Finanzialisierung der Hypotheken- und Bodenmärkte: Macht der Staat das Wohnen teuer?

Sammelrezension zu: Manuel B. Aalbers (2016): The Financialization of Housing und: Anne Haila (2016): Urban Land Rent.

Sabine Dörry

Das Recht auf Wohnen ist elementar. Es wurde nicht nur in der Weimarer Verfassung von 1919 formuliert, es schlägt sich seitdem ebenso in nationalen und internationalen Verfassungen und Chartas nieder. Wie in anderen Ländern auch, wird Wohnen in Deutschland jedoch zunehmend zum Luxus und mutiert zu einem immer komplexeren Wirtschaftsgut. Wachsende Wohnungsnot und steigende Mieten bestimmen trotz politischer Gegenmaßnahmen – zum Beispiel der Mietpreisbremse – noch immer das Geschehen in vielen deutschen Städten und verschärfen so die soziale Lage vor allem für Geringverdienende. Wohnungsbau ist dort, wo er am dringendsten gebraucht wird, oft am schwierigsten umzusetzen und trifft auf den Widerstand bestehender privater Interessen. Zudem schrumpft der Bestand an Sozialwohnungen weit(er)hin; an der staatlichen Förderung für den sozialen Wohnungsneubau verdien(t)en die Bauunternehmen und Banken kräftig mit. Jüngst überstieg auch die traditionell niedrige Immobilieneigentumsquote in Deutschland erstmals die 50 Prozentmarke (vgl. Eurostat 2016). Die Finanzierung von privatem Wohneigentum ist für die leihenden Banken ein lukratives Geschäft, vor allem wenn diese ihre verbrieften Wohnungskredite profitabel auf den Finanzmärkten handeln können, wo Nicht-Banken und andere Finanzinstitutionen mitverdienen. Ilia Farahani und Eric Clark (2016) sprechen in diesem Zusammenhang von einer Rückkehr der Rentenökonomie, in der das Finanzkapital spekulatives rent seeking auf den Immobilienmärkten betreibe. Dadurch würden die fiktiven Kapitalkreisläufe – unterstützt durch Instrumente und Logiken der Finanzialisierung – letztlich dauerhaft aufgebläht (vgl. Harvey 1985; 2002, Marx 2008 [1894]). Vor diesem Hintergrund mahnt auch Adair Turner (2016) an, dass für die Stabilität der (inter-)nationalen Finanzmärkte Immobilienbesteuerung und andere Stadtentwicklungspolitiken ebenso wichtig seien wie die technische Exaktheit der Finanzmarktregulierung und die Zinsentscheidungen auf den Kapitalmärkten.

Wie sind diese Phänomene zu erklären? Um die komplexe Beziehung zwischen Finanz-, Wohnungs- und Bodenmärkten – sowie um deren ideologisch gefärbten Hintergründe und daraus ableitbare politische Maßnahmen – drehen sich zwei neue Monografien, vorgelegt von Manuel B. Aalbers (2016) und Anne Haila (2016). Beide Werke argumentieren empirisch vergleichend, beide sind konzeptionell angelegt und beide fordern etablierte ökonomische Denkkorsette und gängige Politikmaßnahmen intellektuell gleichermaßen heraus. Überdies ergänzen sich Aalbers’ und Hailas Argumente, wie vorherrschende Finanzialisierungslogiken und -praktiken die politischen Ökonomien der nationalen Wohnungs- und Bodenmärkte in den vorrangig westlichen kapitalistischen Gesellschaften beeinflussen. Haila zeigt im Kern, dass es die Hauspreise – und zukünftig erwartete Einnahmen aus Miete und Verkauf – sind, die die Bodenpreise spekulativ steigen lassen, während Aalbers die zunehmende Finanzialisierung der Häuserdarlehen in den Mittelpunkt seiner Ausführungen stellt. Beide sehen in der Bodenrente die Ursache für spekulative Investitionen auf dem Wohnungsmarkt, da Grund und Boden als fester Vermögenswert mit steigenden Renditeerwartungen von den finanzierenden Instituten als Kollateralwert akzeptiert werde.

Im Einzelnen beginnt Aalbers mit der Beobachtung, dass es in den letzten Jahrzehnten zu fundamentalen institutionellen Veränderungen in der Wohnungspolitik vieler westlicher Staaten gekommen sei, die ihren Ausgangspunkt in der Verquickung von Prozessen der Privatisierung und Finanzialisierung genommen hätten: „Much of the housing policy does not come out of Housing Departments and Ministries [sic!] but out of Commerce, Business and Labour Departments and Ministries or the Treasury [sic!]“ (2016: 10, Anmerk. d. A.). Der Staat sei dabei oft selbst treibende Kraft, wie viele Beispiele zeigen, die Aalbers näher beleuchtet und geschickt miteinander in Beziehung setzt. Diese umfassten etwa staatliche Investitionsanreize in subventionierten Wohnungsmärkten für Banken, den staatlichen Rückzug aus den bezuschussten Wohnungsmärkten und eine damit verbundene steigende Privatverschuldung durch Hypotheken, insbesondere für Familien. Die Banken reiben sich die Hände. Aalbers identifiziert und diskutiert, wie die Banken von einer steigenden Darlehensvergabe profitierten und wie diese verbrieften Hypotheken gleichwohl gewinnträchtig auf den Finanzmärkten gehandelt und deren Risiken auf andere Marktteilnehmer abgewälzt würden. Er verknüpft auf diese Weise nicht nur die globalen Finanz- mit den nationalen Wohnungsmärkten, sondern diskutiert auch das zunehmende capital switching (vgl. Harvey 1985) zwischen der Realökonomie und den zahlreichen fiktiven Kapitalkreisläufen, für das die Wohnungsmärkte als Scharnier und Ventil gleichermaßen fungierten. Allerdings folgert Aalbers – anders als Harvey –, dass eine Verschiebung aus dem Produktiv- in den Immobiliensektor so nicht (mehr) zu beobachten sei. Vielmehr habe das Finanzkapital, in der Summe so unvorstellbar hoch, dass Aalbers mit dem treffenden Begriff wall of money arbeitet, verschiedene Quellen und Dynamiken in einer inzwischen etablierten Finanzlandschaft außerhalb des Produktivsektors angezapft. Die Finanzlandschaft manifestiere sich über eine Vielzahl traditioneller und ‚innovativer’ Finanzinstrumente. Erst der Hypothekenmarkt und die damit verbundenen Finanzierungsinstrumente bildeten die Voraussetzungen dafür, dass die nationalen Wohnungsmärkte die Überliquidität aus den Finanzmärkten, das heißt die Anlage suchende wall of money, überhaupt aufnehmen könnten. Aalbers veranschaulicht folgenden Zusammenhang besonders eingehend: Je exzessiver die Liquidität auf den Wohnungsmärkten, desto anfälliger würden die Wohnungsmärkte für spekulative Blasenökonomien und – infolge von realisierten Wohnpreissteigerungen – für Gentrifizierung und soziale Selektion. Die Finanzialisierung der Wohnungswirtschaft erstrecke sich jedoch nicht mehr nur auf private Wohnungsmärkte, sondern zunehmend auch auf die Mietmärkte, wo private equity-Investoren in subventioniertes Wohnen und Sozialwohnungsbauunternehmen in Finanzderivate investierten.

Haila setzt sich dagegen versiert und kritisch mit der ‚Bodenfrage’ auseinander, das heißt mit den nationalen – und oft historisch angelegten – Unterschieden zwischen nationalen Bodenpolitiken und zwischen der Verteilung des nationalen Bodeneigentums in Beziehung zu den jeweiligen Institutionen, Akteuren und sozialen Formen der Besitzverhältnisse. Sie begründet historisch detailliert, wie und warum eine zunehmend dominierende liberale Ideologie und Politik mit dem Übergang zur Marktwirtschaft auch das Verständnis von Grund und Boden als nunmehr auszubeutendes Wirtschaftsgut geprägt habe. Das Kernargument der Grundrententheorie (rent theory) leitet ihre überzeugende Argumentation, die sie – auf die urbane Dimension fokussiert – vor allem am Beispiel des relativ jungen Stadtstaates Singapur entwickelt. Hier greife der Staat je nach Notwendigkeit heftig und weitreichend in das immobilienwirtschaftliche Marktgeschehen ein. Dies geschehe mit bislang erstaunlich positiven sozialen Folgen, die, Hailas Anliegen nach, auch anderen westlichen Staaten Orientierung für neue Politikansätze bieten könnten: „The [Singaporian] state owns 90 per cent of the land and produces public housing … [h]igh economic growth, [and] a competitive economy“ (Haila 2016: 6).

Sowohl Haila als auch Aalbers suchen neue, belastbare theoretische Zugänge, die sozial gerechtere Wohnungspolitik begründen und die Spekulation auf den Wohnungsmärkten eindämmen (können). Mit diesem inhaltlichen Fokus fordern beide argumentativ stringent die disziplin-imperialistisch, mathematisch-modellierend operierende Zunft der Ökonom_innen, deren vorherrschendes neoklassisch-liberales Marktverständnis sowie die darauf fußende gegenwärtige neoliberale Boden- und Wohnungspolitik heraus.

In ihrer Auseinandersetzung mit der Grundrententheorie kontrastiert Haila kenntnisreich die Rollen der Eigentumsrechte und des Staates in den Denkgebäuden von Hayeks Liberalismus und Keynesianismus. Ökonomen wie John Stuart Mill (1909 [1848]) und Henry George (1920 [1879]) sahen – im Gegensatz zu Adam Smith oder David Ricardo – Grundbesitz nicht als universal und ewig geltend an. Ihrem Verständnis nach sei Pachtzins kein ‚verdientes’ Einkommen und sollte daher mit einer einzigen, allumfassenden Bodensteuer (single tax) zur Finanzierung öffentlicher Ausgaben dem Gemeinwohl zukommen. Karl Marx (1981 [1894]) forcierte mit der Verstaatlichung von Grundbesitz eine weit radikalere Lösung der sozialen Probleme zu Zeiten des ‚Manchesterkapitalismus‘. Nun sind aber Theorien und politische Lösungsansätze immer Kinder ihrer Zeit. Die zunehmende Verstädterung im Zuge der Industrialisierung verstärkte jedoch die Frage nach der Nutzungseffizienz von Boden fortwährend und verknüpft damit die bis heute hochaktuelle Wohnungsfrage.

Mit dem Wandel vom Industrie- zum Finanzkapitalismus spätestens seit den 1980er-Jahren hat sich vorerst die Lesart der marktliberalen Ökonom_innen durchgesetzt, Bodenrente als Abhängigkeitsgröße dem freien, ‚effizienten’ Marktspiel von Angebot und Nachfrage zu überlassen (vgl. Marshall 1956 [1890]). Hierbei wird die zu erzielende Rente aus einer Nutzung (zum Beispiel Eigentumswohnungen oder Büronutzung) mit dem potentiell zu erzielenden Einkommen aus einer alternativen Bodennutzung (zum Beispiel Sozialwohnungen, Industrieanlagen) verglichen. Dieses Verständnis steht der von George (1920 [1879]) geprägten Lesart von zwei separaten Steuersätzen diametral gegenüber. Er propagierte die grundlegende Trennung von Boden- und Gebäudeeigentum, bei der der Staat über ein von ihm kontrolliertes Erbbaurecht die Nutzungseffizienz des Bodens (improvement of land) enorm verbessern würde. Dass dies in der Tat funktioniere, belegt Haila empirisch mit der Fallstudie Singapur. Lassen sich Bodenmärkte tatsächlich politisch steuern? Während Hayek (1945) grundsätzlich an der Fähigkeit des Staates zweifelte, genug zu wissen, um zu planen, und diese Steuerung daher dem Markt und seinem ordnenden Preismechanismus überließ, befürworteten Arthur Cecil Pigou (1912) und John Maynard Keynes (1935) ein korrigierendes staatliches Regulativ, um vor allem negative externe Effekte wie Bodenverschmutzung einzudämmen, die private Eigentümer_innen eben vernachlässigen. Überhaupt hinterfragt Haila die neoliberale Theorie der Eigentumsrechte, die davon ausgeht, dass Eigentümer_innen einer Ressource mit dieser sorgsamer umgingen als ein Nichteigentümer_innen (tragedy of the commons). Dies könne, so Haila, zwar durchaus der Fall sein. Mit Blick auf die städtischen Bodenmärkte und die rasch wachsenden und sich dynamisch anpassenden urbanen Gesellschaften erzeugten Eigentümer_innen jedoch Externalitäten, die nicht zuletzt einer notwendigen Neuentwicklung und modernen Verdichtung von Bodennutzung entgegenwirkten:

„[t]hus… development rights in urban areas should not be individuals’ rights to do as they please with their land, or developers’ rights to speculate. Development rights are different types of rights than, for example, the right to plant an apple tree or the right to sell land. They concern not only an owner of land, but also others and the wider community, and therefore should be coordinated by the municipality. Further, assigning development rights affects the value of real estate and treats site owners unequally. This incites some to speculate and lobby.“ (Haila 2016: 222)

Warum treibt Bodenspekulation Wohnungspreise in die Höhe? Ökonom_innen würden argumentieren, dass das Wohnungsangebot zu knapp sei und mehr Boden für Wohnungsbau die Hauspreise senkte. Es seien aber die Hauspreise, so Haila, die die Bodenpreise anhöben. Miete und Pacht würden mit den Kosten der Produktionsfaktoren verrechnet. Die Hauspreise seien also nicht hoch, weil eine (hohe) Miete gezahlt werde, sondern eine (hohe) Miete werde fällig, weil die Bodenpreise hoch seien. Wenn Projektentwickler teures Land kaufen, sei der Boden der Kostenfaktor, der den Miet-/Kaufpreis der Wohnung bestimme. Auch in diesem Fall seien die Hauspreise nicht hoch, weil eine Miete gezahlt werde, sondern die Miete sei hoch, weil Entwickler den Boden teuer erworben hätten.

Der nationale Kontext, das führen beide Autor_innen empirisch aus, spiele eine zentrale Rolle: sowohl bei der Bewertung der einzelnen Immobilienmärkte als auch für eine Einschätzung ihrer Leistungsfähigkeit und der sie flankierenden Wirtschafts- und Sozialpolitiken. Mit Verweis auf Singapurs einzigartige laborähnliche Bedingungen – Singapur ist zu 100 Prozent urbanisiert und besitzt seit seiner Abtrennung von der Malaysischen Föderation 1965 keine historisch bedingten Eigentumsaltlasten – zeigt Haila, dass der Staat die Möglichkeit besitzt, der Finanzialisierung von Boden wirtschaftlich profitabel entgegenzuwirken und die nationale Wohnungsfrage grundsätzlich sozialverträglich zu beantworten. Der Schlüssel dafür liege in der staatlichen Kontrolle über Grund und Boden, durch die in der ideologischen Tradition von Marx und George Grundstücksspekulation verhindert werden. Singapurs Hypothekenbank verwalte heute 90 Prozent des verfügbaren Bodens in Singapur über ein leasehold-System. Die Höhe des von der Regierung festgelegten Pachtzinses sei stabil und trotze selbst ökonomischen Schwankungen. Singapurs Bodenpolitik, die in von mehreren sich gegenseitig kontrollierenden staatlichen Einrichtungen umgesetzt werde, habe bislang der Machtkonzentrierung zugunsten einer wohlhabenden Minderheit erfolgreich verhindert. Parallel dazu habe der Singapurer Staat 90,1 Prozent seiner Bevölkerung zu Wohnungseigentümer_innen gemacht, die dank steigender Wohnungspreise signifikant an der Wohlstandsentwicklung partizipier(t)en. Anders als viele westliche Staaten propagiere Singapur keinen sozialen Wohnungsbau, der lediglich sozialen Randgruppen zugänglich ist, sondern einen öffentlichen Wohnungsbau. Singapurs Bodenpolitik – eingebettet in ein kapitalistisches Wirtschaftsmodell, unterfüttert mit sozialistischen Ideen bei der Umsetzung – sei weltweit einmalig. Historisch sei sie von der europäischen und asiatischen Welt aus dem 19. und 20. Jahrhundert inspiriert, die Staatsgründer Lee Kwan Yew an der London School of Economics eingehend studiert habe. Darüber hinaus übe der Staat zwar Kontrolle über Grund und Boden aus, öffentliche und private Immobilienentwickler arbeiteten unter diesen Bedingungen aber hochprofitabel. Insgesamt wertet Haila Singapurs Lösung der Wohnungsfrage als überaus erfolgreich. Sie unterliegt jedoch keineswegs der naheliegenden Versuchung, Singapur als Blaupause für andere Länder zu reklamieren. Haila argumentiert stattdessen klug für länder- und kontextspezifische Untersuchungen, für die Singapur wichtiger Impuls- und Ideengeber mit Benchmark-Potenzial sein könne.

Aalbers analysiert die finanzialisierten Häusermärkte fallbezogen, indem er sie – anders als im Mainstream der Wirtschaftswissenschaften – umsichtig und geschickt in ihre jeweiligen spezifischen sozialen und politischen Kontexte einbettet. Auf Wohnungsmärkten, auf denen der Staat – im Gegensatz zu den Privateigentümer_innen – oft historisch bedingt nur noch geringe Teile an Grund und Boden kontrolliere, müsse die Finanzialisierung – laut Autor – mit alternativen Maßnahmen begrenzt werden. Aalbers Überlegungen basieren vor allem auf den Exzessen der gescheiterten finanzialisierten, neoliberalen Wohnungspolitik in vielen westlichen Ökonomien, für deren wenige Gewinner_innen und viele Verlierer_innen er nicht zuletzt den versteckten Wohlfahrtsstaat (hidden welfare state, siehe Howard 1999) verantwortlich macht. Steuererleichterungen und staatliche Garantien des Wohlfahrtsstaates verbesserten unter anderem insbesondere den Zugang der sozialen Mittelschicht und höheren Einkommensklassen zu Wohneigentum. Dagegen seien nicht nur die Menschen der unteren Einkommensschichten bei den politischen Wohlfahrtsmaßnahmen vergessen worden, sondern auch die Haus- und Mietpreise seien in die Höhe geschossen und für Letztere unerschwinglich. Muss es also privatisiertes, kommodifiziertes, finanzialisiertes Wohnen wirklich geben? Aalbers schlägt unaufgeregt und präzise vor, dem hidden welfare state auf den neoliberalisierten Wohnungsmärkten ein Modell des öffentlichen Wohnens entgegenzusetzen. Denn resümierend sei es der Staat, der (verzerrte) Anreize für eine Wohnungspolitik setze, die Finanzialisierung ermögliche, einen Nachfrageüberhang mit steigenden Preisen auf den Wohnungsmärkten schaffe und Kapital immer mehr Kapital auf den Wohnungsmärkten nachfragen lasse:

„… house prices are not primarily driven by the development of the demand and supply of housing units (although they can surely make a difference of secondary order) but rather by the demand and supply of finance to both housing consumers (primarily in the form of mortgage loans) and housing producers (through a range of financial instruments to real estate developers, construction firms and different types of landlords).“ (Aalbers 2016: 110)

Aalbers schließt sein Buch mit einem umsichtigen Manifest für Maßnahmen zur Förderung eines gerechteren Wohnungsmarktes, das er aus seiner empirischen Analyse verschiedener westlicher Wohnungsmärkte ableitet. Diesbezügliche Maßnahmen beinhalten insbesondere eine stärkere Einbeziehung der unteren Einkommensschichten in staatliche Wohnungsförderung, um die de facto Subventionierung besser gestellter Einkommensgruppen durch fiskalische und steuerliche staatliche Unterstützung in den öffentlichen und sozialen Wohnungsbau umzulenken. Auch die Förderung alternativer Wohnformen – bei denen Wohnen als soziales Gut und nicht als handelbare Ware und Finanzvermögen verstanden werde und somit den Nutzwert des Wohnens über seinen Tauschwert stehe – zählt Aalbers dazu. Zudem müsse politisch eine Neuregulierung des Hypothekenmarkts sowie eine restriktivere Kreditvergabe – gekoppelt an die Höhe des individuellen Einkommens – durchgesetzt werden.

Die Grundstücks- und Wohnungsmärkte müssen zusammengedacht werden, das verdeutlichen beide Autor_innen trotz ihrer unterschiedlichen, aber sich ergänzenden Schwerpunktsetzung. Für eine zukunftsweisende, gerechtere Wohnungspolitik offerieren beide Werke interessante Denkanstöße abseits des Hayekschen Liberalismus, auf dessen Grundlage sich viele westliche Bodenmärkte – und, wie gezeigt, Wohnungsmärkte – historisch entwickelten. Hier nun, angesichts des zunehmenden gesellschaftlichen Auseinanderdriftens, ideologisch und politisch neue Impulse zu setzen, dafür machen beide Autor_innen spannende Angebote. Es ist an uns, diese zu nutzen und zu diskutieren.

Autor_innen

Sabine Dörry beschäftigt sich u. a. mit Fragen des Zusammenspiels von Wohn- und Büroimmobilienmärkten, sowie den relationalen Logiken von Finanzzentren.

sabine.doerry@liser.lu

Literatur

Aalbers, Manuel B. (2016): The Financialization of Housing. London: Routledge.

Eurostat (2016): Wohneigentumsquoten in ausgewählten europäischen Ländern im Jahr 2015. Luxembourg: Eurostat.

Farahani, Ilia / Clark, Eric (2016): Financialisation of Built Environments: Urban Governance, Social Geographies, and Sustainability. Lund: Lund University.

Haila, Anne (2016): Urban Land Rent. Singapore as a Property State. Chichester: Wiley Blackwell.

Harvey, David (1985): The Urbanization of Capital. Studies in the History and Theory of Capitalist Urbanization. Baltimore, Maryland: The John Hopkins University Press.

Harvey, David (2002): The Art of Rent: Globalisation, Monopoly and the Commodification of Culture Socialist Register, 38. http://socialistregister.com/index.php/srv/article/view/5778/2674#.WRGvL2mGPIU (letzter Zugriff am 3.3.2017).

Hayek, Friedrich August von (1945): The use of knowledge in society. In: The American Economic Review 35/4, 519-530.

Howard, Christopher (1999): The Hidden Welfare State: Tax Expenditures and Social Policy in the United States. Princeton, New Jersey: Princeton University Press.

Keynes, John Maynard (1935): The General Theory of Employment, Interest and Money. London: Palgrave MacMillan.

Marshall, Alfred (1956 [1890]): Principles of Economics. London: Macmillan.

Marx, Karl (2008 [1894]): Das Kapital. Kritik der politischen Ökonomie. Berlin: Dietz Verlag.

Mill, John Stuart (1909 [1848]): Principles of Political Economy. London: Grenn and Co.

Pigou, Arthur Cecil (1912): Wealth and Welfare. London: Macmillan and Co.

Turner, Aidar (2016): Between debt and devil. Money, credit, and fixing global finance: Princeton/Oxford: Princeton University Press.