Towards a Workers' Center. (Selbst-)Organisierungsversuche von EU-migrantischen Arbeiter*innen in München

Initiative Zivilcourage München

Wir sind eine kleine linke Gruppe, die gegen Ungerechtigkeiten kämpfen möchte und dabei, so hat es sich ergeben, vor allem mit migrantischen Arbeiter_innen zusammenarbeitet. Wir tragen den Namen „Initiative Zivilcourage“ und sind aus einer Freundschaftsgruppe entstanden. Wir sind vor allem linke Aktivist_innen, die in den 1980er-Jahren aus der Türkei nach Deutschland kamen, biodeutsche Studierende und Erwerbslose, die 2009/2010 Werkvertragsarbeiter_innen aus der Türkei in ihrem Kampf gegen ungezahlte Löhne und für ein Bleiberecht unterstützten (Riedner et al. 2009, Riedner/Zehmisch 2009). Seitdem sind immer wieder Leute dazugekommen und abgesprungen.

Seit 2010 öffnen wir ein- bis zweimal wöchentlich das sogenannte Workers‘ Center[1] im Münchner Bahnhofsviertel. Zwar hatte es auch in Frankfurt schon einen Versuch gegeben, ein Worker Center zu gründen, was eine allgemeinere Debatte zu Worker Centers angestoßen hat,[2] doch noch gibt es Worker Centers – unseres Wissens nach – vor allem in den USA. Martina Benz (2014) hat ein Buch über Worker Centers in den USA geschrieben, in dem sie unterschiedliche Entstehungskontexte und verschiedene Organisationsweisen vorstellt. Einige entstanden aus unabhängiger Organisierung migrantischer oder afroamerikanischer Arbeiter_innen, manche wurden von religiösen Gruppen initiiert, andere von Gewerkschaften und wieder andere von rechtlichen oder sozialen Beratungsstellen (2014: 14). Sie haben gemeinsam, dass sie einen Ort anbieten, an dem Arbeiter_innen zusammenkommen können. In der Zeitschrift wildcat wurden Worker Centers als „community-based“ beschrieben, „wobei diese Community über die Herkunft, territorial oder über eine bestimmte Arbeitssituation bestimmt sein kann, Überschneidungen inklusive“ (2006/2007: 22). Das ist vor allem in Verhältnissen, in denen Arbeitsplätze wenig Kontinuität bieten, von Vorteil. Manche Worker Center – wie das Pomona Day Labor Center (Calderon et al. 2003) – dienen auch als Treffpunkt für Arbeitssuchende und potenzielle Arbeitgeber_innen, die sich registrieren und dazu verpflichten, Mindeststandards wie zum Beispiel einen bestimmten Lohn einzuhalten. In den meisten Worker Centers stehen Auseinandersetzungen um vorenthaltene Löhne im Mittelpunkt. Daneben werden „Bildung, Schulung, Sprachtraining und Beratung“, aber auch „die Organisierung von politischen Kampagnen“ wie zum Beispiel die Verschärfungen der Einwanderungsgesetzgebung diskutiert (wildcat 2006/2007: 22).

Worker Centers können sich mit Organisierungsstrategien und Kampagnen sehr gut ergänzen, weil sie nicht „auf einen bestimmten Bereich des Arbeitsmarkts, bestimmte Gewerkschaften und das Engagement weniger AktivistInnen beschränkt sind“ (Benz 2014: 16). Worker Centers gelten insofern auch als Strategie, durch die „neue Impulse für eine revitalisierte Gewerkschaftsbewegung entstehen können“ (ebd.). Gleichzeitig weist Benz in ihrer Arbeit darauf hin, dass sie auf einem „schmalen Grat zwischen Informalisierung, Selbsthilfe und Organisierung“ (ebd.) agieren würden. So wurden sie als „mögliche Konkurrenz für Gewerkschaften“ (ebd.) kritisiert und dafür, dass sie „mit ihren auf Empowerment und Selbsthilfe ausgerichteten Angeboten zum Teil neoliberalen Arbeitsmarkt- und Sozialpolitiken in die Hände spielen“ (ebd.) könnten.

Towards a Workers’ Center in München

Als sich Anfang 2010 einige Aktivist_innen der Initiative Zivilcourage und türkischsprachige Arbeiter_innen aus Bulgarien bei einem Infostand zu den Arbeitsrechten von Migrant_innen im Münchner Bahnhofsviertel kennenlernten, war schnell klar, dass sie ein Worker Center für notwendig hielten. In den extrem fragmentierten und prekarisierten Lebens- und Arbeitsverhältnissen (Obdachlosigkeit oder prekäre Wohnverhältnisse, kein Job oder schnell wechselnde Jobs, keine oder schwer durchsetzbare Ansprüche auf soziale Leistungen) waren es nämlich weniger gemeinsame Wohn- oder Arbeitsorte, die eine Basis zur Organisierung bildeten, sondern vielmehr der gemeinsame Ort des selbstorganisierten Arbeitsmarkts, von den Medien auch ‚Tagelöhnermarkt’ genannt. Hier halten sich täglich migrantische – meist bulgarische – Arbeiter_innen auf und warten darauf, dass Arbeitgeber_innen vorbeikommen oder anrufen und ihnen einen Job – meist im Reinigungs-, Gastronomie- oder Baugewerbe – anbieten. Am selbstorganisierten Arbeitsmarkt, der sowohl als Jobbörse als auch als Informationsumschlagplatz und Treffpunkt dient, sind die Arbeiter_innen nicht nur der Witterung ausgesetzt, sondern auch regelmäßigen Polizeikontrollen. Es fehlte also ein Ort, um sich ungestört ausruhen, unterhalten oder auch um in einer größeren Gruppe diskutieren zu können.

Mit einigem Glück fanden wir noch am gleichen Tag einen Ort – eine Art Stadtteilzentrum des Theaterprojekts „Munich Central“ –, den wir über einige Jahre regelmäßig nutzen konnten, auch als er zum angesagten Szeneclub „Import Export“ wurde. Kurz bevor das Haus abgerissen werden sollte, woraufhin es einen Besetzungsversuch gab,[3] mussten wir uns neue Räume suchen und fanden diese bei einer NGO, die Sinti und Roma unterstützt. Inzwischen wurde, auch auf unser Betreiben hin, ein Aufenthaltsraum für die ‚Tagelöhner_innen’ geöffnet, das städtisch finanzierte „Infozentrum Migration und Arbeit“. Unsere Idee eines Workers‘ Centers wurde zwar aufgenommen, gleichzeitig aber entpolitisiert, insofern der Aufenthaltsraum nicht von den Nutzer_innen selbst organisiert wird und sie kein Mitspracherecht haben. Trotzdem nutzen auch wir diese Räumlichkeiten seit einigen Monaten für unser wöchentliches Workers‘ Center, auch mit der Absicht, die Arbeiter_innen bei ihrer Organisierung zu unterstützen, wenn es zu Konflikten mit den Träger_innen und Vorgesetzten vom „Infozentrum Migration und Arbeit“ kommt.

Auf dem schmalen Grat zwischen Einhegung und Widerstand, den wir in den Aushandlungen mit der Stadt München immer wieder gegangen sind, halten wir uns grundsätzlich daran, den Arbeiter_innen so oft wie möglich, und so oft diese es wollen, zu ermöglichen, für sich selbst einzutreten. Die städtischen Akteure würden sonst immer über ihre Köpfe hinweg über ihre Angelegenheiten entscheiden. Zum anderen kommunizieren wir, wenn wir es strategisch für sinnvoll halten, mit der Stadt und den Behörden, vermeiden dabei aber keine Konflikte, sondern treiben diese aktiv voran. In den ersten zwei Jahren konnten wir erfolgreich einige Tausend Euro bei der Stadt München beantragten, mit denen wir die Miete und andere Ausgaben begleichen konnten. Fast hätten wir sogar ein Worker Center nach unseren Vorstellungen mit 200.000 Euro Jahresbudget bezuschusst bekommen. Diese Finanzierung platzte aber. Seither finanzieren wir uns über Spenden, auch weil wir so unsere Unabhängigkeit von der Stadt sicherstellen wollen, mit der wir ja regelmäßig in Konflikt treten.

Im Zentrum des Münchner Workers‘ Center steht immer der Versuch einen kollektiven Raum zu schaffen, einen Raum zur gegenseitigen Unterstützung, der politisch, widerständig und unangepasst sein soll, nicht nur abstrakt sondern in konkret gelebter gegenseitiger Solidarität begründet. Ein Raum, der sich nicht anfühlt wie eine Beratungsstelle, auch wenn manches von dem, was konkret getan wird, auf den ersten Blick der Arbeit solcher Stellen gleicht.

Derzeit sieht der Alltag im Workers‘ Center folgendermaßen aus: Am Dienstag Vormittag kommt mindestens ein_e Aktivist_in die Räumlichkeiten und setzt sich mit Personen, die Unterstützung möchten, und anderen Anwesenden, an einem Tisch zusammen.[4] Im gleichen Raum halten sich meist noch weitere Menschen auf, die sich ausruhen, unterhalten oder Tee trinken. Mit denen, die Unterstützung suchen, gehen wir die Angelegenheiten nach und nach gemeinsam durch. Meist handelt es sich um Briefe, die wir den Arbeiter_innen – oft ins Türkische – übersetzen oder genauer erläutern. Die Grenzen zwischen ‚Unterstützer_innen’ und ‚Betroffenen’ verlaufen hierbei oft, insofern das Wissen aller Anwesenden miteinfließt und gegenseitige Unterstützung beim Übersetzen erfolgt. Die Briefe kommen von den unterschiedlichen Behörden: Jobcenter, Ausländerbehörde, Inkasso-Unternehmen, Krankenkassen, Krankenhäuser, Mobilfunkbetreiber, Schulen, Staatsanwaltschaft, Banken et cetera. Dann besprechen wir – wobei wir unsere Erfahrungen mit und unser Wissen über das bürokratische System einbringen –, ob und wie die Angeschriebenen auf diese Briefe reagieren möchten und unterstützen sie gegebenenfalls dabei, indem wir Antwortbriefe schreiben, Telefonate führen und uns manchmal auch für gemeinsame Besuche bei Ämtern oder Arbeitgeber_innen verabreden. Manche Personen erzählen von bestimmten Problemen und wir überlegen gemeinsam, wie wir diese lösen können. Immer wieder können wir konkret nicht viel tun. Zum Beispiel wenn eine Person obdachlos ist, keine Arbeit, keine Anmeldung und kein Geld hat. Dann können wir nur auf Arztpraxen für Menschen ohne Krankenversicherung und andere Stellen hinweisen. Doch allein der Erfahrungsaustausch und das Kennenlernen anderer Menschen in ähnlich prekären Situationen macht oft schon einen Unterschied für die Betroffenen.

Leider hat die Initiative Zivilcourage und linke Zusammenhänge in München allgemein nur sehr begrenzte Kapazitäten, um Menschen ein Dach über dem Kopf, Arbeit oder auch nur eine Meldeadresse anzubieten oder sich autonom zu organisieren, um solche Möglichkeiten und Ressourcen zu schaffen. Hier bewundern wir die Kämpfe in Köln,[5] wo es – unseren Informationen nach – mehr konkrete Schnittstellen zwischen Arbeits- und Lebenskontexten gibt. Dort wird gemeinsam gearbeitet, gewohnt, gefeiert. Aufgrund von Ressourcen- und Kapazitätenmangel unterstützen wir Menschen strategisch eher bei Konflikten mit den Behörden und dabei, Wohnraum und ein Existenzminimum vom Staat einzufordern. Trotzdem feiern wir auch immer wieder gemeinsam.[6]

Außerdem fordern wir vorenthaltene Löhne ein. Die Arbeitsverhältnisse der zu uns kommenden Personen sind sehr divers und keinesfalls auf die medialen Schreckensmeldungen über Stundenlöhne von zwei Euro, Arbeitsrechtslosigkeit und ständige Bedrohung zu vereinfachen. Es handelt sich meist um Jobs im Bau- und Reinigungsgewerbe für etwa acht bis zwölf Euro (brutto) die Stunde, die mit mehr oder weniger dokumentierten Arbeitsverträgen oder auch als (schein-)selbstständige Einpersonenunternehmen ausgeführt werden. Für Arbeiter_innen, die gegen Lohnbetrug vorgehen möchten, rufen wir erst die Arbeitgeber_innen an, legen die Situation und Forderungen dar und weisen darauf hin, dass wir zum Arbeitsgericht und auch zur Presse gehen könnten. Manchmal lenken die Arbeitgeber_innen dann schon ein. Wenn nicht, schicken wir eine schriftliche Geltendmachung, in der wir eine Zahlungsfrist setzen, und rufen in der folgenden Woche noch einmal an. In vielen Fällen sind wir so schon erfolgreich. Manchmal aber gehen wir auch vor Gericht und hin und wieder wenden wir uns auch an die Presse.

Vom individuellen zum kollektiven Problem

Wenn wir also an einem Tisch sitzen und gemeinsam versuchen, die individuellen Probleme zu lösen, kommt es immer wieder vor, dass aus einem individuellen Problem ein kollektives wird, in dem sich mehr als eine Person wiederfindet. Dann kommt es zu Diskussionen. Diese Diskussionen führen immer wieder zu Protesten und Kampagnen. Manche Kampagnen werden auch durch Aktivist_innen der Initiative Zivilcourage angestoßen. Ob eine politische Aktion zustande kommt oder nicht, hängt davon ab, ob beide Momente zusammenkommen.

So haben wir beispielsweise 2010 gegen die Abschiebung von Roma aus Frankreich mit einem Fahrradkorso zum Französischen Konsulat protestiert. Als Reaktion auf eine Zollrazzia, bei der die Kontrollierten mit einem grünen Armband markiert wurden (Apostolova 2013), haben wir gemeinsam mit kontrollierten und markierten Personen einen offenen Protestbrief an die Verantwortlichen beim Zoll geschrieben, der ein Medienecho hervorrief und dazu führte, dass die Fraktionen von Bündnis90/Die Grünen sowohl im Münchener Stadtrat und als auch im Bayerischen Landtag Anfragen stellten. Daraufhin mussten leitende Zollbeamt_innen ihr Vorgehen vor dem Fachaustausch Südliches Bahnhofsviertel und dem Münchner Ausländerbeirat erklären.

Als es im Jahr 2011 zu einer Welle von rassistischen Ausschreitungen gegen Rom_nija in Bulgarien kam, haben wir eine Demonstration und eine Informationsveranstaltung in München organisiert. Mit mehreren Pressemitteilungen, Protestschreiben und Infoständen haben wir immer wieder gegen die rassistischen Praktiken von Geschäftsleuten protestiert. Diese – gegen die sogenannten ‚Tagelöhner_innen’ gerichteten – rassistischen Umtriebe erreichten ihren Höhepunkt in einer Petition im August 2013. Der Rassismus wird deutlich, wenn darin „von stetig wachsenden Mengen von Arbeitern“ geschrieben wird, die das Viertel „belagern“, „blockieren“ und „vermüllen“ würden, die „spucken“, „urinieren“ und „belästigen“. Die Petition schlug medial hohe Wellen und der Münchener Stadtrat reagierte auf den „Aufschrei der Geschäftsleute“, indem er beschloss einen – von einigen Geschäftsleuten beauftragten – privaten Sicherheitsdienst am selbstorganisierten Arbeitsmarkt zu finanzieren. Wir protestierten mit mehreren Infoständen vor den Räumen der Theatergemeinde, deren Geschäftsleiter sich besonders aktiv gegen den selbstorganisierten Arbeitsmarkt engagiert hatte. Indem wir, wenn auch nur für einen Vormittag, gemeinsam mit den Arbeiter_innen den Platz einnahmen, von dem sie sonst vertrieben wurden, konnten wir ganz konkret in die lokalen Machtverhältnissen intervenieren. Unsere Aktionen stießen auch bei der Presse auf Interesse (siehe zum Beispiel Barrios 2016 und Rahmsdorf 2016).

Über die Jahre haben wir an mehreren Demonstrationen teilgenommen, die von größeren Zusammenhängen organisiert wurden, wie etwa an der 1. Mai Demonstration 2010, der Revolutionären 1. Mai Kundgebung und an der bundesweiten antirassistischen Demonstration zum Auftakt des NSU-Prozesses, bei der etwa 20 EU-migrantische Arbeiter_innen an der Spitze mitliefen und zur Stärke der Demonstration zentral beitrugen. In diesem Jahr haben wir mit „Wir wollen wohnen!“[7] eine unserer größten Kampagnen in einem größeren Bündnis gestartet, an dem verschiedene linke und linksradikale Gruppen teilnahmen.[8] Mit Protest auf der Straße, Anträgen im Stadtrat und Eilklagen haben wir das Recht auf ganztägige und ganzjährige Unterbringung aller unfreiwillig obdachlosen Personen in München gefordert. Wir nutzten dabei strategisch rechtliche Argumente, die die geltende Dienstanweisung des Münchner Wohnungsamtes (und generell den Ausschluss von obdachlosen Personen von Obdachlosenunterkünften) für rechtswidrig erklärten (Ruder 2015). Am 1. März 2016 – und damit auch im Rahmen des „transnational social strike“[9] – hat die Kampagne mit einer kleinen, aber kraftvollen Demonstration in der Münchner Innenstadt gestartet. Zwei Wochen später haben wir dem Münchner Oberbürgermeister einen unerwarteten Besuch abgestattet, um ihm die rechtliche Stellungnahme zu überreichen. Am 31. März, also der Tag an dem die Kälteschutzeinrichtung schließt, haben wir mit einer Kundgebung vor derselben protestiert. Daraufhin sind wir zum Wohnungsamt gezogen, um dort mit etwa zehn obdachlosen Personen ihre Unterbringung zu beantragen. Als diese, wie erwartet, abgewiesen wurden, haben wir mit einigen einen Eilantrag beim Amtsgericht gestellt. Die Kampagne hat einigen Staub aufgewirbelt, aber ob wir konkret mehr als kleine Änderungen erreicht haben, wird sich erst mit der Zeit zeigen.

Auf Herausforderungen treffen wir zum einen bei den Kapazitäten, aber auch in Hinsicht auf Macht- und Wissenshierarchien und dabei, Kontinuität in der gemeinsamen politischen Organisierung zu erreichen. Dies scheitert zum einen an mangelnden Kapazitäten von Seiten der nicht-migrantischen Aktivist_innen, zum anderen wird es durch die extrem prekären Lebenssituationen der migrantischen Arbeiter_innen, eine große Fluktuation und auch durch mangelnde Transparenz von Wissens- und Machtverhältnissen erschwert. Es braucht einfach sehr viel Zeit sowie gegenseitiges Vertrauen und Hartnäckigkeit, um sich über gemeinsame Utopien, politische Analysen, Forderungen und konkrete Durchsetzungsmöglichkeiten auszutauschen. Und gerade Zeit und Ruhe haben wir meist viel zu wenig, weil wir ständig im Feuerwehrmodus arbeiten. Trotzdem haben wir in den letzten sechs Jahren Erfahrungen, Freundschaften und gemeinsame Kampfeskraft entwickelt, was sich in den vielen starken Momenten der Kampagne „Wir Wollen wohnen“ ausgedrückt hat, die ohne den kontinuierlich geteilten Raum und die gemeinsam ausgetragenen Konflikte mit Arbeitgeber_innen und staatlichen Akteuren niemals möglich gewesen wären. Was in einem ‚richtigen’, festen Workers‘ Center möglich wäre, das von Arbeiter_innen und Aktivist_innen gemeinsam betrieben und selbst organisiert wäre, sodass sich die Grenzen zwischen den einen und den anderen tendenziell aufheben, in dem es genug Ressourcen gäbe, sodass Personen regelmäßig Zeit und Ruhe fänden, um sich über gemeinsame Analysen, Forderungen, Ziele und konkrete Umsetzungsmöglichkeiten austauschen und dies auch noch festhalten und umsetzen könnten, davon können wir derzeit nur träumen. Aber immerhin haben wir einen Traum.

Endnoten

Autor_innen

inizivi@gmx.de

Literatur

Apostolova, Raia (2013): Green wristbands. In: Lefteast. http://www.criticatac.ro/lefteast/green-wristbands/ (letzter Zugriff am 09.11.2016).

Barrios, Giuliana (2016): Aufstand der Armen: Obdachlose fordern Unterbringung. In: tz, 01.04.2016. http://www.tz.de/muenchen/stadt/schwabing-freimann-ort43408/aufstand-armen-obdachlose-fordern-unterbringung-6269582.html#idAnchComments (letzter Zugriff am 09.11.2016).

Benz, Martina (2014): Zwischen Migration und Arbeit: Worker Centers und die Organisierung prekär und informell Beschäftigter in den USA. Münster: Verlag Westfälisches Dampfboot.

Calderon, José / Foster, Suzanne / Rodriguez, Silvia (2003): Organizing immigrant workers: Action research and strategies in the Pomona Day Labor Center. Paper presented at the annual meeting of the American Sociological Association. Atlanta, GA.

Rahmsdorf, Inga (2016): Protestzug – Obdachlose Tagelöhner demonstrieren vor dem Rathaus. In: Süddeutsche Zeitung, 01.03.2016. http://www.sueddeutsche.de/muenchen/protestzug-obdachlose-tageloehner-demonstrieren-vor-dem-rathaus-1.2887586 (letzter Zugriff am 09.11.2016).

Riedner, Lisa / Weinzierl, Matthias / Zehmisch, Philipp (2009): Eiskalte Händchen. Eine eiskalte Hinterland-Comicbeilage. In: Hinterland, 12.

Riedner, Lisa / Zehmisch, Philipp (2009): Widerstand auf der Baustelle: Eine ethnographische Fallstudie zur Aushandlung transnationaler Realitäten der Werkvertragsarbeit in München und Istanbul. In: Ausstellungsgruppe, Crossing Munich (Hg.), Crossing Munich. Texte zur Migration aus Kunst, Wissenschaft und Aktivismus. München: Silke Schreiber Verlag.

Ruder, Karl-Heinz (2015): Grundsätze der polizei- und ordnungsrechtlichen Unterbringung von (unfreiwillig) obdachlosen Menschen unter besonderer Berücksichtigung obdachloser Unionsbürger. Berlin: Verlag der Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe.

Wildcat (2006/2007): Weltweite Workers Center? In: wildcat 2006/2007, 78. S. 21-22. http://www.wildcat-www.de/wildcat/78/w78_workers_center.htm (letzter Zugriff am 09.11.2016).