anarchistischen/antiautoritären Gruppen und der Polizei zu lang anhaltenden landesweiten sozialen Unruhen eine wichtige Rolle zukam. Die Erfahrung der (subjektiven oder objektiven) Ausgrenzung war vielen jungen Menschen gemein, obwohl nicht alle von ihnen unterdrückten oder marginalisierten Gruppen angehörten. Sie schlossen sich zusammen, bestimmten gemeinsame Gegner (vor allem die Polizei) und entwickelten ein gemeinsames Selbstverständnis. So waren die kollektiven Mobilisierungen trotz der unterschiedlichen politischen und sozialen Identitäten der Protestierenden von Einigkeit getragen.

Die Dezemberunruhen waren nicht das Ergebnis einer organisierten sozialen Bewegung, die zur Durchsetzung ihrer Ziele strategisch kollektive Störaktionen einsetzte. Sie waren auch kein repräsentativer Fall urbaner riots. Sie bildeten vielmehr den Raum, in dem organisierte Gruppen und Individuen zusammenfinden und Bündnisse schmieden konnten. Hier wurden Verbindungen zwischen den verschiedenen Akteuren geknüpft, die sich konfrontative Aktionsformen aneigneten; es entstanden neue kollektive Identitäten und informelle Institutionen, die über die folgenden Jahre bestehen blieben.[7]

5. Öffentliche Wahrnehmung und Muster der Ausschreitungen

Sowohl die englischen riots 2011 als auch die griechischen Dezemberproteste 2008 waren Manifestationen bestehender gesellschaftlicher Konflikte. Dennoch wurden die beiden Ereignisse in der Öffentlichkeit unterschiedlich gelesen. Im Anschluss an die englischen riots wurden verschiedene Meinungsumfragen zu den Ereignissen durchgeführt. Ein großer Teil der Befragten (61 Prozent) der Guardian/ICM-Umfrage (10./11. August) bekundete Vertrauen in die Polizei, während fast die Hälfte (45 Prozent) einen möglichen Grund für die riots in der Kriminalität der rioters sah (Glover 2011). In der Guardian/ICM-Umfrage (19.-21. August) befürwortete eine Mehrheit von 70 Prozent eine härtere Bestrafung der an den riots Beteiligten – und das trotz der bereits verhängten harten Strafen (Gabbatt 2011). In der R3-Meinungsumfrage zu den August-riots hingegen glaubten 47 Prozent der Befragten, Schulden und finanzieller Druck hätten zu den Ausschreitungen und Plünderungen beigetragen (in der Gruppe der 18-24Jährigen lag der Anteil bei 71 Prozent (R3 August Riots Poll 2011)). Die eDigital Umfrage „England Riots Survey – August 2011“ ergab unter anderem, dass eine überwältigende Mehrheit (94%) es befürworteten würde, wenn wegen Bagatelldelikten wie Diebstahl oder Vandalismus Verurteilte gemeinnützige Arbeit als Teil ihrer Strafe verrichteten (eDigital Research 2011). Diese Erkenntnis wurde durch die Untersuchung von Roberts und Hough gestützt, die der Bevölkerung ein „hohes Maß an Aufgeschlossenheit für Alternativen zu Haftstrafen“ (Roberts/Hough 2013: 254) attestierte. Auch bestätigte die Untersuchung den Glauben der Bevölkerung an härtere Strafen für Verstöße, die im Zusammenhang mit riots begangen wurden. In Griechenland führte das Meinungsforschungsinstitut Public Issue zwei Umfragen durch: die erste während der Unruhen (im Dezember 2008) und die zweite ein Jahr darauf (im Dezember 2009). In der ersten Umfrage beurteilten 60 Prozent der Befragten die Ereignisse als ‚soziale Revolte‘. 36 Prozent waren gegenteiliger Meinung. Die Öffentlichkeit war der Meinung, die Unruhen seien ein Massenphänomen (60 zu 36 Prozent) und nicht aufgeheizt gewesen (47 Prozent). Zerstörung und Vandalismus sei nur von ‚wenigen‘ bis ‚sehr wenigen‘ Beteiligten ausgegangen (42 bzw. 26 Prozent) (Public Issue 2008). Die zweite Umfrage ein Jahr später verzeichnete einen Meinungsumschwung. Nun war die Mehrheit der Befragten der Meinung, dass die Unruhen nur von einer Minderheit getragen wurden (51 zu 45 Prozent). Dennoch beurteilte eine knappe Mehrheit der Befragten die Ereignisse weiterhin als ‚soziale Revolte‘ (52 Prozent), die nicht aufgeheizt war (51 Prozent) (Public Issue 2009).

Aus den Umfragen geht hervor, dass die britische Bevölkerung die riots als Ausdruck unpolitischen und abweichenden Verhaltens verstand, in Griechenland hingegen eine Mehrheit den riots einen politischen Anspruch zugestand. Diese unterschiedlichen Lesarten hängen eindeutig mit den unterschiedlichen Reaktionen von Regierung und Medien in beiden Fällen zusammen. Während in Großbritannien die rioters dämonisiert und die riots schlicht als kriminell abgetan wurden, reagierte die Regierung in Griechenland zurückhaltender, und bei den Medien reichte die Reaktion von Verwirrung über Bestürzung bis hin zu Sympathie (Kovras/Andronikidou 2012). Zusätzliche Faktoren begünstigten die Deutung der riots in Griechenland als soziale Revolte: die in der Gesellschaft insgesamt herrschende Unzufriedenheit, eine lange Tradition zweifelhafter politischer Methoden, ein steter Informationsfluss von Seiten der Protestierenden[8] und nicht zuletzt die Tatsache, dass niemand bei den riots zu Tode kam. Neben kontextuellen und vermittelnden Faktoren trugen auch die verschiedenen Verhaltens- und Bewegungsmuster sowie die sozialen und politischen Identitäten der Protagonisten zu den unterschiedlichen Lesarten der beiden riots bei.

5.1. „Kollektivistische‘ vs. ‚individualistische‘ riots

Bei den griechischen Dezemberunruhen waren Gruppen, die vernehmbare Forderungen stellten, stark präsent, wohingegen Plünderungen begrenzt blieben. Im Gegensatz dazu waren bei den englischen riots von 2011 organisierte Gruppen unterrepräsentiert, es kam jedoch zu massenhaften Plünderungen. Diese beiden Fälle können als exemplarisch für zwei unterschiedliche riot-Muster gelten: das ‚kollektivistische‘ und das ‚individualistische‘. Riots, die als Akte individuellen Profitstrebens (auch emotionalem, etwa im Sinne von Aufregung) wahrgenommen werden, werden eher als abweichendes Verhalten abgelehnt. In diesem Fall werden die riots als selbstsüchtige, instrumentelle Akte Einzelner aufgefasst, die die Interessen der Allgemeinheit missachten und verletzen. Umgekehrt ist die Öffentlichkeit, wenn sie individuelle Interessen einem größeren Gesamtinteresse untergeordnet sieht, eher bereit, die riots als politische Akte des Protests zu lesen, weil die Idee des ‚Politischen‘ den „Willen voraussetzt, private Interessen zugunsten ihrer öffentlichen Wiedereinsetzung als ‚gemeinsame‘ Interessen zu überwinden“ (Sandilands 1992: 85). So wird der riot in diesem Fall als von den selbstsüchtigen Interessen der Individuen losgelöster Protest gegen die drängenden Probleme der Allgemeinheit begriffen. Im Gegensatz dazu werden „abweichendes Verhalten und Kriminalität grundsätzlich vom Individuum her gedacht“ (Turner 1969: 816). Aus diesem Grund trägt das Auftreten von Plünderungen in hohem Maß dazu bei, dass die Öffentlichkeit riots als ‚individualistisch‘ liest. Obwohl Plünderungen sich durchaus zwischen bewusstem Profitstreben und dem gewalttätigen Ausdruck eines tieferliegenden Konflikts (etwa einem interethnischen Konflikt, Rassen- oder Klassenungerechtigkeit) bewegen können, werden sie meistens als Belege für die selbstsüchtigen und zynischen Motive der rioters gelesen (Dynes/Quaranteiil 1968).

Während der englischen riots von 2011 waren die einzelnen Episoden fragmentiert, Gruppenbezüge waren wenig präsent, und es kam in großem Maßstab zu Plünderungen. Diese Merkmale förderten die Einordnung der riots als „das Werk individueller Subjekte“ (Nunes 2013: 569). Selbst Kommentatoren aus der politischen Linken, die die riots als unpolitisch verstanden, verwiesen auf die tiefgreifenden individualisierenden Tendenzen in den gegenwärtigen Konsumgesellschaften. Bei den griechischen Dezemberunruhen hingegen beförderten die strukturierten, organisierten Aktionen, die deutliche Sichtbarkeit kollektiver Akteure sowie das Repertoire der Teilnehmenden (etwa öffentliche Versammlungen und Debatten) deren Einschätzung als ‚kollektivistisch‘. Entsprechend begriff die Öffentlichkeit die Ereignisse als soziale Revolte‘ und gestand ihr damit einen politischen Anspruch zu. In jedem riot sind immer sowohl ‚individualistische‘ als auch ‚kollektivistische‘ Elemente präsent. Selbst in Fällen mit koordinierter kollektiver Mobilisierung schießen sich meist Akteure an, die sich von der Situation persönliche Vorteile erhoffen (Martin et al. 2009). Jedoch können die jeweiligen Bestandteile in unterschiedlichem Maß überwiegen. Ein großflächiger riot kann durchaus verschiedene Formen politischen Protests enthalten. Wenn aber das vorherrschende Verhaltensmuster eines riot für dessen Einordnung als ‚individualistisch‘ spricht, dann werden die Protesthandlungen einfach ignoriert. Umgekehrt kann die Öffentlichkeit, wenn die Attribute eine ‚kollektivistische‘ Lesart befördern, über einzelne Akte individuellen Profitstrebens hinwegsehen.

Neben den vorherrschenden Verhaltensmustern der Beteiligten kann auch das räumliche Verhalten von riots ihre Lesart als ‚kollektivistisch‘ bzw. ‚individualistisch‘ beeinflussen. Während der griechischen Dezemberproteste von 2008 war „die Gewalt […] hochgradig symbolisch und oft begrenzt, in einem breiteren Repertoire anderer Aktionsformen, wie etwa dem Marsch auf Polizeistationen, Sit-ins, Generalstreiks, 800 Schulbesetzungen“ (Della Porta/Gbikpi 2012: 89). Im Gegensatz dazu waren die August-riots in England „dezentralisierte, zusammenhangslose und verstreute Unruhen, denen es vollkommen an Konzentrierung mangelte“ (Milington 2012). Die Protestelemente gingen unter, weil die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit auf isolierte ‚sensationelle‘ Akte der Gewalt gelenkt war. Diani (2012: 73) bemerkt dazu: „ […] unzusammenhängende gewalttätige und zerstörerische Ereignisse werden mit größerer Wahrscheinlichkeit als Beispiele für abweichendes Verhalten herausgehoben.“

5.2. Die soziale und politische Identität der Protagonisten

Die Beurteilung des politischen Anspruchs von riots hängt eng mit der Auffassung der Öffentlichkeit darüber zusammen, wer als politisches Subjekt zu gelten hat und wer nicht. Rioters beteiligen sich üblicherweise nicht an der offiziellen Politik oder an außerinstitutionellem Protest. Deshalb erscheinen sie plötzlich als neue, Ansprüche stellende Subjekte. Ihr Abstand zu den alltäglichen Funktionen des politischen Systems (zur offiziellen Politik oder anderweitigem politischem Engagement) erschwert ihre Einordnung in die bestehenden Kategorien des öffentlichen Lebens (etwa politisch/unpolitisch). Auch deshalb stellen urbane riots unsere Vorstellung vom Politischen, die sich an den organisierten und ritualisierten Abläufen des politischen Lebens orientiert, infrage.

Während der englischen riots von 2011 bekundeten die rioters deutlich ihre Distanz zu den politischen Institutionen; Beteiligung an der offiziellen Politik lehnten sie als bedeutungslos ab. Im Fall Griechenlands hingegen waren viele der Beteiligten zuvor in verschiedenen Formen politisch engagiert (etwa in Studentenvertretungen, Gewerkschaften, anarchistischen/antiautoritären Gruppierungen). Die an den beiden untersuchten Fällen Beteiligten unterschieden sich jedoch nicht nur in ihren politischen, sondern auch in ihren sozialen Identitäten. An den griechischen Dezemberprotesten 2008 beteiligten sich Jugendliche aus der Mittelschicht Seite an Seite mit Angehörigen ökonomisch und sozial marginalisierter Gruppen. Die soziale Diversität der Protestierenden förderte die Wahrnehmung als ‚soziale Revolte‘. Im Fall Englands hingegen stammten die rioters vorwiegend aus ökonomisch, sozial und symbolisch marginalisierten Gesellschaftsschichten. Ihre Probleme (etwa Arbeitslosigkeit, geringe Einkommen, Marginalisierung, Demoralisierung) waren schwerwiegender als die im Fall Griechenlands. Und doch war ihr niedriger sozialer Status ein Faktor, der eine Deutung ihrer Handlungen als Protest unterminierte. In der Darstellung von Regierung und Medien galt der niedrige soziale Status der Beteiligten als deutlicher Hinweis auf deren individuelle Unzulänglichkeit und moralische Verkommenheit. Die mediale Rhetorik von einer „mental gestörten Unterschicht“ „degenerierten Rowdies“ und „wilden Tieren“ reproduzierte aktiv die bestehenden Vorurteile gegenüber bereits stigmatisierten Gruppen.[9] Das Verhalten der Beteiligten während der riots wurde als Fortsetzung ihrer verkommenen und parasitären Lebensweise dargestellt. Im offiziellen Diskurs war es für die rioters also schlicht unmöglich, zu politischen Subjekten zu werden. Ähnlich gelagerte Debatten in Griechenland bezogen sich auf die aktive Beteiligung von Migrant_innen an den Unruhen (Kalyvas 2010).

Die beiden Fallstudien legen nahe, dass die Identität der Beteiligten für die öffentliche Wahrnehmung von riots von grundlegender Bedeutung ist. Dabei führen bestehende Missstände jedoch nicht automatisch zur öffentlichen Anerkennung von riots als politischem Protest. Das Befinden über den politischen Anspruch von riots ist offenbar eng mit der Auffassung der Öffentlichkeit darüber verknüpft, wer als politisches Subjekt zu gelten hat und wer nicht.

6. Schluss

Urbane riots ziehen intensive diskursive Konflikte um ihre Ursachen und Bedeutung nach sich. Dabei geht es vor allem um die Frage, ob sie als politischer Protest anerkannt werden oder nicht. In der politischen Auseinandersetzung lassen sich zwei gegensätzliche Rahmungen unterscheiden: In der ersten werden riots als kollektive Reaktionen auf soziale Ungerechtigkeit und Entrechtung gelesen, in der zweiten als individuelle Akte von Gewalt oder Kriminalität. In diesem Aufsatz wurden zwei empirische Fälle urbaner riots mit jeweils unterschiedlichen Lesarten vorgestellt. Im Fall der englischen riots sah die Öffentlichkeit in den Ereignissen eine Aufeinanderfolge von Akten individueller Devianz und Kriminalität. Damit galten die riots nicht als politischer Protest. Im Gegensatz dazu erkannte die Öffentlichkeit im Fall der griechischen Dezemberunruhen den politischen Anspruch der riots an. Die riots wurden als kollektive Reaktionen auf bestehende materielle oder symbolische Ausschlüsse verstanden. Die verschiedenen Rahmungen, die in diesen beiden Fällen jeweils überwogen, hängen sowohl von den Kontexten ab, in dem die riots ausbrachen, als auch von ihren je spezifischen Attributen. So waren bei den Dezemberunruhen jene Umstände gegeben, die Marx und Murphy in ihrer Untersuchung als für die Einordnung als Protest förderlich beschreiben: die Beteiligung politischer Aktivisten, überwiegend gezielte Angriffe, bekannte Aktionsformen – und auch wenn die rioters zwar nicht von sich behaupteten, das Interesse der Allgemeinheit zu vertreten, wandten sie sich doch an die gesamte Bevölkerung (etwa in zahlreichen öffentlichen Versammlungen und Debatten).

Die Untersuchung des Zusammenhangs von Erscheinungsform und öffentlicher Wahrnehmung von riots ergab zwei weitere die öffentliche Meinung beeinflussende Faktoren: 1) die Verhaltens- und Bewegungsmuster der riots und 2) die politischen und sozialen Identitäten der Beteiligten. Wie die beiden Fälle zeigen, werden riots, deren Verhaltens- und Bewegungsmuster auf persönliches Gewinnstreben schließen lassen, eher als individuelles Fehlverhalten oder Kriminalität abgelehnt. Im Gegensatz dazu fördert strukturiertes, organisiertes und abgestimmtes Handeln während eines riot dessen Lesart als politischer Protest. Schließlich trugen im Fall der englischen riots der Abstand der rioters zur offiziellen Politik und zu politischer Beteiligung sowie ihr niedriger sozialer Status dazu bei, dass ihre Handlungen nicht als Protest anerkannt wurden. Ein niedriger oder marginaler Status der Beteiligten führt also nicht dazu, dass die Öffentlichkeit den politischen Anspruch eines riot anerkennt.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass riots keine homogenen Ereignisse sind. Ihre öffentliche Wahrnehmung wird nicht nur von externen Faktoren bestimmt; auch ihre je unterschiedlichen Erscheinungsformen korrespondieren mit den bei der Bevölkerung bestehenden Vorstellungen von ‚Devianz‘ oder ‚Protest‘. Diese Untersuchung war auf zwei Fallstudien beschränkt. In weiterführenden vergleichenden Analysen ließe sich noch weiter erkunden, wie die Wahrnehmung von riots von deren jeweiligen Attributen beeinflusst wird. Dies würde zu einem besseren Verständnis eines Zusammenhangs beitragen, der in der Literatur zu urbanen riots bislang wenig erforscht ist.

 

Übersetzung aus dem Englischen von Josefine Haubold.

Endnoten

Autor_innen

Marilena Simiti ist Soziologin (Politische Soziologie) und arbeitet zur Zivilgesellschaft und alternativen Modellen von Partizipation.

fiona1@hol.gr

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