Die Abschöpfung des Planungsmehrwerts als Repolitisierung der Planung? Eine neue Perspektive auf die aktuelle Wohnungsfrage

Ilse Helbrecht, Francesca Weber-Newth

1. Einleitung

Die Wohnungspolitik ist (wieder) auf der politischen Agenda in Deutschland. Dynamisches Wirtschaftswachstum und Bevölkerungszuzug in Metropolen wie Berlin, Hamburg, München oder Köln führen zu angespannten Wohnungsmärkten. Rasant ansteigende Mieten, explodierende Bodenwerte und Kaufpreise sind die Folgen, bei gleichzeitig zu geringen Wohnungsneubauquoten. Dies hat gravierende negative Konsequenzen für die städtische Bevölkerung in Form von Wohnungsüberbelegungen, Verdrängung, zunehmender Segregation bis hin zu steigenden Armutsquoten aufgrund hoher finanzieller (Miet-)Belastungen. Zweifellos sind diese Entwicklungen nicht neu. Es handelt sich um wiederkehrende Probleme der Urbanisierung (Harvey 2013), die als Zyklen der Wohnungspolitik verstanden werden können. Die Anpassung städtischer Wohnungs- und Bodenmärkte im Rahmen zyklischer Investitionen und Desinvestitionen ist beispielhaft im Bereich der Gentrifizierung und Verdrängung untersucht worden und seit mehr als 50 Jahren ein gut dokumentierter Prozess (Helbrecht 1996, Smith 2002, Füller/Michel 2014, Ertelt et al. 2016, Helbrecht 2016, Holm/Schulz 2016). Im Kontext der neuen Wohnungskrise ziehen gleichzeitig stattfindende Dynamiken von Aufwertung, Verdrängung und Segregation gegenwärtig wieder vermehrt die öffentliche Aufmerksamkeit auf sich und rufen gesellschaftspolitische Diagnosen hervor, wonach Städte immer stärker zu Orten der Exklusion würden (Lees/Slater/Wyly 2008). Gerade seit der Finanzmarktkrise im Jahr 2008 sind Immobilien und städtischer Boden erneut Objekte globaler spekulativer Investitionen geworden[1]. Diese Dynamiken haben deutliche Gewinner und Verlierer auf den großstädtischen Wohnungsmärkten geschaffen.

Vor diesem Hintergrund werden stadtpolitische Fragen gleichzeitig zu drängenden sozialen Fragen: Wie kann bezahlbarer Wohnraum gefördert werden? Über welche Eingriffsmöglichkeiten verfügt der Staat? Und wem gehören die Gewinne der Bodenspekulation durch kapitalistische Profitmaximierung?

Auch die öffentliche Hand versucht vom aktuellen Immobilienboom zu profitieren. So partizipieren die Bundesländer bereits an den Wachstumsprofiten, indem sie die Grunderwerbssteuer von 3,5 Prozent bis ins Jahr 2011 auf nunmehr bis zu 6,5 Prozent in einigen Bundesländern angehoben haben. Auf kommunaler Ebene hat in jüngster Zeit ein anderes Instrument erneut Konjunktur erlangt: die Abschöpfung des Planungsgewinns durch die Beteiligung der Grundeigentümer_innen an den Folgekosten einer Grundstücksentwicklung, auch ‚Abschöpfung des Planungsmehrwerts‘ genannt. Dieses auch in Deutschland zunehmend beliebte stadtplanerische Instrument basiert auf folgendem Prinzip: Grundstückseigentümer_innen, Investor_innen und Entwickler_innen neuer Bauvorhaben müssen sich an der Bereitstellung öffentlicher Infrastrukturen beteiligen – beispielsweise am Bau von Kindertagesstätten, Schulen, Straßen oder Grünflächen. Darüber hinaus impliziert das stadtplanerische Instrument, dass aus dem Planungsmehrwert des nun als Bauland ausgewiesenen Areals ‚bezahlbarer‘ Wohnraum geschaffen werden muss.

Während private Investoren daran interessiert sind, lukrative Wohnbauprojekte in Metropolen zu verwirklichen, wird die öffentliche Hand so in die Lage versetzt, sowohl soziale (Kitas, Schulen etc.) und grüne Infrastrukturen (Parks) wie auch sozialen Wohnungsbau zu realisieren.

Vergegenwärtigt man, dass sich der Wert von Grund und Boden allein dadurch erhöht, indem der Staat Baurecht erteilt, wird deutlich, dass die Beteiligung der Grundeigentümer_innen an den Folgekosten eine zweifache Funktion hat: Zum einen verringert sie in erheblichem Maße die Ausgaben der öffentlichen Haushalte für soziale Infrastruktur und zum anderen wird so der Planungsmehrwert, also die finanzielle Gewinnmarge der Projektträger, mit der umliegenden Nachbarschaft geteilt. Dieses Planungsinstrument, die Abschöpfung des Planungsmehrwerts, steht im Fokus dieses Aufsatzes[2]. Wir diskutieren, inwieweit es als eine explizit politische oder post-politische Praxis der gegenwärtigen Planung gewertet werden kann.

Empirisch beziehen wir uns exemplarisch auf das „Münchner Modell der sozialgerechten Bodennutzung“ (SoBoN), das als erfolgreicher ‚Best Case‘ in Deutschland gilt. Ebenfalls im Fokus steht die Stadt Berlin, die im Jahr 2014 erstmalig dieses Instrument eingeführt hat und welches 2017 justiert wird (SenStadtUm 2015: 23). Darüber hinaus arbeiten wir auf Basis einer Literaturanalyse zentrale Merkmale dieses Planungsinstruments am Beispiel Großbritannien beziehungsweise London heraus. Insgesamt basiert unser Argument zur Analyse des politischen respektive post-politischen Charakters der Abschöpfung des Planungsmehrwerts also auf Literatur- und Dokumentananalysen sogenannter grauer Literatur.

Bei der Reflexion der Fallbeispiele gehen wir der prinzipiellen Frage nach, wie das Instrument des ‚In-die-Pflicht-Nehmens‘ von Investor_innen angesichts fortschreitender Neoliberalisierung einzuordnen ist. In einer Zeit, die von vielen akademischen und aktivistischen Beobachter_innen als zunehmend ‚postpolitisch‘ analysiert und bewertet wird (z. B. Swyngedouw 2007), werden wir die Frage nach neuen Handlungsräumen für politische Praktiken der Planung im Sinne einer „politics of possibility“ aufgreifen (Beveridge et al. 2014: 66): Inwieweit ermöglicht die Abschöpfung des Planungsmehrwerts eine (stadt-)politische Diskussionsbühne, die Räume für eine agonistische Debatte in der Planungspraxis eröffnet? Welche Möglichkeiten der Repolitisierung von Planungsinstrumenten als alltägliche politische Praxis zeigen sich in diesem Planungsinstrument? Und welche Positionierungen entwickeln sich durch Performanzen von Planungsakteur_innen und Investor_innen?

Wir werden aufzeigen, dass die postpolitische oder postdemokratische These, wie sie von Erik Swyngedouw (2007) vorgestellt wurde[3], zu unflexibel ist, um hinreichend als Analyserahmen für eine zukunftsorientierte Planungspraxis zu dienen. Deswegen ist zunächst die Frage zu diskutieren, inwieweit die Abschöpfung des Planungsmehrwerts sowohl postpolitische als auch repolitisierende Züge trägt.

„The post-political condition is too often presupposed as a matter of fact rather than interrogated as a matter of concern“ (Beveridge/Koch 2017: 37). Im Sinne einer offenen Diskussion des politischen Gehalts aktueller Planungspraxis werden wir in diesem Aufsatz eine dialektische Analyse durch die Verwendung zweier unterschiedlicher Blickwinkel auf die Beteiligung der Grundeigentümer_innen an den Folgekosten anwenden: die postpolitische Perspektive und den repolitisierenden Standpunkt. Das heißt, zum einen analysieren wir problematische, postpolitische Aspekte der Abschöpfung des Planungsmehrwerts, die auf intransparenten Verhandlungen und technokratischen Dealmaking-Praktiken beruhen. Zum anderen untersuchen wir Ansätze der Repolitisierung der Wohnungspolitik durch das Instrument der Abschöpfung des Planungsmehrwerts (Holm 2014) zugunsten der Etablierung sozialer Infrastruktur und bezahlbaren Wohnraums.

Swyngedouw geht in seiner Analyse davon aus, dass „Lücken, die sich in den Fugen der postpolitischen städtischen Ordnung finden“, genutzt werden können, um diese als genuin politische Stadträume „in Besitz zu nehmen“ (2013: 142). Anstatt die Abschöpfung des Planungsmehrwerts grundsätzlich als postpolitisch einzuschätzen oder die postpolitische These per se abzulehnen, werden wir differenziert analysieren, inwieweit ein existierendes Planungswerkzeug als neue politische Handlungsmöglichkeit einzuordnen ist. Unser Ziel ist es aufzuzeigen, dass das Instrument der Abschöpfung des Planungsmehrwerts in politischer Hinsicht ein ambivalentes, hybrides Phänomen darstellt. Es kann einerseits in postpolitischer Lesart als neue Spielart der allseits verbreiteten Konsenspolitik verstanden werden. Andererseits ist es als höchst politisch einzustufen, indem es in die Profitrechte Privater eingreift, die der kapitalistischen Wirtschaftsordnung zugrunde liegen. Wir verstehen diesen praktizierten Eingriff in den Bodenmarkt als eine Politisierung der Planungspraxis mit dem Ziel einer zu Teilen redistributiven Stadtpolitik zugunsten einer gesellschaftlichen Umverteilung privater Planungsgewinne. Dies geschieht auf Grundlage eines agonistischen Impetus zur Beschneidung privater Eigentumsrechte beziehungsweise einer Durchsetzung der sozialen Verpflichtung von Eigentum.

Im deutschsprachigen Raum wurde bislang nur eine wissenschaftliche Analyse (Junker 2010) und keinerlei empirische Forschung zur Abschöpfung des Planungsmehrwerts veröffentlicht. Angesichts dieser eklatanten Forschungslücke bietet im internationalen Raum vor allem die britische Forschung (unter den Begriffen ‚planning gain’, ‚land value capture’ und ‚developer contributions’) einen wertvollen Referenzpunkt. Großbritannien gilt als „ehemaliges Weltlabor für Abschöpfungsexperimente“ (Alterman 2012: 12). Britische Politiker_innen und Forscher_innen können auf einen lebendigen Diskurs bezüglich des Instruments zurückgreifen, dessen konzeptionelle Bandbreite und empirische Tiefe den deutschen Diskurs bereichern.

Der Aufsatz gliedert sich in vier Teile. Zunächst diskutieren wir die Wohnungsfrage in Deutschland als eine Herausforderung aktueller Stadtpolitik. Anschließend führen wir in grundlegende Debatten zur Abschöpfung des Planungsmehrwerts ein, deren Ursprünge sich bereits bei dem Philosophen John Stuart Mill in den 1840er Jahren finden. Im nächsten Schritt überprüfen wir, inwieweit die gegenwärtigen Politiken zum einen als re-politisierend und zum anderen als de-politisierend im Sinne Swyngedouws einzuschätzen sind. In der Schlussbetrachtung argumentieren wir für einen dialektischen und zugleich zukunftsorientierten Ansatz in der Beantwortung der Frage ‚Was tun?[4].

2. Die (aktuelle) Wohnungsfrage

Während der deutsche Wohnungsmarkt im internationalen Vergleich seit den 1960er Jahren über eine erstaunliche Stabilität verfügte (Behring/Helbrecht 2002), die auch während und nach der Finanz- und Wirtschaftskrise anhielt (Kofner 2014), zeigen sich aktuell große Veränderungsdynamiken. Nicht nur in Berlin sind stark ansteigende Investitionen auf dem Wohnungsmarkt zu beobachten, die vermehrt aus dem internationalen Umfeld kommen (Fields/Uffer 2016). Als Folge dessen verzeichnen Mietpreise in Deutschland zurzeit das schnellste Wachstum in Europa; in manchen Großstädten Deutschlands wird bereits eine „Wohnungskrise“ diagnostiziert (Holm 2014). Auf der politischen Agenda gewinnen daher Maßnahmen gegen die Verdrängung einkommensschwacher Gruppen aus den Innenstädten und die Verminderung sozialräumlicher Polarisierung an Bedeutung (von Einem 2016: iv). Die Wohnungsfrage, welche schon 1872 von Friedrich Engels aufgeworfen wurde, verweist auf beengte und ungesunde Wohnverhältnisse sowie kolossale Mietpreissteigerungen, die es für einige Gruppen unmöglich machen, eine geeignete Unterkunft zu finden. Schon zu Engels Zeiten waren weite Teile der (Stadt-)Gesellschaft hiervon betroffen, „weil sie sich nicht auf die Arbeiterklasse beschränkt, sondern auch das Kleinbürgertum mit betroffen hat“. Engels beschreibt weiterhin: „Diese Wohnungsnot ist nicht etwas der Gegenwart Eigentümliches […]. Sie hat alle unterdrückten Klassen aller Zeiten ziemlich gleichmäßig betroffen.“ (Engels 1872) Engels bietet eine materialistische Analyse der Wohnungskrise, deren Lösung er letztlich nur in einer völligen Abschaffung der kapitalistischen Wirtschaftsform per se sieht.

Obwohl seitdem fast 150 Jahre vergangen sind, hat sich die Ökonomisierung der (städtischen) Immobilienmärkte insbesondere seit der Finanzmarktkrise 2008 noch einmal deutlich verstärkt (Belina 2010). Gerade deutsche städtische Wohnungsmärkte ziehen zurzeit erhebliche internationale Kapitalströme an. Immobilien erreichen einen nahezu mythischen Status als ‚Betongold‘ und gelten zunehmend als verlässliche Form der Alters- und Vermögenssicherung (Helbrecht 2013). Die Abschöpfung des Planungsmehrwerts rückt so zunehmend in den Fokus stadtpolitischen Handelns, sowohl angesichts der möglichen hohen Abschöpfung von Planungsgewinnen als auch angesichts der weit verbreiteten Finanznot kommunaler Haushalte und des Investitionsstaus bei der öffentlichen Infrastruktur. Nur durch eine Beteiligung privater Investor_innen, also die Abschöpfung des Planungsmehrwerts, werden öffentliche Infrastrukturerstellung und sozialer Wohnungsbau vielerorts erst möglich.

Während Friedrich Engels begrenzten wohnungspolitischen Maßnahmen eine deutliche Absage erteilte (in steter Erwartung der großen Lösung der Wohnungsfrage durch eine Revolution), erlauben heutige materialistische Analysen auch andere Bewertungen (z. B. Harvey 2013). Die Beteiligung der Grundeigentümer_innen an den Folgekosten kann als Versuch verstanden werden, private Investor_innen zu verpflichten, einen Beitrag zum Allgemeinwohl zu leisten. In einem antizyklischen Gestus und im Widerspruch zum gegenwärtigen Zeitgeist – welcher eigentlich den neoliberalen Rückzug des Sozialstaates diktiert – wird hier ein Vorstoß unternommen, privatwirtschaftliche Gewinne partiell zu vergemeinschaften. Denn private Profite auf Basis von Baulandentwicklungen werden durch die Abschöpfung des Planungsmehrwerts zu Teilen genutzt, um die öffentliche Daseinsvorsorge und damit das Gemeinwohl zu stärken.

Die Beteiligung der Grundeigentümer_innen ist allerdings sicherlich nicht ‚die‘ Lösung oder das fehlende Puzzleteil für eine ‚gerechte Stadt‘, sondern vielmehr als ein pragmatisches Instrument zu bewerten, welches sowohl Vorteile für die (Stadt-)Gesellschaft sicherstellt wie auch Nachteile für die Stadtentwicklung birgt. Die Abschöpfung des Planungsmehrwerts kann nur partiell als ein „space of hope“ im Sinne David Harveys (2000) verstanden werden. Nach Harvey (ebd.) entstehen ‚Räume der Hoffnung’ in dem Wunsch und Bewusstsein, den bestehenden kapitalistischen Diskurs umzuschreiben und durch den Mut, sich eine andere Welt oder Gesellschaft vorzustellen. Obwohl diese Hoffnungsräume spekulativ bleiben und kein politisches Rezept offerieren für den Weg zur Utopie (2000: 71), bietet Harvey mit seiner Analyse jedem kritischen Denken den notwendigen Grundanker, nämlich das Beharren darauf, dass es eine Alternative gibt und immer geben kann.

Harvey vertritt hier eine pragmatisch-marxistische Position, die uns hilft, die Ambiguität des Instruments zu theoretisieren. „We do not have to wait upon the grand revolution to constitute such spaces [of hope]“. (Harvey 2012: xvii) Es braucht nicht immer fundamental-revolutionären Wandel, um Räume der Hoffnung durch Politisierung zu erkennen und zu nutzen. In diesem Sinne sind Möglichkeitsräume auch dort vorhanden, wo pragmatisch konkrete Emanzipationsgewinne zu vergegenwärtigen sind. Harvey weiß um die Problematik, dass politische Möglichkeitsräume übersehen werden und das Handeln lahmgelegt wird, wenn durch zu hohe Ansprüche an den Begriff des Politischen oder die Vorstellungen von Emanzipation reformerische Praktiken pauschal abgewertet werden. In ähnlichem Geiste formulieren Ross Beveridge und Philippe Koch ihre Kritik an den praktisch fatalen Folgen einer puristisch postpolitischen Position, wie sie exemplarisch von Eric Swyngedouw vertreten wird. Sie argumentieren, dass die pauschale Ver- und Beurteilung aller gegenwärtigen Stadtpolitiken mit breitem Pinselstrich als ‚postpolitisch‘ dazu führen würde, in eine postpolitische Falle, die „post-political trap“, zu geraten (Beveridge/Koch 2017: 32). Demnach würde handlungsunfähig, wer mit dem binären konzeptionellen Code von politisch versus postpolitisch nur ein grobes Schwarz-Weiß-Bild gegenwärtiger stadtpolitischer Verhältnisse zeichne. Stattdessen brauche es empirisch offene Herangehensweisen an gegenwärtige Situationen, die bewusst mit einer Pluralität von Politikbegriffen operieren, um so der Vielfalt und Vielgestalt heutiger städtischer Planungsprozesse und stadtpolitischer Entscheidungen gerecht zu werden (ebd.: 41).

Der hier vorliegende Beitrag ruht auf solch einer flexiblen kritischen Stadtforschungsstrategie, die nicht theoretisch vorentscheidet (alles sei postpolitisch), sondern empirisch untersucht und hierbei eine Pluralität von konzeptionellen Perspektiven des Politischen in Anschlag bringt. Im Hier und Jetzt der Stadt(-politik) sehen und suchen wir Potenziale bereits heute, um Dinge zu ändern. Dazu müssen gewiss zugleich die Einschränkungen des ‚Hier und Jetzt’ reflektiert werden. Das Instrument ‚Abschöpfung des Planungsmehrwerts’ ist vor allem dann einsetzbar, wenn neu gebaut wird oder wenn öffentliche Fördergelder für Sanierungsmaßnahmen vergeben werden, wie beispielsweise Stadtumbaumittel in Halle (Saale) (Stadt Halle 2016: 100). Dies bedeutet, dass das Instrument nur unter den Bedingungen von Wachstum und Bodenwertsteigerung funktioniert. Gerade am Beispiel München wird deutlich, dass sich so die Preisspirale immer weiter nach oben drehen kann. Zugleich sichert das Instrument jedoch innerhalb dieser Preisspirale ein Segment bezahlbaren Wohnraums, insbesondere in Städten wie München. Dies schätzen wir als wertvoll ein.

Auch wenn Harvey es selbst nur ungern eingesteht, ist diese anwendungsbezogene Haltung doch nötig: „I think – and I hate to say this – but I think the left has to be more pragmatic in relation to the dynamics going on right now […][,] the left will have to rethink its theoretical and tactical apparatus” (David Harvey 2015 im ROAR Magazine: 280). Durch Harveys konzeptuelle Arbeit wird es vorstellbar, dass Stadtpolitik auch in der gegenwärtigen Wohnungsfrage konkrete Möglichkeiten sieht, schafft und nutzt – zum Beispiel durch das Instrument der Planungsmehrwertabschöpfung – um tatsächlich zugleich mit dem Markt (weil Preissteigerungen notwendige Voraussetzung sind) als auch gegen den Markt (da dem Privateigentum öffentliche Infrastrukturen und bezahlbarerer Wohnraum abgetrotzt werden) zu steuern.

3. Die diskursive Ausgangslage: Konflikte um den ‚Planungsmehrwert‘

In kommunalen Diskursen ist die Abschöpfung des Planungsmehrwerts hochgradig politisiert. Das wird sowohl anhand der internationalen Debatte zur aktuellen Lage des Instruments und seinem Erweiterungspotenzial deutlich (z. B. Baker 2004, Altermann 2009, Brownhill et al. 2015), als auch an der mühseligen Geschichte der verfehlten Experimente im deutschen (Junker 2010: 30-34) wie britischen Kontext (Thomas 2004). Grundlegend für den Konflikt über die Rechtmäßigkeit beziehungsweise Unrechtmäßigkeit der Abschöpfung des Planungsmehrwerts sind das jeweilige Verständnis von Eigentumsrechten sowie Perspektiven auf Landnutzungsregularien und Besteuerung. John Stuart Mill, englischer Philosoph, Ökonom und Sozialtheoretiker, argumentierte schon in den 1840er Jahren für eine Position, die den finanziellen Gewinn aus Baulandentwicklungen als den ‚Wohlstand der Gemeinschaft‘ ansieht. Dies impliziert, dass Profite aus Baulandentwicklungen Gemeingut sind und damit vollkommen rechtens der Gesamtheit der Gesellschaft gehören (Fabian Society 1895). Sein Standpunkt basiert auf der Überlegung, wonach ein gesteigerter Bodenwert überhaupt erst durch die (Stadt-)Gesellschaft geformt werde, die im Rahmen des Planungssystems Baurecht schafft. Deshalb solle der Staat, der den Gewinn kreiert habe, auch (Haupt-)Profiteur der Baulandentwicklung sein. Susan Fainstein unterstreicht, basierend auf John Rawls Theorie zu Fairness als Gerechtigkeit und Henri Lefebvres Arbeit zu „Recht auf Stadt“ (Fainstein 2012: 21), dass Gewinne aus Bodeneigentum auch aus heutiger Stadtplanungsperspektive an die Gesellschaft zurückgeführt werden sollten. In gleicher Stoßrichtung formuliert Mike Scott provokant: „Why should proponents (particularly speculators) pocket windfall gains for doing nothing more than submitting a successful permit or rezoning application? Why should the general tax payer subsequently have to pick up the tab for the infrastructure needed to service the development?“ (Scott 2015: 16).

Die Gegenposition hierzu betont demgegenüber die Unantastbarkeit privater Eigentumsrechte in der freien Marktwirtschaft und das Recht jeder Eigentümerin, ihren Profit individuell zu erwirtschaften. Private Eigentumsrechte seien in der politischen oder juristischen Abwägung gewichtiger gegenüber den Ansprüchen des Staates auf einen kommunalen oder Gemeinschaftsnutzen. Einige Autor_innen vertreten gar die Position, die Besteuerung des Bodenwertgewinnes der Grundeigentümer_innen sei eigentlich Diebstahl und folge einer „stalinistischen Logik“ (Gummer 2004: 81), die in einer freien Gesellschaft politisch nicht zu rechtfertigen sei: „Property must not be stolen from its rightful owners, even by men of goodwill with the best intentions.“ (Gummer 2004: 81-86) Dieses Urteil beruht auf der Einschätzung, wonach der Wertzuwachs des Bodens als Profit des Eigentümers im Grunde gerechtfertigt sei, da Landbesitz und -transaktionen jeder anderen wirtschaftlichen Tätigkeit ähnlich seien. Es sei zwar relativ zufällig, wer die Profiteure von Baugenehmigungen und Bodenwertsteigerungen sind, dieses aber läge in der Natur der Sache (ebd.: 81). Marx hatte die Steigerung der Bodenpreise in der kapitalistischen Wirtschaft vorausgesehen, zugleich aber die Logik kritisiert, wonach Boden eine Wertsteigerung erfahren könnte (vgl. Belina 2010).

Während die Grundsatzfrage von privaten Eigentumsrechten versus staatlicher Planungsmehrwertabschöpfung in der Theorie stark polarisiert, gibt es historisch eine Vielzahl an Versuchen, die Besteuerung von Bauprojekten durchzusetzen und den Bodenwertzuwachs kontinuierlich als Planungsmehrwert abzuschöpfen. Die fortwährende Frustration innerhalb der Planungswissenschaften über dieses Thema zeigt, dass Versuche, den spekulativen Gewinn zu limitieren oder abzuschöpfen, stets einer Gegenwehr ausgesetzt sind (Junker 2010: 34). Denn auch wenn es sich keinesfalls um eine Enteignung handelt, da das Privateigentum an Grund und Boden selbst vollkommen unangetastet bleibt, so wird doch der partielle Profitverlust, der mit der Abschöpfung des Planungsmehrwerts einhergeht, zu Teilen von Grundbesitzer_innen als Quasi-Enteignung wahrgenommen.

In Deutschland setzt das Grundgesetz den Rahmen für die Auslegung jedweder rechtlicher Fragen bezüglich des Eigentums. Artikel 14 (GG) legt fest:

„(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. […] (2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen. (3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt.“

Mit der Eigentumsgarantie in Absatz 1 übernimmt das Grundgesetz die Rolle eines ‚Gatekeepers‘ für Versuche, die Abschöpfung beispielsweise bundesweit als Bodenwertzuwachssteuer zu etablieren. Das elementare Grundrecht des Grundgesetzes gilt nicht nur für bewegliches Eigentum, sondern auch für das spezifische Eigentum an Grund und Boden (das darüber hinaus anderen gesetzlichen Regularien ausgesetzt ist als bewegliches Eigentum). Trotzdem tritt eine Zweideutigkeit schon bei Absatz 2 zutage, welcher vorsieht, dass Eigentum Verpflichtungen mit sich bringt und dem Wohle der Allgemeinheit dienen soll. Dieser rechtsphilosophische Grundsatz der Sozialpflichtigkeit des Eigentums lässt Raum für Versuche von Kommunen und politischen Parteien, Bodenwertzuwachssteuern einzuführen. Wie Junker (2010) anmerkt, sind in Deutschland dennoch bisher alle Versuche, eine Bodenwertzuwachssteuer in Form einer Gesetzgebung des Bundes einzuführen, entweder aufgrund von politischem Widerstand oder Problemen bei der praktischen Implementierung gescheitert.

Der erste Versuch, eine Bodenwertzuwachssteuer in Deutschland einzuführen, wurde 1950 von den Gemeinden initiiert. Der Gesetzesentwurf, nach seinem Autor Wilhelm Dittus ‚Lex Dittus‘ genannt, sah vor, dass 80 Prozent des Bodenwertzuwachses abgeschöpft werden, um die Kosten des Staates zu decken, die durch ein Bauprojekt anfallen. Die Abgabe wurde jedoch nicht umgesetzt und durch einen Anstieg der Grundsteuer ersetzt.

Der nachdrücklichste Vorstoß kam Anfang der 1970er Jahre von der sozial-liberalen Koalition aus SPD und FDP, die explizit versuchte, existierende und zukünftige Landnutzungsspekulationen einzudämmen. Hierbei wurde ein Gesetzesvorschlag entwickelt, der eine 50-prozentige Bodenwertzuwachssteuer vorsah. Der Entwurf wurde mit Verweis auf Artikel 14 des Grundgesetzes und das dort geschützte Eigentumsrecht abgelehnt und das Thema in den folgenden Jahrzehnten nicht wieder aufgegriffen. Erst in den 1990er Jahren öffnete sich die Diskussion zur Bodenwertzuwachssteuer erneut – die Ziele waren dieselben wie schon in den 1970er Jahren.

Der aktuelle rechtliche Rahmen in Deutschland sieht explizit keine Bodenwertzuwachssteuer vor. Jedoch existiert auf Bundesebene das Investitionserleichterungs- und Wohnbaulandgesetz (Bundesgesetzblatt 1993: 466) als gesetzliche Grundlage für Vereinbarungen mit Grundeigentümer_innen. Dies erlaubt es den Gemeinden, Bodenwertzuwachssteuern zu erheben. Das Gesetz repräsentiert eine Erweiterung des Erschließungsvertrages und vor allem die Einführung von städtebaulichen Verträgen. Erst mit der Einführung der Erschließungsverträge als Rechtsform ist es den Kommunen möglich, einen eigenen Rahmen für eine Beteiligung der Bodeneigentümer_innen an Folgekosten zu entwickeln und zu formalisieren. Aktuelle Beispiele hierfür sind die sozialgerechte Bodenordnung (SoBoN) in München aus den 1990er Jahren und das Berliner Modell aus dem Jahr 2014.

Ein Blick über deutsche Landesgrenzen hinaus zeigt, dass vor allem Großbritannien ein lebendiges Beispiel für den Konflikt zwischen den Befürworter_innen und den Gegner_innen der Bodenwertzuwachssteuer ist. So war das „People Budget“ von 1909 der früheste Versuch, Bodenprofite zu besteuern; es wurde als 20-prozentige „Wertzuwachsgebühr“ eingeführt (Bill 2013: 115). Diese Steuer fiel nicht nur bei Wertzuwachs durch Baulandausweisungen an, sondern generell bei der Steigerung des Bodenwertes (jeder Zuwachs nach einem festgesetzten Tag, dem 30. April 1909) und führte zu großem Aufruhr unter den besteuerten Grundeigentümer_innen. Nächste ernsthafte Versuche waren die „development charge“ (Teil des 1947 Planungsakts), zwanzig Jahre später die Bodenwertzuwachssteuer und 1976 schließlich der „Development Land Tax Act“, der in den späten 1980er Jahren von Margaret Thatcher aufgehoben wurde (Scott 2015). All diese legislativen Maßnahmen scheiterten letztlich an der Macht der Planungsminister_innen und deren Sympathien gegenüber der „landowner lobby“, der Interessensvertretung der Grundbesitzer_innen (Thomas 2004: 10). Ein neuer Anlauf entstand nach der Jahrtausendwende, als Kate Barkers Kritik am Wohnungswesen (Barker 2004) 2007 zu der Idee des ‚planning gain supplements‘ führte; diese wurde aufgrund der Widerstände von Grundeigentümer_innen schon im Vorfeld gar nicht erst implementiert. Rachelle Alterman (2012: 767 f.) zeigt in ihrem Handbuchartikel, dass weltweit nur drei Länder Erfahrung haben mit der direkten Besteuerung des Planungsmehrwerts: in der Vergangenheit Großbritannien sowie gegenwärtig Polen und Israel[5]. Das ist erstaunlich, bedeutet es doch, dass Planer_innen weltweit für eine Abschöpfung des Planungsmehrwerts gezwungen sind, jedes neue Bauprojekt individuell mit dem Investor auszuhandeln, wenn durch die Schaffung von Planungsrecht ein Gewinn aus dem Bodenwertzuwachs für die öffentliche Hand erwachsen soll. Damit eine Abschöpfung des Planungszuwachses überhaupt erfolgen kann, sind projektgebundene Verhandlungen zwischen der öffentlichen und privaten Hand und eine notgedrungene Flexibilität der Planung also tief in den städtischen Wachstumspolitiken verwurzelt.

Trotz politischer Schwierigkeiten bei der Implementierung verfügt eine große Mehrzahl der Länder weltweit über Gesetze zur Regulation von Bodennutzung und -entwicklungen (Altermann 2012: 760), welche soziale Verpflichtungen für die Grundbesitzer_innen einschließen (d. h. in Form von Regularien oder Besteuerung). Heutige Planungsdebatten sind daher vorwiegend auf den Umfang dieser Regularien fokussiert (d. h. das Ausmaß einer möglichen Intervention durch die Politik), und nicht auf die fundamentale Frage, ob Regulierungen überhaupt eingreifen sollten. Die Debatten zum ‚Planungsmehrwert‘ konzentrieren sich darauf, wie viel Planungsmehrwert von den lokalen Behörden abgeschöpft werden soll, wann der Wert abgeschöpft werden kann (Barker 2004), wie der Ausgleich der Allgemeinheit zu Gute kommt (Crook/Whitehead 2002) und warum der Prozess standardisiert und transparent gehalten werden soll (Fox-Rogers/Murphy 2015).

4. ,Politisch‘ und ‚postpolitisch‘: wie tragfähig sind die Begriffe?

Gegenwärtige neoliberale Stadtpolitiken werden häufig als postpolitisch beschrieben, das heißt: ihnen wird die Abwesenheit des Politischen attestiert. Das Austragen von Konflikten würde verdrängt durch einen technokratisch geprägten Konsens, der einer geschlossenen Wachstumsagenda zugutekommt (Allmendinger/Haughton 2012: 91). Zeitdiagnostisch wird die Situation oftmals als ausweg- und alternativlos beschrieben, da Kapitalismus als unumgängliche Realität akzeptiert sei. Ernsthafte Alternativen würden nicht mehr erwogen oder debattiert. Zudem sei der Klassenkonflikt befriedet und einer ‚neuen Politik‘ gewichen, welche persönliche Identitäten der Menschen reflektiere, die zunehmend wandelbar seien und sich überlappten. Anstelle einer Streitkultur um das Grundsätzliche werde die Konsensfindung mittels einer abwägenden Demokratie als Heilmittel für den Umgang mit sämtlichen Konflikten angesehen (McClymont 2011: 7, Swyngedouw 2011: 372).

Im Kontext der Planungspraxis zeigt sich für Vertreter_innen des postpolitischen Standpunktes die Konsensfixierung (und dadurch Konfliktvermeidung) der Planungsakteur_innen unter anderem im ‚communicative turn‘, in dessen Rahmen Beteiligung und Konsultation der Öffentlichkeit dominant im planerischen Diskurs sind (Mackrodt/Helbrecht 2013). Folglich sei „kollaboratives Planen“ heute ein gängiges Konzept, das darauf abziele, unterschiedliche Ansichten und Stimmen konsensual zu bündeln, um durch Kompromisse gemeinsame Lösungen herzustellen (McClymont 2011: 25). Allerdings kann diese ‚gemeinsame Lösung‘ in der Folge tatsächlich unzumutbare Kompromisse für bestimmte Akteur_innen oder soziale Gruppen hervorrufen. Im Ergebnis – so wird kritisch argumentiert – komme der vermeintliche ‚Konsens‘ oftmals einer Dominanz mächtiger Stimmen gleich. Streitkultur, Auseinandersetzung und fundamentaler Widerspruch beziehungsweise Widerstand würden oftmals ignoriert oder abgelehnt, weil sie als potenziell schädigend für den kollaborativen Prozess gelten.

Ranciere (2001), Mouffe (2005) und Žižek (2012) sind drei Analytiker_innen der postpolitischen Situation, die mit Scharfsinn die negativen Folgen der Kultivierung des Konsenses in der (städtischen) Politik kritisieren. Auf unterschiedlichen gedanklichen Pfaden versuchen die Autor_innen neue Handlungsspielräume zu öffnen und zu zeigen, dass es stets Exkludiertes gebe, welches die Basis für Auseinandersetzungen bietet. Oder, um es mit Chantal Mouffes Worten zu sagen: Es gibt immer etwas, das einen Agonismus oder eine agonistische Debatte vorstellbar macht (Mouffe 2013: 9).

In jüngster Zeit ist jedoch diese radikale Sicht auf das Politische kritisiert worden. Denn die postpolitische Perspektive basiert darauf, dass sie in rein binärer Logik zwischen Politik und Postpolitik unterscheidet. Sie kennt also nur zwei Zustände, ein klares entweder/oder, und übersieht darüber die Grautöne und Ambivalenzen, die oftmals in der Planungspraxis vorherrschen. Darüber hinaus setzt sie den Standard für das, was allein als ‚politisch‘ gilt, so hoch, dass viele soziale Proteste und Bewegungen, viele kritische Auseinandersetzungen mit städtischen Politiken vor Ort etc. gar nicht als politische Handlungen gelten im Sinne der pauschalisierenden Binarität von politisch und postpolitisch. Eindringlich haben jüngst Ross Beveridge und Philippe Koch eine fundamentale Kritik an der monolithischen, binär argumentierenden und zu Teilen wirklichkeitsfremden Position der postpolitischen Vertreter_innen zum Ausdruck gebracht (Beveridge/Koch 2017). Darin betonen sie zugleich, dass die Idee des Postpolitischen durchaus interessant und relevant sei für eine Analyse der Gegenwart. Sie dürfe aber nicht als theoretische Voreinstellung wirken, sondern müsse selbst stets einer empirischen Überprüfung gegenüber offen sein.

Uns auf diese Literaturdebatte stützend begreifen wir die Frage nach dem politischen beziehungsweise postpolitischen Charakter gegenwärtiger Planungspraktiken als eine empirisch offene. Unter ‚politisch‘ verstehen wir hierbei gesellschaftliche Aushandlungsprozesse unter Bedingungen, die kontrovers, umstritten und potenziell konfliktreich sein können. So formuliert Mouffe in ihrer Konzeptionalisierung des Politischen: „By ‚the political‘, I refer to the dimension of antagonism that is inherent in all human society, antagonism that […] can take many different forms and can emerge in diverse social relations.“ (Mouffe 1995: 262 f.) Im Falle der städtischen Planungspolitiken sind solche Kontroversen oftmals verankert in Fragen räumlicher Politiken, die Aspekte der Verteilung beziehungsweise Umverteilung von Ressourcen und Belastungen im Stadtraum betreffen. Praktische Beispiele hierfür sind Fragen der Umweltgerechtigkeit (z. B. Lärmbelastung), der bezahlbaren Wohnraumversorgung oder des Zugangs zu öffentlicher Infrastruktur (Verkehr, Bildung u. a.). Mustafa Dikec argumentiert ähnlich, indem er vorschlägt, „following Rancière, that space becomes political in that it becomes the polemical place where a wrong can be addressed and equality can be demonstrated“ (Dikec 2005: 172).

Mit der Analyse der Praktiken um eine Bodenwertzuwachssteuer als ‚politisch‘ werden wir im Folgenden zeigen, dass die Abschöpfung des Planungsmehrwerts im Sinne Mouffes als ‚Dimension des Widerspruchs‘ und Teil eines dynamischen Felds im Kampf um Ressourcen verstanden werden kann. Unser Ziel ist es, herauszuarbeiten, inwieweit städtische Politiken zur Beteiligung der Grundeigentümer_innen an den Folgekosten nicht einfach als eine weitere, gängige Form der allseits verbreiteten Konsenspolitik durch Verhandlung gelten, sondern auch politisch gedeutet werden können, da sie die als ‚natürlich‘ wahrgenommenen (besser: naturalisierten) Rechte beziehungsweise Möglichkeiten von Eigentümer_innen von Grund und Boden zur Gewinnmaximierung deutlich einschränken. In diesem Sinne wird das kapitalistische Wirtschaften eingehegt und auch der Wertzuwachs von Grund und Boden (zumindest) einmalig abgeschöpft – im Gegensatz zur jährlichen Besteuerung von Einkünften aus Lohn und Kapitalanlagen (wie z. B. von Aktiengewinnen), die regelmäßig einkommenssteuerpflichtig sind.

Wir verstehen städtische Planung in diesem Kontext als durchaus politisch, also als Schauplatz für eine Repolitisierung der Bodenregulation und Mittel zur Aufnahme und Beteiligung (auch der Stadtforschung!) an einer Debatte über wirkliche Alternativen. Es gilt, die Abschöpfung des Planungsmehrwerts kritisch zu analysieren im Hinblick auf ihr Potenzial als Hoffnungsraum einer erneuerten städtischen Politik – um sich somit der These einer Depolitisierung nicht von vornherein machtlos auszuliefern. Denn, wie Mark Davidson und Kurt Iveson scharf beobachten, kann eine rein postpolitische Analyse nur allzu leicht selbst politisch zerstörerische Wirkung entfalten.

„Characterizations of the city as ‚post-political‘ may have the perverse effect of reinforcing, rather than undermining, the perception that ‚there is no alternative‘ […]. Labeling cities ‚post-political‘ risks treating depoliticisation as a condition that has been realized, rather than a tendency that has taken hold […] [which] could serve to further divide the arenas of critical theorization (as pure criticism) and political action.“ (Davidson/Iveson 2015: 546)

Wir bieten eine nuancierte Perspektive an, die die postpolitische Analyse ernst nimmt, ohne in eine analytische wie normative Sackgasse zu geraten. Um dieses Ziel zu erreichen, gehen wir dialektisch vor und analysieren sowohl den postpolitischen als auch repolitisierenden Charakter der Abschöpfung des Planungsmehrwerts.

5. Praktiken der Planungsmehrwertabschöpfung als ‚postpolitisch‘

Politiken zur Bodenwertabschöpfung können als eine Praxis postpolitischen Handelns interpretiert werden. Die internationale Literatur zu Bodenwertzuwachssteuern stützt diese kritische Perspektive teilweise gerade aufgrund der informellen Dynamiken in der Ausführung des Instruments. Die postpolitische Kritik und Einschätzung bezieht sich auf drei Kernaspekte: mangelnde Präzision, Intransparenz und Inkonsistenz der Verfahren.

1. Mangelnde Präzision: Der erste Kritikpunkt bezieht sich auf die mangelnde Präzision und Vergleichbarkeit der Abschöpfung des Planungswerts. Es handelt sich hierbei sowohl um eine Kritik an dem Prinzip als auch an der Umsetzung des Instruments. Beispielsweise werden im englischsprachigen Raum diverse Maßnahmen unter dem Oberbegriff ‚public value capture’ subsummiert, so dass der tatsächliche Umfang des Planungsmehrwerts unklar bleibt (Altermann 2012). Im föderalen Deutschland wiederum sind die Bundesländer verantwortlich für die Entwicklung eines eigenen Modells der Planungsmehrwertabschöpfung, was in gänzlich unterschiedlichen Modellen resultiert. Auch innerhalb der Modelle der Stadtstaaten bestehen Divergenzen. Das „Berliner Modell der kooperativen Baulandentwicklung“ wurde im August 2014 eingeführt. Es bietet eine gute Fallstudie zu den Aushandlungsmöglichkeiten im Planungssystem, besonders, da es sich noch in der Entwicklung befindet. Obwohl das Berliner Modell seinem Vorgänger, dem Münchner Modell, nachzueifern scheint, ist der rechtliche Rahmen in Berlin bewusst offen formuliert. Statt eines „bindenden Vertrages“ wie in München bietet das Berliner Modell nur eine „Richtlinie“ beziehungsweise einen „Orientierungsrahmen“ (Bratfisch 2015). Somit ergibt sich die Frage, wie genau das Instrument durchgeführt wird oder wie Grundstücksbewertung stattfindet. Bei der Abschöpfung des Planungsmehrwerts handelt es sich um die Wertdifferenz zwischen einem ‚Eingangswert’ des Grundstücks vor der Aufstellung eines Bebauungsplans und einem Ausgangswert des Grundstücks nach Abschluss der Planungsmaßnahmen (Junker 2010: 32). Die Frage nach dem Einfließen von Korrekturen in diese Messungen über die Zeit bleibt offen. Die vielfältigen technischen Feinheiten, die vor Ort je unterschiedlich gehandhabt werden, haben dazu geführt, dass das Instrument als eines der verwirrendsten Gebiete des gegenwärtigen Planungsrechts beschrieben wird (Callies/Grant 1991: 245).

2. Intransparenz: Der zweite Kritikpunkt umfasst die intransparenten Verfahren der Planungsmehrwertabschöpfung. Dieses kann als exemplarisch für postpolitisches Handeln interpretiert werden. Das Argument basiert darauf, dass der Prozess vollständig hinter verschlossenen Türen stattfindet (Morrison/Burgess 2014) und die Ergebnisse nicht für die Öffentlichkeit zugänglich sind. Die Intransparenz ist auch in der britischen Literatur oftmals ein Kritikpunkt: „Rarely are the full details publicized […]. There is in practice no formal test of a proportional relationship between the need generated by the development and the sum contributed.“ (Callies/Grant 1991: 244) Da auf diese Weise das Ergebnis der Vereinbarungen von dem Verhandlungsgeschick der Planer_innen abhängt – anstelle eines transparenten, gesetzlich verankerten Steuersatzes zur Planungsmehrwertabschöpfung –, formuliert Kate Barker provokant, dass viele Planer_innen heutzutage das Gefühl haben, dass sie zu ineffizienten Steuereintreibern geworden seien (Baker 2004: 25). Die Tatsache, dass kein einziges Land den Planungsmehrwert transparent, direkt und systematisch in Form einer Steuer abschöpft (Needham/Verhage 2003: 10), weist darauf hin, dass Swyngedouws Darstellung einer postpolitischen Ordnung – eine gegenwärtige Veränderung von authentischer politischer Auseinandersetzung hin zu konsensual-bürokratischer Effizienz – zutreffend sein könnte.

3. Inkonsistenz: Der dritte Kritikpunkt betrifft die Inkonsistenz, mit welcher das Planungsinstrument implementiert wird. Er bezieht sich auf den sowohl individuellen wie auch notwendigerweise konsensualen Charakter der Kooperationsvereinbarung zwischen Planer_innen und Baulandentwickler_innen zur Aushandlung städtebaulicher Verträge. Jedoch führt dieser Zwang zur individuellen Verhandlung und zum Konsens bei der Unterzeichnung des Vertrages nicht notwendig zu einer konsistenten Politik in den Kommunen. „Planning gain deals tend to be negotiated individually and opportunistically.“ (Callies/Grant 1991: 244) Gerade britische Forscher_innen argumentieren, dass oftmals nur die Konfliktvermeidung der Planer_innen als kommunale Akteur_innen den Konsens zwischen Baulandentwickler_innen und Kommunen ermöglichen würde (Fox-Rogers/Murphy 2015: 42, Muñoz Gielen 2012: 12). So wird die Tatsache, dass etwa das Berliner Modell die öffentliche Hand ermächtigt, bis zu 50 Prozent des Gewinns der Baulandentwicklung abzuschöpfen, in der Praxis dadurch relativiert, dass dieser Anteil im Einzelfall verhandelt wird (bzw. werden muss). Die Aushandlung der Höhe der Abschöpfung des Planungsmehrwerts von Fall zu Fall kann dazu führen, dass politischer Konsens und Kompromiss alles übertrumpfen. Eine solche Diagnose legt die Vermutung einer reibungslosen, neoliberalen Konsensmaschinerie des Postpolitischen nahe, in der bestimmte mächtige Akteur_innen dominieren.

Das britische System basiert, ebenso wie das deutsche, auf einem informellen System der Beteiligung an den Folgekosten einer Entwicklung, anstelle eines regulierten Besteuerungssystems. Viele Kritiker_innen vertreten deshalb die Position, dass dies sowohl in einer Überforderung der Planungsprofession münde als auch zu unbefriedigenden Ergebnissen führe – also die Abschöpfung des Planungsmehrwerts letztlich zu gering sei (Whitehead 2007: 34). So konnten Morrison und Burgess (2014) zeigen, dass nach der Finanzkrise von 2008 in Großbritannien unter den Bedingungen einer anhaltenden Konjunkturschwäche prinzipiell die Zahl der Verhandlungen zwischen lokalen Behörden und Projektentwicklern zur Planungsmehrwertabschöpfung auf Basis von Section 106[6] deutlich abgenommen hat. Sie verweisen darauf, dass somit eine gewisse Willkür und damit Inkonsistenz bei dem Einsatz des Planungsinstruments herrscht. Das Ausmaß einer Beteiligung der Grundstückseigentümer_innen an der Finanzierung von bezahlbarem Wohnraum hängt so vom Auftrieb des Marktes ab.

Die Abschöpfung des Planungsmehrwerts ist also abhängig vom Rückenwind der Konjunktur, der Verhandlungsmacht der Planer_innen und einer lokalen/individuellen beziehungsweise fallbezogenen Willkür. Linda Fox-Rogers und Enda Murphy (2015) sind daher skeptisch gegenüber den Planungsmehrwertvereinbarungen. Sie behaupten, dass die Vereinbarungen von politisch Mächtigen strategisch eingesetzt würden, um ihre eigenen Interessen zu fördern: „planning gain must be understood as a mechanism which has been manipulated in ways which essentially work to preserve and enhance, rather than redress, existing power imbalances in the planning system by facilitating large scale transfers of wealth upwards in society“ (Fox-Rogers/ Murphy 2015: 41). Richard Wolff (1999: 111) betont indessen, dass der Planungsmehrwert hoch umstritten sei, weil er auf dem Wohlwollen der Projektentwickler_innen und Planer_innen beruhe. Er führt in seiner qualitativen Studie an, dass es beim Planungsmehrwert in der Praxis um ein „mehr oder weniger offenes Erkaufen von Baubewilligungen geht“, das auch als Bestechungsgeld bezeichnet wird (ebd.). In einer milderen Analyse streicht er heraus, dass die Variabilität des Vorgehens Manipulationen zumindest ermögliche. Gerade die variable Vorgehensweise werde jedoch auch von einigen lokalen Planungsbehörden effektiv genutzt, um durch das Aushandeln zu Vereinbarungen zu kommen, welche für beide Seiten gut seien. Jedoch zitiert Perry (2014: 104) eine Studie, die zu dem Schluss kommt, dass Planungsvereinbarungen nur in sechs Prozent aller Planungsbewilligungen erreicht werden.

Es gibt also sehr gute Gründe zu argumentieren, dass die Praktiken zur Planungsmehrwertabschöpfung in Großbritannien und Deutschland zum einen konsensuale Kompromissbildung zur Konfliktvermeidung bedeuten und zum anderen möglicherweise in den schlimmsten Auswüchsen der Bürokratie gefangen sind (McClymont 2011: 2). Die postpolitische Perspektive bietet ein wertvolles Kritik- und Analyseinstrument. Dennoch wäre es, so Gareth Millington (2016: 3), ein Fehler, dem Konzept zu viel Bedeutung hinsichtlich der Erklärung und Erhaltung der zirkulären Netzwerke der Politik, des Raumes und der Kultur in der heutigen Stadt zuzugestehen. Aus diesem Grund fokussiert der nächste Abschnitt darauf, welche Perspektiven sich eröffnen, wenn Praktiken der Planungsmehrwertabschöpfung in sich als ‚politisch‘ beziehungsweise repolitisierend verstanden werden.

6. Praktiken der Bodenwertzuwachssteuer als‚ politisch‘ beziehungsweise repolitisierend

Inwiefern kann die Abschöpfung des Planungsmehrwerts als „Spaces of Hope“ im Sinne Harveys (2000) gedeutet werden – also als Grundlage für eine progressive, umverteilende Planungspolitik? Können Diskussionsprozesse rund um die Bodenwertzuwachssteuer den dominanten neoliberalen, postpolitischen Diskurs in der Stadtentwicklung herausfordern? Drei Argumente weisen auf die Möglichkeit einer positiven Deutung hin: der staatliche Eingriff in private Profite, die Schaffung von Infrastrukturen und sozialen Einrichtungen sowie soziale Mischung.

1. Staatlicher Eingriff in private Profite: Erstens kann die Abschöpfung des Planungsmehrwerts als radikaler staatlicher Eingriff in das private Eigentum an Grund und Boden interpretiert werden – nicht in seine Verfügbarkeit, aber in seine Privatnützigkeit. Das „Münchner Modell der sozialgerechten Bodennutzung“ (SoBoN) bietet eine interessante Fallstudie, um zu ermessen, wie die graue Literatur in Deutschland Planungsmehrwertabschöpfung als regelgeleiteten Prozess präsentiert. Das Münchner Modell wurde 1994 von der Landeshauptstadt München entwickelt und mit einem bindenden Vertrag formalisiert (Landeshauptstadt München 2017). Es sieht vor, dass ein fixer Anteil von nur 30 Prozent des Planungsmehrwerts beim Grundstücksbesitzer verbleibt, während die übrigen 70 Prozent von der Stadt zur Finanzierung der Infrastruktur abgeschöpft werden[7]. Darüber hinaus müssen 30 Prozent der neu gebauten Wohnungen als Sozialwohnungen errichtet werden (Landeshauptstadt München 2009: 9). Zwei Drittel dieser neu geschaffenen Wohnungen mit Sozialbindung entstehen im Mietwohnungsbau, ein Drittel als Eigentumswohnungen. Hier liegt es nahe zu hinterfragen, welche Zielgruppen genau von diesem Wohnungsbau profitieren. Ohne detaillierte Angaben oder Statistiken zu der Bewohnerschaft der durch SoBoN geschaffenen Sozialwohnungen, die weder von Seiten der Landeshaupt München publiziert noch im Rahmen wissenschaftlicher Studien untersucht wurden, ist es schwer, zu diesem Punkt präzise Aussagen zu treffen. Hier besteht Forschungsbedarf. Es ist zu vermuten, dass sie ein sehr breites Einkommensspektrum ansprechen, bis weit in die Mittelschicht hinein.

Trotz dieser Unklarkeit in Bezug auf die genauen Wirkungen auf den Wohnungsmarkt bietet das Münchner Beispiel relativ klare Rahmenbedingungen und deutet so auf ein formalisiertes, reguliertes Verfahren zur Abschöpfung des Planungsmehrwerts hin, das zudem vom Stadtparlament am 23.03.1994 erlassen wurde. Analysiert man die Politik im Detail, wird deutlich, dass der Prozentsatz des Planungsmehrwerts, der vom lokalen Staat abgeschöpft wird, einen signifikanten Eingriff in die private Verfügungsmöglichkeit über die Wertsteigerung eines Grundstücks darstellt – und so subjektiv bisweilen auch Deutungsmöglichkeiten einer gefühlten Enteignung für die Grundbesiter_innen eröffnet. Der festgelegte Prozentsatz kann als sichtbarer Ausdruck des politischen Willens zu einer sozialgerechten Raumplanung verstanden werden, welcher die Frage der Allgemeinwohlorientierung und Umverteilung stellt und eindeutig regelgeleitet beantwortet.

Eine Formalisierung von Verhandlungspraktiken und Festlegung von Verhandlungsergebnissen ist also möglich. Auch in Großbritannien ist ein Trend in diese Richtung zu beobachten. Jüngere Entwicklungen zeigen, dass sich die Mechanismen zur Abschöpfung des Planungsmehrwerts von freiwilligen lokalen Initiativen, die individuell verhandelt werden, zu einer nationalen Politik mit angeordneten Tarifen entwickelt haben (Planungszuwachsvereinbarungen). Diese Verpflichtung erfährt aufgrund der zunehmenden Knappheit öffentlicher Gelder für Infrastruktur und bezahlbaren Wohnraum immer weitere Verbreitung (Crook et al. 2016: 269). Damit zeigt sich beispielhaft das ‚Politische‘ in Aktion. Die reine Privatnützigkeit des Eigentums an Grund und Boden wird partiell in Frage gestellt und ein erheblicher öffentlicher Anteil des Bodenwertzuwaches (ein-)gefordert.

2. Schaffung öffentlicher Infrastrukturen: Zweitens kann die Schaffung von Infrastrukturen und sozialen Einrichtungen als Zeichen der politisierenden Kraft des Planungsinstruments verstanden werden. Die Stadt München präsentiert diesen etablierten Mechanismus in ihrer Selbstdarstellung als Vorbild für andere Städte in Deutschland wie auch international. Sie gibt in ihrer Selbstdarstellung an – andere Quellen stehen mangels Forschung hierzu nicht zur Verfügung –, dass zwischen 1994 und Dezember 2016 insgesamt 1.415 Hektar Bauland nach dem Prinzip der sozial gerechten Bodennutzung (SoBoN) neu erschlossen und 50.170 neue Wohnungen errichtet wurden, von denen 13.950 öffentlich gefördert sind (Staubinger 2013; Landeshauptstadt München 2017). Im gleichen Zeitraum sind insgesamt über 15.000 Kita- und Schulplätze finanziert worden; circa 600 Millionen Euro sind vom privaten Sektor für die Errichtung von Verkehrs- und Grünflächen sowie Planungskosten übernommen worden und etwa 3 Millionen Quadratmeter Grundstücksflächen zur öffentlichen Nutzung unentgeltlich abgetreten worden.

Diese relativ hohen Erfolgszahlen wirken zunächst beeindruckend. Aber auch hier ist ein kritischer Blick nötig. Axel Markwardt, Kommunalreferent der Stadt München, erklärt im Rahmen einer Anhörung im Berliner Abgeordnetenhaus mit Bezug auf den Umfang der Verpflichtungen: „[Es] ist natürlich auch im Konsens mit der Münchener Bauwirtschaft festgelegt worden, denn wir täten uns sehr schwer, gegen die Münchener Bauwirtschaft solche Spielregeln in die Welt zu setzen“ (Abgeordnetenhaus Berlin 2013: 12). In diesem Satz wird deutlich, wie sehr Interessen der Bauwirtschaft berücksichtigt wurden und wie stark deren Macht innerhalb der staatlichen Planungsregularien verankert ist. Es zeigt sich, dass das Instrument in einem komplexen politischen Feld verortet ist, in dem die ökonomischen Interessen schon auf die Produktion des Instruments selbst einen großen Einfluss ausüben. Dies kann einerseits als Schwäche der staatlichen Akteur_innen analysiert werden, die hauptsächlich einen Konsens anstreben, andererseits auch als Stärke der Planer_innen, in diesem Kontext überhaupt eine solche (Eingriffs-)Regelung erwirken zu können.

Während es kaum wissenschaftliche Literatur gibt, die solche Zahlen wie auch tiefergehende sozialräumliche Effekte der Beteiligung der Grundeigentümer_innen an den Folgekosten evaluiert, feiert die graue Literatur das quantitative Ergebnis der SoBoN in München als Indiz eines rationalen und gerechten Wesens der bestehenden Planungspraxis. Tatsächlich, so kann man argumentieren, ist es beeindruckend, wie es der Landeshauptstadt München seit 1994 kontinuierlich gelingt, grundlegend in die Privatnützigkeit der Eigentumsrechte privater Grundbesitzer_innen einzugreifen und eine Abschöpfungsquote des Planungsmehrwerts von 70 Prozent festzulegen (und zu erreichen). Wir deuten diesen in München praktizierten Eingriff in den Bodenmarkt explizit als eine Politisierung der Planungspraxis in Richtung einer Allgemeinwohlorientierung. Dies geschieht auf Grundlage eines agonistischen Impetus zur Beschneidung der Profitrate privater Grundbesitzer_innen beziehungsweise einer Durchsetzung der sozialen Verpflichtung von Eigentum.

3. Soziale Mischung: Drittens ist das Erreichen einer kleinräumigen sozialen Mischung als anerkanntes – wenn auch wissenschaftlich keineswegs unumstrittenes (Bridge et al. 2012, Blokland 2017) – planerisches Ziel der Planungsmehrwertabschöpfung ein wichtiger Aspekt innerhalb des Arguments für eine (re-)politisierende Planung. In England ist die Mobilisierung von privatem Kapital für Wohnraum ein kontrovers diskutiertes Thema, insbesondere seit der neoliberalen Privatisierungswelle des Sozialwohnungsbaus in der Thatcher-Ära ab den 1970er Jahren bis in die New-Labour-Politik der 2000er hinein (Hodkinson 2011: 912). Deshalb wird im englischen Diskurs weniger über den Erhalt oder die Förderung des sozialen Wohnungsbaus (council housing) diskutiert als über ‚bezahlbare‘ Mieten und Wohnungen generell. Trotz oder auch gerade wegen dieses Prozesses der Transformation des sozialen Wohnungsbaus wirft ein Großteil der britischen Literatur ein positives Licht auf die Bereitstellung von Sozialwohnungen beziehungsweise bezahlbarem Wohnraum durch privates Kapital mittels des Planungswertzuwachses (planning gain) (Brownhill et al. 2015: 4). Gerade vonseiten städtischer Aktivist_innen gibt es jedoch durchaus kritische Stimmen, die darauf hinweisen, dass S106 eher als Deckmantel für Regeneration genutzt werde, als wirklich zum Ziel zu haben, der Wohnungskrise entgegenzutreten[8]. Planungsregelungen würden intransparent gehandelt und nicht durchgesetzt, sodass Entwickler_innen nun Profite genießen, die sogar höher sein können als noch vor der Krise 2008 – eine Dynamik die, laut dem Journalisten Oliver Wainwright, wenig überraschend ist: „None of this should come as a surprise […] [given] London’s regenerative steamroller, which continues to crush council estates and replace them with less and less affordable housing.“ (Wainwright 2015)

Eine zentrale Besonderheit der Planungsmehrwertabschöpfung als Instrument besteht in dem dezidiert sozialräumlichen Ansatz. Durch die Projektbezogenheit des Instruments trägt es in den Kommunen zur Produktion von sozial gemischten Quartieren bei, in denen Bevölkerungsgruppen unterschiedlichen sozialen Status quasi Tür an Tür wohnen. Essenziell ist hier das Verständnis von ‚nebeneinander‘. In der sogenannten ‚Poor-Door‘-Debatte machen Studien deutlich, dass, auch wenn ein Anteil von Sozialwohnungen in ein hochpreisiges Gebäude integriert wird – etwa durch das nationale S106-Gesetz oder das Münchner Instrument SoBoN –, oftmals ein separater Eingang oder sogar ein abgetrenntes Treppenhaus für die verschiedenen Anwohnergruppen den direkten sozialen Kontakt einschränkt und letztlich zu sozialräumlicher Segregation führt (für eine detaillierte Diskussion siehe Meubrink 2016). Jedoch bleibt auch hier, angelehnt an Harveys Aufforderung an die Linke, pragmatischer zu sein, die Frage: Was ist innerhalb des bestehenden Planungssystems eine greifbare Alternative?

Austin et al. (2014) demonstrieren, dass S106 in Großbritannien in der Herstellung von bezahlbarem Wohnraum zunehmend effektiv ist, was vor allem während der Wachstumsjahre der frühen 2000er galt: 2006/2007 war S106 verantwortlich für 65 Prozent aller neu geschaffenen ‚bezahlbaren‘ Wohnungen. In Bezug auf London gibt es hingegen eine verbreitete öffentliche Diskussion, die kritisch argumentiert und den als ‚bezahlbar‘ oder ‚erschwinglich‘ definierten Wohnraum (Department for Communities and Local Govenment 2012) immer noch als unbezahlbar für viele charakterisiert. Gerade am Beispiel von London oder München als Städten mit hochpreisigen Immobilienmärkten wird deutlich, wie relativ der Begriff ‚bezahlbarer‘ Wohnraum ist: „[T]he term ‚affordable housing’ is used in such a wide variety of ways by those people in positions of power in relation to housing provision, such as politicians, property developers and planners, that it means just what they want it to mean“ (Watt 2011: 3). Obwohl dieses Urteil aufzeigt, dass nicht hauptsächlich die Schwächsten der Gesellschaft von S106 profitieren, sondern vielmehr diejenigen mit mittlerem Einkommen, wird das britische System, insbesondere im internationalen Vergleich, als progressiv dargestellt (Whitehead 2007) und auf eine politische Agenda hingewiesen, die die Bereitstellung von Wohnraum dezidiert als öffentliche, politische und planerische Aufgabe betrachtet.

Der Deutsche Städtetag (2013: 16) zieht eine direkte Verbindung zwischen einer Abschöpfung des Planungsmehrwerts, sozialem Wohnungsbau und dem Herstellen der sozialen Mischung. Auch wenn räumliche Nähe nicht unbedingt soziale Nähe bedeutet und sozial gemischte Quartiere segmentierte Lebenswelten enthalten (Blokland et al. 2016, Blokland 2017), lautet die Behauptung doch, dass sozialgerechte Bodennutzung eines aus einer Palette von Instrumenten ist, um sozialen Zusammenhalt kleinräumig zu ermöglichen, wenn nicht zu fördern. Obwohl es keine empirische Forschung gibt, um diesen Ansatz valide zu belegen, weisen die knapp 11.000 öffentlich geförderten Wohnungen, die in München durch SoBoN entstanden, auf das Potential für projektbezogene, kleinräumige soziale Mischung auf Blockebene durch die Abschöpfung des Planungsmehrwerts hin.

7. Was tun? Ein Ansatz für die derzeitige Wohnungsfrage

Raumplanungsprozesse sind heute mehr denn je Orte sozialer Aushandlung, in denen zu Teilen fundamentale Fragen der Sozialpflichtigkeit von Eigentum und sozialräumliche Gerechtigkeit verhandelt werden. In diesem Beitrag haben wir gezeigt, dass die Abschöpfung des Planungsmehrwerts am Beispiel Deutschlands und Großbritanniens in diesem Kontext sowohl als postpolitische wie auch als politische (bzw. repolitisierende) Praxis gedeutet werden kann. Das planungspraktische Instrument selbst (die Abschöpfung des Planungsmehrwerts) wird erst durch soziale Auseinandersetzungen vor Ort in den einzelnen Kommunen wie beispielsweise München oder Berlin lokalspezifisch ausgehandelt und produziert.

Bei diesen Aushandlungen müssen Konflikte innerhalb des Planungsprozesses bearbeitet werden, diese werden aber zu Teilen „vorsichtig choreographiert“ (Allmendinger/Haughton 2012: 89). Zieht man den historischen Kontext der rigorosen Landnutzungsdebatten und die fünf konkreten, gescheiterten Versuche in Großbritannien seit 1909 heran, eine Bodenwertzuwachssteuer einzuführen (Bill 2013: 4), scheint die Interpretation einer ‚vorsichtig choreographierten‘ Planungspraxis, die sensibel darauf angelegt ist, Konflikte mit Investor_innen und Landbesitzer_innen konsensorientiert zu lösen, gewiss plausibel. Es wäre falsch zu leugnen, dass es ein zentrales Ziel der Planungspolitik zur Abschöpfung des Planungsmehrwerts ist, eine Einigung zwischen den verschiedenen gesellschaftlichen Akteur_innen zu erreichen.

Trotzdem ist die bestehende Planungspraxis auch ein Hoffnungsraum im Sinne von David Harveys ‚spaces of hope‘, in dem Politik, Konflikt und Dissens weiterhin vorzufinden sind – insbesondere, wenn man bedenkt, dass, wie im Falle Münchens, der Großteil des Bodenwertzuwachses (70 Prozent) für gesellschaftliche, gemeinwohlorientierte Zwecke abgeschöpft wird und auf vom Stadtparlament, also demokratisch festgelegten, Prozentsätzen basiert. Das Instrument der Planungsmehrwertabschöpfung funktioniert nur innerhalb – und mit – ökonomischen Wachstumszyklen, indem es vorhandene Profite privater Grundstücksbesitzer_innen druckvoll beschneidet. Es ist keine revolutionäre Lösung der Wohnungsfrage im Sinne Friedrich Engels‘. Jedoch kann die Planungsmehrwertabschöpfung als ein wertvolles Instrument heutiger Planung gelten, das angesichts der neuen Wohnungsfrage in Städten hilft, in dynamischen Wohnungsmärkten im Neubausegment bezahlbaren Wohnraum im Kontext der Preisspirale zu sichern.

Darüber hinaus bietet das Instrument sowohl einen Ansatzpunkt, um Dynamiken der Bodenpreisentwicklung kritisch zu reflektieren als auch dafür, einen gezielten Fokus auf die soziale Verpflichtung des Eigentums von Grund und Boden zu legen. Wenn es in Zeiten zunehmend internationaler Immobilienspekulation gelingt, in immer mehr Städten (in Deutschland) das Instrument der Abschöpfung des Planungsmehrwerts zu etablieren, verweist das auf eine wachsende Infragestellung der Selbstverständlichkeit, mit der Grundstücksbesitzer_innen die reine Privatnützigkeit ihres Eigentums reklamieren. Privater Grundbesitz wird heute (wieder) dazu verpflichtet, mehr zur öffentlichen Entwicklung beizutragen – dies bezeichnen wir als Repolitisierung.

Insgesamt betrachtet, befinden wir uns in einer von Hybridität und Ambivalenzen geprägten Situation. Deshalb, so argumentieren wir, wird ein rein binäres Verständnis des Politischen und des Postpolitischen, wonach ein Pol den anderen ausschließt, der aktuellen Planungspraxis nicht gerecht. Vielmehr sind Tendenzen der Depolitisierung beziehungsweise des Postpolitischen ebenso zu beobachten wie auch Tendenzen der Repolitisierung und damit des Politischen. Folglich muss die Stadtforschung einen neuen konzeptionellen Analyserahmen entwickeln, der die wissenschaftliche Fähigkeit befördert, die Komplexität gegenwärtiger Planungspraktiken präzise zu beschreiben und gerade das relationale Verhältnis von privatem Eigentum und öffentlichem Planungsrecht, von Profit und Planungsmehrwert, von formalisierten Prozessen und informellen Verhandlungen besser zu verstehen.

Denn es hilft wenig, sich mit Eric Swyngedouw in eine konzeptionelle Ecke der Tatenlosigkeit zu setzen und einen vermeintlich alles überbordenden, postpolitischen Zustand rein akademisch zu beklagen. Eine monolithische, postpolitische Analyse wirkt so nur als postpolitische Falle, also als „post-political trap“ (Beveridge/Koch 2017: 31). Dies vor allem, weil sie, statt weitere Handlungsmöglichkeiten zu eröffnen, im theoretischen (Vor-)Urteil nur pauschal jede praktische Alternative verneint.

In dieser Situation bietet David Harvey einen interessanten, alternativen Analyserahmen. Die Veränderung seines eigenen theoretischen Standpunkts im Laufe der Zeit erinnert uns an die Verantwortung wissenschaftlichen Arbeitens dafür, einen gewissen Optimismus zu erhalten (Harvey 2015: 280). In David Harveys eigener Auslegung ist es auch die Rolle der Wissenschaft, ‚Räume der Hoffnung‘ zumindest diskursiv zu nähren (Harvey 2000). Auch Žižek zeigt auf, wie wichtig es ist, dass kritische Theorie konstruktiv gesellschaftliche Praxis ermutigt – beziehungsweise wie entmutigend die postpolitische Analyse wirkt und so in ihrer politischen Bedeutung versagt (Žižek 2012: 107, zitiert nach Davidson/Iveson 2015: 546).

Es kommt (uns) also darauf an, eine theoretische Position zu entwickeln, die auch praktisch fruchtbar ist. Denn gerade die alte und neue Wohnungsfrage zwingt zu einem politischen Pragmatismus: „We seem to be going round in circles, pushing up against the same limits time and time again […]. [A]ny alternatives seem desirable and worth pursuing in the here and now, regardless of their impact on capitalist social relations.“ (Hodkinson 2012: 435 f.) Diese Einladung, Alternativen nachzugehen und konkrete Projekte zu verfolgen schwingt auch in Peter Marcuses Aufruf, „to tighten the noose around one sector at a time“ (2012: 39). Politischer Wandel wird möglich, wenn wir uns pragmatische und handhabbare Wege zu gehen erlauben. In diesem Sinne kann die Abschöpfung des Planungsmehrwerts angesichts der neuen Wohnungsfrage und zunehmender Segregation in den Städten als ein Raum der Hoffnung gesehen werden. Die Planungspraxis hat das Potenzial, die Frage des Eigentums von Grund und Boden und seine Privatnützigkeit wieder zu politisieren, indem sie um die Abschöpfung des Planungsmehrwerts mit privaten Grundstücksbesitzer_innen ringt und sich Stadtparlamente klare Regeln der Verhandlung geben.

Nur mit einer dialektischen theoretischen Analyse, welche die Gleichzeitigkeit von Politischem und Postpolitischem, die Parallelität formeller und informeller (Verhandlungs-)Prozesse und das simultane Wirken vom Schutz der Eigentumsrechte sowie dem Angriff der öffentlichen Hand auf den privaten Profit erfasst, können wir aktuelle Planungspraktiken konzeptionell begreifen und praktisch einen gesellschaftlichen Wandel für mehr soziale Mischung, mehr Inklusion und räumliche Gerechtigkeit ermutigen.

In diesem Beitrag konnten wir bisher nur auf Literaturanalysen zurückgreifen. Empirische Studien zur Abschöpfung des Planungsmehrwerts im deutschsprachigen und internationalen Raum existieren kaum. Bisher liegen vor allem Selbstbeschreibungen der kommunalen Praxis in Form von grauer Literatur vor. In den existierenden Berichten fehlt daher eine systematische Untersuchung der Strategien, Mechanismen, Akteur_innen und Netzwerke, um tiefergehend die Verhandlungsdynamiken der Planungsmehrwertabschöpfung zu verstehen. Auch die sozialräumlichen Folgen dieser Planungspraktiken in den Städten sind bisher kaum untersucht.

Betrachtet man das große Desiderat an empirischer Forschung zu diesem Thema und die hohe praktische Notwendigkeit, Lösungen für den drängenden wohnungspolitischen Problemkreis in den Städten zu finden, so betrachten wir unseren Beitrag als Einladung zur gemeinsamen Diskussion. Insbesondere fehlt es an systematischer und vergleichender Forschung (Alterman 2012: 2). Nur mit methodologisch versierten Studien wird es gelingen, eine solide wissenschaftliche Basis für eine umfassende Analyse zu legen und eine darauf basierende Weiterentwicklung innovativer Lösungen zur Wohnungsfrage zu entwickeln. Deshalb sind gründliche empirische Untersuchungen erforderlich, um die von uns postulierte Dialektik von Politischem und Post-Politischem besser zu verstehen und so in der Folge diskursiv und praktisch weitere Räume der Hoffnung zu öffnen. Denn es ist die Aufgabe der Stadtforschung, urbane Räume nicht nur zu verstehen, sondern durch die eigene Analyse dazu beizutragen, hoffnungsvolle Perspektiven für deren Entwicklung zu ermöglichen.

Endnoten

Autor_innen

Die Geographin Ilse Helbrecht beschäftigt sich mit europäischen Wohnungsmärkten, Fragen der Stadtentwicklung und Planungspolitik.

ilse.helbrecht@geo.hu-berlin.de

 

Francesca Weber-Newth ist Stadtforscherin und Soziologin. Sie beschäftigt sich mit den Themen Wohnen, Kultur und Community Development in der Stadtentwicklung.

francesca.weber-newth@hu-berlin.de

Literatur

Abgeordnetenhaus Berlin (2013): Wortprotokoll 31. Sitzung, 31. März 2013. https://www.parlament-berlin.de/ados/17/Haupt/protokoll/h17-031-wp.pdf (letzter Zugriff am 29.3.2017).

Achtenberg, Emily / Marcuse, Peter (1986): The Causes of the Housing Problem. In: Rachel Bratt / Chester Hartman / Ann Meyerson (Hg.), Critical Perspectives on Housing. Philadelphia: Temple University Press, 4-12.

Allmendinger, Phil / Haughton, Graham (2012): Postpolitical spatial planning in England: a crisis of consensus? In: Transactions of the Institute of British Geographers 37/1, 89-103.

Altermann, Rachelle (2009): Can the ‚unearned increment‘ in land values be harnessed to supply affordable housing? Vortrag der United Nations Human Settlements Programme (UN-HABITAT). http://alterman.web3.technion.ac.il/files/publications/UN_HABITAT.pdf (letzter Zugriff am 9.1.2017).

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