Urban policy mobilities und globale Produktionsnetzwerke

Städtische Planung in Chile als Legitimationsinstanz extraktiver Industrien

Michael Lukas, Andreas Brück

1. Einleitung

Nachdem lateinamerikanische Städte über Jahrzehnte eher für die negativen Auswüchse der Megaurbanisierung auf dem „Planeten der Slums“ (Davis 2006) standen, gelten sie seit einigen Jahren als Hoffnungsträger für die Entwicklung von zukunftsweisenden Strategien der nachhaltigen Stadtentwicklung (McGuirk 2014) [1]. In diesem Zusammenhang fanden das siebte World Urban Forum 2014 in Medellín, Kolumbien, und 2016 die globale Konferenz der Vereinten Nationen zu Menschlichen Siedlungen (Habitat III) in Quito, Ecuador, statt. 2016 bekam Medellín, lange Zeit der Archetyp einer von Gewalt und Drogenkriminalität geprägten Stadt, den Lee Kuan Yew World City Prize zugesprochen, der in Urbanistenkreisen als der ‚Nobelpreis für Städte‘ bekannt ist, während der chilenische Architekt Alejandro Aravenaim im selben Jahr den Pritzker-Preis erhielt, den ‚Nobelpreis für Architektur‘. Während Medellín heute für einen „Sozialen Urbanismus“ steht (Brand/Davila 2013), ist Aravena in erster Linie für innovative Projekte des sozialen Wohnungsbaus in Chile bekannt. Darüber hinaus war er 2010 maßgeblich an der Entwicklung eines Masterplans zum Wiederaufbau der von einem Erdbeben und Tsunami verwüsteten Stadt Constitución im Süden des Landes beteiligt. Von internationalen Medien wurde Aravena in diesem Kontext als neue Hoffnung einer sozial orientierten Architektur gefeiert, als ein „Architekt für die Armen“ (Deutschlandfunk Kultur, 4.4.2016), der durch die „Kraft der Visionen“ „ganze Städte“ neu errichte (Kopf 2016) oder gar ein „Land wieder aufbaue“ (Kimmelmann 2016). Ein weiteres Beispiel für die oft überschwängliche Rezeption lateinamerikanischer Städte in der globalen Diskurslandschaft zu Fragen der innovativ-nachhaltigen Stadtentwicklung ist das Buch Radical Cities. Across Latin America in Search of a New Architecture des Journalisten und Architektur-Kritikers Justin McGuirk (2014). Basierend auf Recherchen in Mexico City, Medellín, Bogotá, Santiago de Chile, Rio de Janeiro und Caracas und anderen sieht McGuirk in Lateinamerika eine neue Generation von „Aktivisten-Architekten“ (ebd.: 29) [2] am Werk, welche ein „kontinentales Reformprogramm“ (ebd.: 25) vorantreibe und ein „neues städtisches Repertoire“ (ebd.: 25) entwickle, dass die soziale Frage in den Mittelpunkt stelle und dabei intelligent, flexibel und partizipativ vorgehe.

In diesem Beitrag schauen wir am Beispiel Chiles hinter die Kulisse der Heroisierung einzelner Städte, Architekt_innen und Planer_innen als Hoffnungsträger_innen nachhaltiger und partizipativer Stadtentwicklung. Wir zeigen auf, wie die systematische Produktion von BestPracticeModellen der städtischen Intervention sowie der internationalen Reputation einzelner Stararchitekt_innen und Planer_innen (wie etwa Alejandro Aravena) eingebunden ist in globale Netzwerke multinationaler Unternehmen der Ressourcenextraktion[3], die auf dem Feld der städtischen Planung ihre gesellschaftliche Legitimationsbasis zu verbessern suchen. Dieser Zusammenhang der städtischen Planung mit den Rationalitäten multinationaler Unternehmen (MNU) ist bislang kaum Gegenstand der kritischen Stadtforschung geworden. Insbesondere mit Blick auf die Länder Lateinamerikas, deren Wirtschafts- und Entwicklungsmodelle weiterhin fast ausschließlich auf der Intensivierung der Ausbeutung natürlicher Ressourcen beruhen, stellt dies eine wichtige Forschungslücke da. Nicht nur in Chile sind viele Städte und Regionen Teil der operativen Landschaften der extraktiven Industrien und ihrer globalen Logistikketten und Produktionsnetzwerke und damit Teil der Brutalitäten des globalen Kapitalismus (Brenner 2014, Easterling 2016, Sassen 2016, Arboleda (im Ersch.).

Konkret beschreiben wir in unserem Beitrag, wie sich in Chile, ausgehend von dem Wiederaufbauplan für Constitución, ein Modell der städtischen Governance etabliert hat, das MNU der Ressourcenextraktion[4] einen völlig neuen Zugriff auf die städtische Planung und Verwaltung erlaubt. Wir zeigen, inwiefern Diskurse der Nachhaltigkeit und Partizipation in erster Linie der Legitimationsbeschaffung der MNU dienen und depolitisierenden Charakter haben – sie werden eingesetzt, um die negativen Auswirkungen des Extraktivismus zu normalisieren, nicht um diese zu hinterfragen. Um die Dynamiken und Prozesse der Entstehung des Modells zu verstehen, rekurrieren wir in diesem Beitrag auf Theorien, die sich im Rahmen der Literatur der Urban Policy Mobilities (UPMs) mit der globalen Zirkulation von stadtentwicklungspolitischen Ideen, Diskursen und Praktiken beschäftigen (McCann/Ward 2011, Künkel 2015) sowie auf Ansätze der Wirtschaftsgeographie, die sich für die Zusammenhänge zwischen Stadt- und Regionalentwicklung und Globalen Produktionsnetzwerken (GPN) interessieren (Yeung 2009, MacKinnon 2013). In methodischer Hinsicht basiert der Artikel auf empirischer und qualitativer Feldforschung, die zwischen 2015 und 2018 in den Städten Constitución, Calama und Antofagasta sowie den Unternehmenssitzen der MNU in Santiago stattfand. Anhand von etwa 60 semistrukturierten Interviews, Dokumentenanalyse und der Teilnahme an nationalen und internationalen Foren, bei denen die verschiedenen Interventionen vorgestellt wurden, haben wir die Diskurse, Praktiken und Akteurskonstellationen der Entstehung und Mobilisierung des Modells aus territorialer und relationaler Perspektive untersucht. Wir haben also den Blick sowohl auf lokalspezifische Interventionen wie auf deren Verknüpfung mit und Mobilisierung hin zu anderen Orten und Handlungsebenen gelegt, um so über eine transversal-relationale Perspektive die Verbindungen zwischen den Fällen und der globalen Ebene herstellen zu können.

Der Beitrag ist in drei weitere Kapitel strukturiert. Im zweiten Kapitel erläutern wir unseren theoretischen Zugang der Kombination von UPM und GPN-Literatur. Im dritten Kapitel stellen wir die Geburt des Modells der Masterpläne in Constitución dar und verfolgen seine Mobilisierung hin nach Antofagasta. Abschließend diskutieren wir, welche Einblicke sich aus der Kombination der Literaturen um UPM und GPN für die kritische Stadtforschung ergeben.

2. Urban Policy Mobilities und Prozesse der strategischen Kopplung im Rahmen globaler Produktionsnetzwerke der Ressourcenextraktion

In den letzten Jahren hat sich in der kritischen Stadtforschung ein neues Interesse an Stadtpolitik und Planung etabliert, das sich stark auf die transnational vernetzten Prozesse des Machens von Politik, Plänen und Programmen konzentriert und dabei die unterschiedlichen Akteure, deren Praktiken, Diskurse und transnationalen Netzwerke in ihrem Zusammenwirken analysiert (McCann/Ward 2011, Künkel 2015, Baker/McGuirk 2017). In empirischer Hinsicht zeigen die verschiedenen Forschungen, dass heute ein eng vernetzter globaler Markt der Produktion, Diskussion und Zirkulation stadtentwicklungspolitischer Expertise existiert. Weil Politiker_innen, Planer_innen und andere städtische Entscheidungsträger_innen unter einem ständig wachsenden Druck stehen, die neusten „heißen Ideen“, Lösungsansätze und Innovationswellen nicht zu verpassen, werden hergebrachte Praktiken und Politiken der Planung und Governance in immer schnellerer Abfolge von neuen Ideen und Initiativen ersetzt (McCann/Ward 2011: xiv). Eine entscheidende Rolle in dieser Welt des „schnellen Politiktransfers“(Peck/Theodore 2001: 429, zit. nach McCann/Ward 2011: xiv) spielt dabei das „global intelligence corps“ (Rapoport 2015: 111) der stadtentwicklungspolitischen Expertise. Dabei handelt sich um ein expandierendes Netzwerk von Politiker_innen, Planer_innen, Berater_innen und Aktivist_innen, die nicht nur Ideen, Praktiken und Modelle mobilisieren, sondern auch oft selber global mobil sind. Diese „travelling technocrats“ (Larner/Laurie 2010), „international masterplanners“ (Rapoport 2015) und „persuasive practitioners“ (Montero 2017a) sind darauf spezialisiert, stadtentwicklungspolitische Probleme zu diagnostizieren, Lösungen anzubieten und diese in „scheinbar banaler technokratischer Arbeit“ (Tenemos/McCan 2013) als BestPracticeModelle zu verbreiten. Die Expert_innen rekurrieren dabei auf internationalen Foren, Vorträgen und im Rahmen eines wachsenden Politiktourismus (González 2010) auf Techniken des Erzählens von Geschichten (Montero 2017a) und Parabeln (Wilson 2014), die sich durch eine starke Vereinfachung der tatsächlichen Politikprozesse und ihrer Resultate auszeichnen und dabei negative Aspekte, das Scheitern von Lösungsansätzen und deren Widersprüche tendenziell ausblenden. Zu Best Practices und Modellen werden also nicht in erster Linie diejenigen Programme und Politiken, die die besten Ergebnisse zeigen, sondern solche, die sozial erfolgreich als Best Practices und Modelle konstruiert werden (Montero 2017b). Neben den Planer_innen und Politiker_innen spielen hier zunehmend international agierende Ingenieursfirmen, Unternehmensberatungen und nicht zuletzt – besonders im Zusammenhang mit der Debatte um Smart Cities – Tech-Giganten (z. B. Google Sidewalk Labs) eine wichtige Rolle (Vogelpohl 2017). Mit ihren internationalen Meetings und Konferenzen – und den dabei entstehenden Dokumenten und Politikempfehlungen – stellen zudem internationale Organisationen wie OECD, Weltbank oder UN-Habitat wichtige Plattformen des Austauschs und der internationalen Mobilisierung von Best-Practice-Modellen bereit (Jessop 2002, Kaika 2017). In sehr kritischer Lesart sehen Swyngedouw und Kaika (2014) in diesen Politiknetzwerken eine neue global-technokratische Elite am Werk, die mit ihren Diskursen und Praktiken der Nachhaltigkeit, der Bürgerbeteiligung und der ökologischen Modernisierung auf der Suche nach einer ‚intelligenten sozial-ökologischen Urbanität‘ systematisch die Grundprobleme kapitalistischer Urbanisierung ausblende und mit ihrer Konsensorientiertheit de-politisierend wirke. Für Kaika (2017) handelt es sich um eine Art der ‚Impfung‘ der Bevölkerung, damit sie immer weitere Dosen der Verschmutzung, Ausbeutung und Gewalt zu akzeptieren und abzufedern lernt.

Eine recht neue Entwicklung ist, dass die Modelle und Best Practices nicht mehr nur in erster Linie aus Europa oder Nordamerika stammen, sondern immer mehr Städte aus dem globalen Süden als Orte der planerischen und politischen Innovation vermarktet werden: in Lateinamerika in jüngerer Zeit vor allem Bogotá (Montero 2017b) und Medellín (Brand/Davila 2013), dazu einzelne Planer_innen und Architekt_innen wie etwa Alejandro Aravena. Für die Städte des Südens und ihre stadtpolitischen und planerischen Akteure bietet diese Tendenz die Möglichkeit, internationale Aufmerksamkeit und Anerkennung zu finden, was Autor_innen wie Roy und Ong (2011) als das „worlding“ von Städten des Südens bezeichnet haben. Rapoport (2015: 112) weist außerdem darauf hin, dass die Städte des Südens besonders interessante Experimentierfelder für global agierende Firmen und Expert_innen der stadtentwicklungspolitischen Szene sind, weil hier die politischen und sozialen Barrieren für Politikexperimente – wie die sich verbreitenden Eco-Cities im Stil von Dongtan oder Masdar oder die hier im Mittelpunkt stehenden Masterpläne in Chile – deutlich niedriger sind als in den Städten des Nordens.

In theoretisch-methodischer Hinsicht basiert ein Großteil der kritischen Literatur zum Machen von Stadtpolitik und Planung auf Ansätzen des assemblage thinking. Im Anschluss unter anderen an Deleuze und Guattari (1987) wird damit versucht, die konzeptuelle Statik älterer Theorien der Stadtpolitik und des Politiktransfers zu überwinden, bei denen eine relative Fixiertheit von Akteuren (öffentlich/privat), Handlungsebenen (lokal/global) und Transferprozessen (Sender/Empfänger) gegeben war (McCann/Ward 2011: xv). In Abgrenzung zu jenen klassischen Theorien der Stadtpolitik und des Politiktransfers geht es den Assemblage-Ansätzen darum, die komplexen und zirkulären Prozesse, die diskursive Konstruktion von Akteuren und die sich ständig entwickelnden Praktiken des Politikmachens in den Mittelpunkt zu stellen. Interessant ist hier ein bislang in der Literatur nicht überzeugend aufgelöstes Spannungsverhältnis zwischen zwei Interpretationen: Einerseits einem Verständnis von Politiken als „kontingenten Assemblages“ (McCann 2011: 146), die von einem breiten Spektrum an Kräften, Interessen und interaktiven Prozessen konstituiert werden und intern eine geringe Kohärenz aufweisen (Baker/McGuirk 2017). Und andererseits der Auffassung von Assemblages als „Bündel von Wissen und Techniken“, bewusst zusammengefügt, um bestimmte Ziele zu erreichen und Interessen machtvoller Akteure umzusetzen (Tenemos/McCann 2013: 347). Im Rahmen der relationalen Perspektive der Assemblage-Ansätze ist also oft nicht ganz klar, wie die Handlungskapazitäten einzelner Akteursgruppen zu bewerten sind und wie es also letztendlich um die Machtverhältnisse in der globalen Zirkulation und multipolaren Diffusion von Politiken, Diskursen und Praktiken bestellt ist. Aus unserer Sicht ist dies ein wesentlicher Grund dafür, dass die Literatur zu den UPM in den letzten Jahren auf der Stelle tritt.

In diesem Beitrag zeigen wir am Beispiel der Entwicklung der Masterpläne in Chile, wie diese zwar aus scheinbar kontingenten Ereignissen (einem Erdbeben) und territoriallokalspezifischen Kontexten (lokalen sozialen Mobilisierungen) hervorgehen und von diesen geprägt werden. Gleichzeitig aber dienen sie strategischen Interessen international vernetzter Akteursgruppen und werden von diesen bewusst eingesetzt, modifiziert und mobilisiert – und dies aus Gründen, die sich nicht aus der Analyse der Politiken und ihrer Mobilisierung selber erklären lassen. Um also zu verstehen, wie und warum MNU der extraktiven Industrien und ihre globalen Netzwerke sich immer stärker mit den Netzwerken stadtentwicklungspolitischer Expert_innen überschneiden und Modelle entwickeln, die ihnen den Zugriff auf städtische Pläne und Diskurse verschaffen, ist es notwendig, einen Blick über den Tellerrand der UPM-Literatur zu werfen. Hier erscheint es sinnvoll, die Zirkulation von stadtentwicklungspolitischen Ideen, Diskursen und Praktiken konzeptuell mit Ansätzen zu verknüpfen, die ebenfalls eine deutlich territorialrelationale Perspektive verfolgen und sich für die Verflechtungen und Zusammenhänge von Stadt- und Regionalentwicklung, MNU und GPN interessieren.

Ganz ähnlich wie in der UPM-Literatur werden im Rahmen des Ansatzes der GPN Städte und Regionen als „poröse territoriale Formationen“ verstanden, „deren nationale Grenzen durch ein weites Feld von Netzwerkverbindungen transzendiert“ wird (Coe et al. 2004, zit. nach MacKinnon 2013: 307). Während sich ältere Arbeiten in der globalisierungsbezogenen Wirtschaftsgeographie zum Beispiel mit den Auswirkungen von internationalen Direktinvestitionen auf Empfängerländer beschäftigt haben, geht es dem GPN-Ansatz darum, die relational-wechselseitige Verschränkung von Städten und Regionen mit den immer stärker netzwerkbasierten globalen Produktionsprozessen zu konzeptualisieren. In der Literatur werden sehr unterschiedliche Produktionsnetzwerke untersucht und je nach Produkt stellt sich der Zusammenhang zwischen Regionalentwicklung und Weltwirtschaft unterschiedlich dar (Dicken 2011). Während das globale Produktionsnetzwerk der Kleidungsindustrie etwa Verbrauchergetrieben ist, sind die globalen Netzwerke der Ressourcenextraktion Produzentengetrieben (Bridge 2009, Dicken 2011). Die zentralen Akteure hier sind zumeist MNU, deren Hauptsitze einen großen Einfluss auf den gesamten Produktionsprozess ausüben (Bridge 2008: 394). Eine weitere Besonderheit des Extraktionssektors ist seine räumlich-territoriale Gebundenheit. Die bekannten Ölvorkommen konzentrieren sich heute in Ländern wie Saudi-Arabien, Irak und Iran, während sich die größten bekannten Kupfer- und Lithiumvorkommen in Chile befinden. Es gibt so grade in den extraktiven Industrien eine große wechselseitige Abhängigkeit zwischen den Firmen, die die Produktionsnetzwerke kontrollieren und den Regionen (und ihren Akteuren), in denen sich die Ressourcen befinden.

Ein Konzept im Rahmen der GPN-Literatur, das verstärkt Aufmerksamkeit findet, um dieses wechselseitige Abhängigkeitsverhältnis in seinen Governance-Implikationen besser zu verstehen, ist das der ‚strategischen Kopplung‘. Yeung (2009: 213) versteht darunter „die dynamischen Prozesse, durch die Akteure in Städten und/oder Regionen strategische Interessen zwischen lokalen Akteuren und ihren Gegenübern in der globalen Wirtschaft koordinieren, vermitteln und verhandeln“. Diese „transurbanen und transregionalen Prozesse“ (ebd.) umfassen sowohl materielle wie immaterielle Flüsse, von der Produktion der materiell-gebauten Umwelt in einer spezifischen Stadt oder Region über die Zirkulation von Information, Expertise und Praktiken. Drei Aspekte kennzeichnen den Prozess der strategischen Kopplung (Yeung 2009, Breul/Revilla Diez 2018): erstens sein strategischer Charakter, also die Bedeutung intentional handelnder Akteure; zweitens die Zeitlichkeit des Prozesses, das heißt es gibt einen Beginn, Wandel und ein mögliches Ende; und drittens, die Multiskalarität, es geht also um Akteure, die unterschiedliche räumliche Handlungsebenen miteinander verbinden. Für Yeung geht es bei dem Konzept der strategischen Kopplung im Kern darum zu verstehen, „wie Schlüsselakteure in spezifischen Städten und Regionen in die Imperative führender Firmen in globale Produktionsnetzwerke einbezogen werden“ (Yeung 2009: 214). MacKinnon (2013) weist explizit auf bestehende Machtasymmetrien hin: als dominierende Wirtschaftsakteure üben MNU zum einen „strukturelle Macht“ (ebd.: 308) über die Regionalentwicklung aus, zum anderen wird diese strukturelle oft von politischer Macht untermauert, um so nationale und regionale institutionelle Landschaften zu Gunsten der MNU zu beeinflussen. Empirische Befunde und weiterführende konzeptionelle Überlegungen zu den beschriebenen Zusammenhängen auf städtischer Ebene in den Ländern des Südens und mit Blick auf die Ressourcenextraktion existieren allerdings kaum (MacKinnon 2013).

Wie von Yeung (2009) beschrieben, geht es bei der Gestaltung und Aushandlung des Verhältnisses von GPN und Städten und Regionen durch Prozesse der strategischen Kopplung sowohl um materielle wie symbolisch-diskursive, das heißt immaterielle, Faktoren und Interessen. In Bezug auf Ersteres, die materiellen Prozesse und Interessen von MNU in den Ressourcenperipherien, geht es im Kern um zwei Aspekte: erstens um die Ausbeutung und Disziplinierung von Arbeitskraft (Herod 2009), und zweitens um die räumlich-infrastrukturelle Organisation und Optimierung der Ressourcenextraktion. Bridge (2009) etwa hat eindrucksvoll aufgezeigt, dass die Minen der internationalen Bergbauunternehmen nur ein kleiner Teil eines weltumspannenden Produktionsnetzwerkes sind. Arboleda (2016, im Ersch.) führt diese Perspektive weiter und hat am Beispiel Lateinamerikas gezeigt, wie die Bergbauindustrie dort seit ca. zwei Jahrzehnten einem konstanten Druck unterliegt, die Transportkosten der extrahierten Mineralien zu minimieren und die Geschwindigkeit ihrer Zirkulation zu erhöhen. Im Rahmen des commodity super cycle hat Lateinamerika dabei einen Wandel von einer operativen Konzentration auf die unmittelbaren Orte der Extraktion (d. h. die Minen, Schächte und Bergbausiedlungen) hin zu einer Konzentration auf die globale Produktions- und Verwertungskette erfahren. Für Chile heißt das etwa, dass die Umschlagzeit des Kapitals dadurch zu vermindern versucht wird, dass der Transport des Kupfers von den hoch in den Anden gelegenen Minen zu den Endverbrauchern in Asien, meistens China, beschleunigt wird, und zwar durch organisatorische, logistische und politische Maßnahmen auf unterschiedlichen räumlichen Maßstabsebenen. In dem globalen Produktionsnetzwerk, bei dem Sonnenenergie und organische Materie, durch die Forstwirtschaft vermittelt zunächst in Holz, dann in einer Zellstofffabrik zum Rohmaterial für in Europa und Asien verwendetes Kopierpapier verwandelt werden, spielt die Stadt Constitución eine wichtige Rolle, ähnlich wie Antofagasta für das globale Kupferproduktionsnetzwerk.

Städte (ebenso wie Regionen, Nationen oder ganze Kontinente) und ihre materiellen, institutionellen und räumlichen Konfigurationen werden so zu Teilen der operativen Landschaften der Ressourcenextraktion und zu einem Teil des Kapitals; sie stärken die Produktivkräfte auf ähnliche Weise, wie es die Maschinen einer Fabrik tun (Arboleda 2016). Hier liegt also ein möglicher Schlüssel, um zu verstehen, warum MNU als Teil ihres Managements von globalen Produktionsnetzwerken ein zunehmendes Interesse an der Gestaltung urbaner Räume und damit also auch den Akteuren und Netzwerken stadtentwicklungspolitischer Expertise haben.

In Bezug auf den zweiten oben erwähnten Punkt, die immateriellen Faktoren und Interessen in Prozessen der strategischen Kopplung zwischen Städten/Regionen und GPN, geht es um Aspekte der Legitimation (kapitalistischer Produktionsweisen im Allgemeinen und der negativen Auswirkungen der Ressourcenextraktion auf lokaler Ebene im Besonderen). Unternehmen müssen einerseits den Zugang zu lokalen Ressourcen und das reibungslose Ablaufen der Produktionsprozesse sicherstellen – durch die Internationalisierungsprozesse im Rahmen des Aufbaus von GPN immer häufiger im globalen Süden angesiedelt, andererseits den Absatz in den immer kritischeren – im Sinne der Erwartungen der Konsumenten, die ‚faire‘ Produktionsprozesse erwarten – Absatzmärkten im globalen Norden. In dem Maße, wie seit den 1990er Jahren weltweit das Misstrauen gegenüber den MNU gewachsen ist[5], haben Unternehmen gelernt, sich um diese ‚weichen‘ und immateriellen Faktoren ihrer Produktionsprozesse kümmern zu müssen – um ihre Legitimationsbasis. Die Diskurse und Praktiken der sozialen Unternehmensverantwortung sind einerseits als Maßnahmen in Bezug auf lokale Zusammenhänge (z. B. der Bau von Schulen usw.) entstanden, andererseits als Visitenkarte gegenüber den Verbrauchermärkten (z. B. internationale Zertifizierungsmechanismen wie etwa den Forestry Stewardship Council (FSC)).

In den letzten Jahren ist es allerdings zu wichtigen Verschiebungen in Bezug auf die Konzeptualisierung von Unternehmensverantwortung und ihrer Praktiken gekommen: von einer rein instrumentellen zu einer integrativen Sicht auf Unternehmensverantwortung und von Assistenzialismus und materiellen Schenkungen zu Partizipation und Deliberation. Im Unternehmenssektor wird zudem nicht mehr nur von sozialer Unternehmensverantwortung gesprochen, sondern immer öfter von Nachhaltigkeit, einer social license to operate, shared value und political corporate cocial responsibility (PCSR) (Ehrnstroem-Fuentes 2016, Scherer et al. 2016). In der Summe haben diese diskursiven Verschiebungen zu neuen unternehmerischen Praktiken geführt. wobei einerseits Legitimation heute dadurch hergestellt werden soll, dass stakeholder-basierte Dialog-und Partizipationsverfahren Anwendung finden und andererseits, dass Unternehmen sich stärker daran beteiligen, „Governancelücken“ zu schließen und sich an der Produktion von öffentlichen Gütern zu beteiligen, oft in Form öffentlich-privater Partnerschaften (Scherer et al. 2016: 273).

Im Folgenden zeigen wir anhand unseres Beispiels der Masterpläne der Stadtentwicklung in Chile, wie MNU der Ressourcenextraktion zunehmend auf dem Feld der Stadtplanung aktiv werden und dabei ihre Praktiken der sozialen Unternehmensverantwortung mit den techno-politischen Dispositiven der Aktivisten-Architekt_innen und international masterplanners kombinieren. Indem die MNU sich dabei als Akteure präsentieren, die nicht aus reinem Eigennutz handeln, soll die Legitimationsbasis der Ressourcenextraktion erneuert werden, gleichzeitig dienen die Masterpläne den MNU als Werkzeuge, ihre materiell-infrastrukturellen und politischen Interessen im Stadtraum umzusetzen, das heißt als Plattformen, auf denen strategische Kopplung hergestellt wird.

3. Strategische Masterpläne der Stadtentwicklung in Chile als neue Mechanismen der Legitimationsproduktion

Bevor wir uns der Entstehung und Evolution des Modells der Masterpläne in Chile und den Zusammenhängen von UPM und GPN anhand unserer Fallstudien detaillierter zuwenden, sei zunächst angemerkt, dass Chiles Einbindung in die Weltwirtschaft – ebenso wie die anderer Länder Lateinamerikas – vor allem durch große nationale ökonomische Gruppen (sogenannte „grupos económicos“) und MNU hergestellt wird (Ross-Schneider 2014). Spätestens seit der gewaltsamen Einführung des Neoliberalismus durch die Chicago Boys in den 1970er und 80er Jahren (Klein 2007) und die darauf folgende kulturelle Hegemonie des Neoliberalismus – eingeleitet durch die Privatisierungs- und Deregulierungsmaßnahmen während der Diktatur Augusto Pinochets – ist der wirtschafts- und sozialpolitische Einfluss weniger Großunternehmen in Chile enorm. Die demokratischen Mitte-Links-Regierungen der 1990er Jahre relativierten zwar Teile der wirtschaftsliberalen Schocktherapie, behielten aber die marktwirtschaftliche Ausrichtung von Wirtschaft und Gesellschaft, die internationale Freihandelspolitik sowie den Fokus auf ein extraktivistisches Wirtschaftsmodell grundsätzlich bei (Solimano 2012). In jüngerer Zeit ist eine starke Expansion chilenischer Konsortien in die Nachbarländer (vor allem Peru und Argentinien) und auch nach Nordamerika und Europa zu erkennen, dazu gewinnen seit den 1990er Jahren im Land selber ausländische MNU immer stärkeren Einfluss (Fischer 2011). Während der Norden des Landes vom Kupferbergbau geprägt ist, ist Zentralchile Teil globaler Produktionsnetzwerke der Agroindustrie (Wein, Gemüse, Früchte) und im Süden Chiles dominieren Forstwirtschaft und industrielle Fischzucht, die gesamte Regionalentwicklung des Landes ist überprägt von extraktiven Industrien, ihren Netzwerken und Rationalitäten. Dazu kommt ein kaum regulierter Immobiliensektor, durch den immer stärker überschüssiges Kapital zirkuliert wird und der sich das einerseits stark zentralisierte und andererseits sektoral fragmentierte System städtischer und regionaler Planung unterwirft (Lukas 2014). Die Lokalregierungen sind angesichts dieser Entwicklungen hoffnungslos überfordert.

Lange wurde mit Blick auf das hohe und stabile Wirtschaftswachstum und die sinkende Armutsrate im Vergleich zu anderen Ländern der Region vom ‚chilenischen Wunder‘ gesprochen und die Liberalisierungs- und Privatisierungspolitiken (etwa auf den Feldern des sozialen Wohnungsbaus, der ‚öffentlichen‘ Infrastruktur und des Wassersektors) wurden international exportiert. Während Chile seit 2013 Mitglied der OECD ist, also Teil der ‚entwickelten‘ Volkswirtschaften der Welt, wird intern immer deutlicher, inwiefern die Wachstumsraten mit einer exorbitanten sozialen und sozioökologischen Ungleichheit einhergehen (Vásquez et al. 2017). Seit 2006 hat es verschiedene Wellen der massiven Mobilisierung gegen das neoliberale und extraktive Entwicklungsmodell gegeben, getragen von Student_innen der Umwelt- und zuletzt der Frauenbewegung. Immer häufiger wird auch gegen einzelne infrastrukturelle Megaprojekte wie Staudämme mobilisiert, dazu gibt es in den nördlichen und südlichen Regionen der Ressourcenextraktion weitreichende Proteste gegen die Instrumentalisierung der lokal-territorialen Entwicklung durch die Imperative multinationaler Konglomerate und ihre Auswirkungen auf Umwelt und Lebensqualität. Es ist vor diesem Hintergrund der Infragestellung des zuvor hegemonialen Entwicklungsmodells (Solimano 2012), dass verschiedene MNU nach neuen Diskursen und Praktiken der Legitimation suchen und dabei Allianzen mit stadtentwicklungspolitischen Expert_innen eingehen. Das Modell der Masterpläne ist 2010 in Constitución nach dem Erdbeben entstanden, hat sich ab 2011 in Calama begonnen zu konsolidieren und mit CREO Antofagasta ab 2012 eine deutliche Modifizierung und Transnationalisierung erfahren. Im Folgenden stellen wir diese Entwicklung dar, mit zunächst besonderem Augenmerk auf die jeweilige lokal-territoriale Problem- und Akteurskonstellation, um dann im Anschluss aus einer stärker relational-vergleichenden Perspektive übergeordnete Fragen zu diskutieren.

3.1. PRES Constitución: die Geburt des Modells

Constitución, eine Stadt von etwa 40.000 Einwohnern, liegt an der Pazifikküste im Süden Chiles und ist Standort einer der größten Zellstofffabriken des Landes, welche von Celulosa Arauco y Constitución (ab hier ARAUCO) betrieben wird, dem weltweit zweitgrößten Produzenten von Zellstoff zur Herstellung von Pappe und Papier (Aravena/Sepúlveda, 2011). Neben der Anlage in Constitución betreibt ARAUCO fünf weitere Fabriken in Chile – sowie in Argentinien und Brasilien – und ist einer der größten Landbesitzer (vor allem Wald) in verschiedenen Regionen des Landes und anderen Staaten Lateinamerikas (insgesamt 1,7 Mio. Hektar in Chile, Argentinien, Uruguay und Brasilien). Seine Produkte exportiert ARAUCO vor allem nach Europa und Nordamerika, ist also Teil des globalen Netzwerkes von Forstwirtschaft und Zelluloseproduktion.[6]

Sowohl in Constitución wie in Valdivia, wo ARAUCO eine zweite Zellstofffabrik betreibt, ist das Unternehmen der größte Arbeitgeber, was eine hohe Abhängigkeit der jeweiligen Städte und ihrer Bewohner_innen von den Zellstofffabriken und ihrer Betreibergesellschaft mit sich bringt. Umgekehrt aber, und in typischer Art und Weise für die kapitalintensiven extraktiven Industrien (Bridge 2008, Dicken 2011), macht die territoriale Verankerung ARAUCOs das Unternehmen abhängig von den jeweiligen Städten und Regionen in denen produziert wird. Zwischen Stadt/Region und MNUs besteht so nicht nur eine Beziehung der wechselseitigen Abhängigkeit, sondern auch eine der Verwundbarkeit, was einen strukturellen Anreiz für Prozesse der strategischen Kopplung darstellt. Die Verwundbarkeit ARAUCOs zeigte sich spätestens seit Anfang der 2000er Jahre, als verschiedene schwerwiegende Verschmutzungsepisoden durch ARAUCOs industrielle Abwässer zu sozialen Mobilisierungen und erheblichen Legitimationsproblemen des Unternehmens geführt haben (Aravena/Sepúlveda, 2011, Delamaza 2012). Um die Beziehungen zur Umwelt und den Stakeholdern neu zu formulieren, wurde mit TIRONI Asociados eine der führenden Agenturen für strategische Unternehmenskommunikation des Landes herangezogen. Nicht nur bearbeiteten die PR- und Kommunikationsprofis von TIRONI die konkreten Konflikte im Rahmen der Verschmutzungsepisoden. Im Rahmen des Zertifizierungsprozess vor dem internationalen Forest Stewardship Council (FSC) sollte auch dem „verantwortungsvollen Forstwirtschaftsstandard“ Rechnung getragen werden, „der großes Prestige in den Märkten genießt, in die Arauco exportiert“ (Tironi 2011: 11).

Nach einem Erdbeben und dem darauf folgendem Tsunami im Jahr 2010, die Constitución besonders hart trafen (Contreras/Beltrán 2015), identifizierten ARAUCO und TIRONI die schwere Krise als Chance und entschieden rasch, dass ARAUCO eine führende Rolle im Wiederaufbauprozess spielen solle. Dies, um zu zeigen, dass das Unternehmen soziale und territoriale Verantwortung übernehme, um so das schwierige Verhältnis zur Stadt und ihren Bürgern zu verbessern. Von ARAUCO-Verantwortlichen selber wurde dies im Interview (26. Oktober 2016) als „Politik des Guten Nachbarn“ beschrieben.

Nur drei Wochen nach dem Erdbeben wurde in diesem Zusammenhang die Einrichtung einer öffentlich-privaten Partnerschaft zwischen ARAUCO, der Stadt Constitución und des Wohnungsbauministeriums unterzeichnet, welche die Planung des Wiederaufbaus im Rahmen eines zu erstellenden ‚Masterplans für den Nachhaltigen Wiederaufbau von Constitución‘ (Plan Maestro de Reconstrucción Sustentable – PRES Constitución) organisieren würde. Unter Federführung von und – ganz wesentlich – mit Finanzierung durch ARAUCO wurde so rasch ein technisches Konsortium gebildet, das aus 50 Fachleuten verschiedener Firmen und Disziplinen bestand, das 90 Tage lang Zeit hatte, um den Masterplan zu entwickeln. Die wichtigsten beteiligten Unternehmen waren das Architekturbüro ELEMENTAL (an dem die Angelini-Gruppe, Besitzer von ARAUCO, seit dessen Gründung beteiligt ist), der internationale Ingenieurs- und Stadtplanungsgigant ARUP (bei dem mit Alejandro Gutiérrez ein chilenischer Architekt und Planer einer der Direktoren ist) und TIRONI Asociados. Entsprechend ihrer Expertise wurde ELEMENTAL mit der Gestaltung des Plans und dem Design von Projekten beauftragt, ARUP mit Planungs- und Nachhaltigkeitsthemen und TIRONI organisierte den Prozess der Bürgerbeteiligung.[7] In institutioneller Hinsicht wurde ein öffentlich-privates Direktorium aus Ministerium für Wohnungswesen und Stadtplanung (MINVU), Stadtregierung und ARAUCO installiert, in dem Entscheidungen getroffen wurden.

Nach dem Durchlaufen einer Reihe von neuartigen Partizipationsmechanismen im Rahmen des „Plans der Bürgerbeteiligung“ (siehe dazu weiter unten), Studien, Verhandlungen und am Ende einem Referendum entwickelten die Beteiligten einen Masterplan, der von den Experten als ‚book‘ bezeichnet wird. Dies ist eine Hochglanzbroschüre, in der relativ viel Aufwand betrieben wird, strategische Linien der Stadtentwicklung zu identifizieren (Nachhaltigkeit, Transport, öffentlicher Raum etc.), die in erster Linie aber Architektur-Projekte identifiziert und keine eigentliche Vision der Stadtentwicklung enthält.

Rückblickend ist festzuhalten, dass der Wiederaufbau sehr langsam vorangegangen ist und dass bis heute nur Teile des Masterplans umgesetzt wurden. Die Projekte, die umgesetzt wurden, haben fast allesamt internationale Aufmerksamkeit erfahren und sind zu Aushängeschildern der PRES-Initiative geworden.[8] Während es auf lokaler Ebene starke Kritik etwa an der Rolle der Experten und an der mangelhaften Implementation der Projekte gab, die von der Bevölkerung in den Partizipationsprojekten als prioritär eingestuft wurden (z. B. eine Feuerwache etwa sowie ein neuer Busbahnhof; Contreras/Beltrán 2015, Imilan/Gonázlez 2017), wurde der PRES national und international als Erfolgsmodell konstruiert, als eine Best Practice und ein Modell für zukünftige Interventionen in anderen Städten. Der Pritzker-Preis für Alejandro Aravena im Jahr 2016 war dabei nur der Höhepunkt, vorher gab es den Holcim Award (Schweiz) 2012, den Zumtobel-Preis (Österreich) 2014 und den Avonni-Chile-Preis 2014. Eingeleitet wurden diese Auszeichnungen mit Darstellungen des PRES (und anderen Masterplänen, wie Calama Plus) auf internationalen Foren, etwa der Architektur Biennale in Venedig 2012. Interessant mit Blick auf die symbolischen und materiellen „Imperative führender Firmen in globalen Produktionsnetzwerken“ (Yeung 2009: 214) ist, dass vor allem solche Projekte international ausgezeichnet wurden, die auf Holzbauweise basierten, denn dies ist für ARAUCO ein auf internationaler Ebene stark wachsender Zukunftsmarkt. Wie im Interview (26.10.2016) von einem führenden Mitarbeiter von ARAUCO bestätigt, dient es zusätzlich dazu, die gebaute Umwelt von Constitución stärker an jenes Produkt zu binden, für das ARAUCO steht.

Neben ARAUCO selber sind es aber auch die beteiligten Beratungs- und Planungsunternehmen, die nicht nur die Gunst der Stunde zu nutzen gewusst haben, sondern auch langfristig durch die Vermarktung Ihrer Ansätze im nationalen und internationalen Kontext als Gewinner dieses Prozesses gesehen werden können. So reiste die PRES-Erfahrung von Constitución, schon als Modell konstituiert, 2011 nach Calama, einer Bergbaustadt im Norden Chiles, wo sie in sehr ähnlicher Weise Anwendung fand. Auch in Calama waren es TIRONI und ELEMENTAL, die den Masterplan Calama PLUS verantworteten, in diesem Fall beauftragt vom staatlichen Bergbauunternehmen CODELCO, dem größten Kupferproduzenten der Welt. Hintergrund waren auch hier starke Legitimationsprobleme des Unternehmens, im Speziellen soziale Mobilisierungen, die seit 2009 immer stärker die prekäre städtische Lebensqualität in Frage stellten und dabei nicht nur CODELCO, sondern das nationale Entwicklungsmodell in den Mittelpunkt rückten. Die Reaktion seitens des Unternehmens war die Erstellung des Masterplans, wieder unter Berücksichtigung umfangreicher Bürgerbeteiligung, der bis heute – ebenso wie der PRES Constitución – einen sehr geringen Grad der Umsetzung erreicht hat. Was allerdings erreicht wurde, ist der Wegfall der Dynamik sozialer Mobilisierung in Calama (Penaglia/Valenzuela 2014).

3.2. CREO Antofagasta: die Modifizierung und Internationalisierung des Modells

Antofagasta, eine schnell wachsende Stadt in der Atacamawüste mit ungefähr 400.000 Einwohnern, ist ein klares Beispiel für die logistische, soziale und politische Bedeutung von Städten in den globalen Produktionsnetzwerken der extraktiven Industrien (Arias/Atienza/Cadematori 2013, Arboleda 2016). Die Stadt ist in vielerlei Hinsicht extrem: es existiert ein atemberaubendes Einkommensgefälle, die Stadt verzeichnet als Ergebnis der Immobilienspekulation die höchste Rate illegaler Landnahmen und sie ist eine der am stärksten mit Schwermetallen belasteten Städte der Welt. Verschiedene MNU – teils chilenischer und teils auswärtiger Kontrolle – bauen in der Andenkordillere in bis zu 150 Kilometer Entfernung von der Stadt Kupfer in Megabergwerken ab und transportieren das gewonnene Kupferkonzentrat von dort durch Pipelines und über LKWs und eine Eisenbahn zu Häfen, von denen sich der wichtigste im unmittelbaren Stadtzentrum Antofagastas befindet und ein weiterer an der Stadtgrenze. Während letzterer von BHP Billiton[9] betrieben wird, steht der Hafen im Stadtzentrum unter der Kontrolle einer der größten und umstrittensten Holdings des Landes, dem Luksic-Konglomerat. Neben dem Hafen kontrolliert Luskic auch eine wichtige Kupfermine (Antofagasta Minerals), die Eisenbahn (FCAB – Ferrocarril Antofagasta Bolivia), die das Konzentrat von den Anden in die Stadt transportiert, und dazu eines der größten Schifffahrtsunternehmen der Welt (Compañia Sudamericana de Vapores), welches das Kupfer zu den Exportdestinationen verfrachtet, allen voran China (Arboleda, im Ersch.). Schon seit den 1970er Jahren hat es immer wieder zivilgesellschaftliche Kritik an der Ruta del Plomo (Route des Blei), dem Transport des Schwermetalls durch die Stadt und an die Häfen, gegeben. 2012 kulminierte der Protest in der Formation der Bewegung „Este polvo te mata“ (Dieser Staub bringt dich um), die sich gegen den Bau einer neuen Halle der Kupferverkappung mitten im Stadtzentrum richtete.

In diesem Zusammenhang muss Antofagasta als ‚operative Landschaft‘ und strategischer Bestandteil der globalen Produktionsnetzwerke und Logistikketten der Ressourcenextraktion verstanden werden. Das ist auch der Kontext, in dem im Jahr 2012 von BHP Billiton und Antofagasta Minerals CREO Antofagasta ins Leben gerufen wurde, die in Chile – und vielleicht ganz Lateinamerika – weitreichendste Initiative eines strategischen Masterplans zur ‚nachhaltigen Verbesserung der Lebensqualität‘. CREO Antofagasta hat offiziell zum Ziel, „den Herausforderungen des Wachstums der Stadt zu begegnen, mit einem starken Sinn für die Verbesserung der Lebensqualität der Gemeinschaft“ (CREO Antofagasta o.J.). Es soll die Stadt entworfen werden, „in der wir leben wollen“ (ebd.), und zwar durch den Prozess der Erarbeitung eines Masterplans, der mit dem Planungshorizont 2035 das „nachhaltige städtische Wachstum von Antofagasta” (ebd.) anleiten soll. Der Plan basiert auf einer öffentlich-privaten Partnerschaft „der die Regionalregierung, die Stadt und die organisierte Zivilgesellschaft einbezieht, damit in einem partizipativen Dialog die Bedürfnisse und Erwartungen von allen jenen konvergieren, die wir zu dieser Stadt gehören“ (ebd.).

BHP Billiton, das CREO Antofagasta 2012 zusammen mit Antofagasta Minerals in Leben rief, beschreibt die Initiative als eine Weiterentwicklung seiner Aktivitäten der sozialen Unternehmensverantwortung (Interview Vicepresident of Coprorate Affairs von BHP Billiton 2018). Als Teil der Unternehmenskultur von BHP auf internationaler Ebene sei es immer stärker das Ziel, nicht nur Konflikte mit Stakeholdern zu managen, sondern „einen tatsächlichen Beitrag zur Verbesserung der Lebensqualität dort zu leisten, wo das Unternehmen aktiv ist“ (ebd.). In diesem Sinne ist CREO keine rein ‚lokale‘ Initiative sondern geht auf Leitlinien zurück, die im Hauptsitz von BHP in Australien formuliert wurden. Die Unternehmenspolitik des MNU mit lokalen Problemlagen verbindend, sei es das Ziel, „eine nachhaltige, langfristige Beziehung zwischen einer wirtschaftlichen Aktivität und der Stadt herstellen“ und dabei die „Governance-Kapazität“ zu verbessern, „um das Potential der Stadt auszuschöpfen“ (ebd.). Darüber hinaus müsse man als Unternehmen dahin gehen, wo der Staat nicht sei oder nicht funktioniere, etwa in der städtischen Planung, was stark an neuere Debatten um Political Corporate Social Responsibilty anknüpft, nach der Unternehmen öffentliche Güter produzieren und sich stärker in lokal-regionale Governance-Prozesse einbringen sollten (Scherrer et al. 2016). Neben diesen eher immateriellen Faktoren der Unternehmensverantwortung und Governance-Kapazität geht es den Verantwortlichen aber auch um die materielle Transformation des Stadtraums. Einer der Direktoren von CREO erläutert, dass BHP erkannt hat, „dass die Qualität der Städte entscheidend ist für ihre Geschäfte“ und es ein Ziel von CREO sei, „globale Geschäfte anzuziehen, den globalen Markt in der Stadt zu katalysieren, sodass die Stadt auf die globalen Geschäfte antwortet, die in ihr stattfinden“ (Interview Vizedirektor CREO, 23. September 2016). Der materielle Aspekt der strategischen Kopplung wird noch deutlicher, wenn der CREO-Direktor im Interview (22. September 2016) beschreibt, dass zwar „soziale Verantwortung“ wichtig sei, „aber noch mehr, dass die Stadt für produktive Aktivitäten funktioniere, unter denen BHP zu den wichtigsten gehört“. Ein anderer Planer von CREO sieht das Hauptziel der Initiative darin, die Wettbewerbsfähigkeit von Antofagasta gegenüber anderen Bergbaustädten der Welt zu verbessern, um so „hochqualifiziertes Humankapital“ anziehen zu können (Interview Projektleiter CREO, 8. August 2017).

Während CREO nicht ohne die Modelle PRES Constitución und Calama PLUS zu denken ist, geht die Initiative in Antofagasta doch in verschiedenen Dimension über die Vorgängererfahrungen hinaus, insbesondere mit Blick auf zwei Aspekte: eine längerfristige Perspektive der Governance und den Grad der Internationalisierung beziehungsweise Strategien des worlding (Ong/Roy 2011). In Bezug auf die langfristige Perspektive der Governance wird sich offen abgegrenzt von den Erfahrungen in Constitución und Calama: „Diese fokussieren nur auf eine Phase, die der Generation von Projekten. ‚Du hast dein Projekt‘, ‚Ich habe ein Büchlein‘, das ich rund um die Welt verkaufen kann. Es lassen sich damit Ideen generieren, aber ohne Governance, ohne Evaluierung und ohne eine öffentliche Logik“ (Interview Vizedirektor CREO, 23. September 2016). CREO hingegen stelle darauf ab, die „Kapazitäten der städtischen Governance“ – ein Schlüsselwort, das immer wieder fällt – zu verbessern, „des Apparates, die Zyklen öffentlicher Projekte, Technologien zu verbessern, die Designprozesse zu beschleunigen, mit allen Akteuren an einem Tisch“ (ebd.). Immer wieder wird dabei betont, dass es dabei nicht der Schlüssel zum Erfolg sei, möglichst schnell einen Plan zu haben, sondern eine langfristige Perspektive und ein Fokus auf Projekte zu entwickeln, die sich implementieren lassen und bei denen CREO selber sich um die Implementation – und öffentlich-private Finanzierung – kümmern wird.

Stärker als der PRES Constitución ist CREO Antofagasta von Beginn an auf Internationalisierung angelegt. So soll die Erarbeitung des Masterplans nicht nur durch internationale Expertise gespeist, sondern auch selber zur internationalen Best Practice gemacht werden. Das formulierte Ziel ist es, Antofagasta zu einer ‚Modellstadt auf nationaler und internationaler Ebene‘ zu machen. Hierzu wurde mit Alejandro Gutierrez ein Planer als Direktor eingesetzt, der nicht nur Erfahrung aus dem PRES-Prozess mitbringt, sondern als einer der Direktoren des international führenden Planungs- und Ingenieursunternehmens ARUP ein international masterplanner höchster Reputation ist und einen hohen Grad an internationaler Vernetzung mitbringt. So war Gutierrez an der Planung der Ecocity Dongtan in der Nähe von Shanghai und an vielen weiteren herausgehobenen Modellprojekten der ökologischen Modernisierung rund um die Welt beteiligt. Während erneut TIRONI für die Bürgerbeteiligung zuständig war, war der Einsatz auf die frühe Phase der Bürgeraktivierung befristet, weil es eben nicht in erster Linie „um die Befriedung eines Konfliktes“ (Interview Vicepresident of Coprorate Affairs BHP Billiton, 14. Juni 2018) gehen würde. Die Komponente der strategischen Kommunikation wurde internalisiert und untersteht direkt dem Direktorium von CREO. Um weiter das internationale Profil der Initiative zu stärken, ist ein permanenter ‚Expertenrat‘ eingerichtet worden, zu dem etwa Richard Burdett von der London School of Economics und Enrique Peñalosa, ehemaliger Bürgermeister von Bogotá, gehören. Als Modelle, die dem CREO Pate stehen, werden denn vonseiten der CREO-Planer auch vor allem internationale Vorbilder der strategischen Planung wie Bilbao, Bogotá und Medellín genannt. Mehrere Delegationen, bestehend aus Lokalpolitikern, Planern und sozialen Organisationen, wurden in diesem Zusammenhang etwa nach Medellín geschickt, um von den Erfahrungen dort zu lernen, ein Beispiel des international schnell wachsenden ‚Politiktourismus‘, der in der UPM-Literatur untersucht wird (Gónzalez 2010).

Das wichtigste Element der Internationalisierung des Modells ist aber die Rolle, die von Beginn an der OCDE zugedacht wurde. Neben einem lokalen Entwicklungsplan (PLADECO) und der Bürgerbeteiligung war der dritte – und bei weitem wichtigste – Pfeiler der Bestandsaufnahme zur Situation der Stadt ein 300 Seiten langer Bericht zu Problemen und Herausforderungen der Stadtentwicklung Antofagastas, der von den Experten der OCDE erarbeitet wurde. Das Ziel war es, „die Qualität der lokalen Diagnose“ anzuheben und einen internationalen Standard zu etablieren, der nicht mehr zu umgehen sein würde (Interview Vicepresident of Coprorate Affairs BHP Billiton, 14. Juni 2018). So ist der Bericht denn auch gespickt mit internationalen Referenzen und Best Practices zu öffentlich-privaten Partnerschaften in der Stadtentwicklung und es ist bemerkenswert, wie dabei die drängendsten Probleme der Stadt ausgespart bleiben (OCDE 2013).

Hierauf zielt vor allem auch die lokale Kritik, dass CREO nicht in der Lage sei, die wichtigen und umstrittenen Themen der Stadtentwicklung anzusprechen, weil dies die Geldgeber – also die Bergbauunternehmen – in ihren Interessen direkt berühren würde. Die bislang angestoßenen Projekte zielen denn auch stark auf ökologische Modernisierung und die Wettbewerbsfähigkeit ab; es werden Fahrradwege und neue Technologien der Wasseraufbereitung installiert, dazu ist eines der Kernprojekte, wie von der OCDE empfohlen, die Modernisierung der Küstenpromenade. Über die Schwermetallbelastung, die das direkte Ergebnis der Operationalisierung des städtischen Raums durch die Infrastrukturen und Logistikketten der MNU ist, kann im Rahmen des CREO-Masterplans nicht geredet werden.

4. Urban Policy Mobilities, globale Produktionsnetzwerke und strategische Masterpläne: Zusammenfassung und Ausblick

Basierend auf unseren Fallstudien wird ohne Zweifel deutlich, dass MNU der Ressourcenextraktion – als intentional und strategisch handelnde Akteure, wie von Yeung (2009) beschrieben – einen Zugriff auf die Stadtentwicklung sowie ihre Praxis- und Wissensformen suchen. Während es in jedem der Fälle lokalspezifische Auslöser für die Initiativen gab, ist ihnen gemeinsam, dass sie von MNU angestoßen wurden, die drei Eigenschaften teilen: Sie sind auf lokaler Ebene wirtschaftlich und politisch dominante Akteure, kämpfen mit starken Legitimationsproblemen und werden von internationalen Märkten und Stakeholdern, die als Teil der globalen Produktionsnetzwerke zu denken sind (Bridge 2009, Dicken 2011), zu einem ‚nachhaltigen‘ Umgang mit eben jenen Städten und Regionen aufgefordert, in denen sie aktiv sind. Zusammengenommen haben die Erfahrungen in Constitución und Antofagasta (mit wichtigen Stationen in Calama und Choapa, die wir hier aus Platzgründen nicht darstellen konnten) zur Entwicklung eines neuen Modells geführt, über das die strategische Kopplung – durch Verhandlungen, Partizipationsprozesse und Diskussionen über städtische Entwicklung – flexibel gemanagt werden kann. Dass das Modell nicht als Ganzes reist und modifiziert wird, ist im Einklang mit den Einsichten der UPM-Literatur dabei nicht überraschend: „mobile Politiken reisen selten als komplette ‚Pakete‘, sie bewegen sich in kleinen Teilen…und ‚kommen‘ deshalb nicht als Repliken ‚an‘, sondern als sich schon in Veränderung befindliche Politiken“ (Peck/Theodore 2010: 170, zitiert in Künkel 2015).

Neben der neuen Rolle, die die MNU in der städtischen Planung einnehmen, scheint uns das Besondere an dem Modell der öffentlich-privaten Masterpläne in Chile, dass in ihnen verschiedene, bislang eher unabhängig voneinander begriffene, Wissens- und Praxisformen sowie deren Akteure und Netzwerke zusammenkommen. Hier ist an die Felder der strategischen Unternehmenskommunikation und der sozialen Unternehmensverantwortung, an Stadtplanung, Urban Design und Governance sowie die Bürgerbeteiligung zu denken. Die Masterpläne sind Plattformen, auf denen diese Wissens- und Praxisformen auf neuartige Weise interagieren und vermittels derer lokale und transnationale Diskurse, Akteure und Logiken aufeinandertreffen beziehungsweise aktiv zusammengebracht werden. Während dies aus Sicht der UPM-Literatur als ein weiteres Beispiel für eine global policy assemblage interpretiert werden kann, zeigt die Perspektive der GPN auf, dass es dabei strategisches Ziel der MNU ist, die materiellen und immateriellen Dimensionen und Flüsse, die das Verhältnis von Städten und Regionen und den GPN prägen, aktiv zu gestalten (Yeung 2009).

Der Ausgangspunkt für die Entstehung des Modells waren Legitimationsprobleme verschiedener MNU der Ressourcenextraktion in Städten und Regionen, die stark von eben jenen Unternehmen und ihren Aktivitäten geprägt sind. Während in Constitución formell der nachhaltige Wiederaufbau im Mittelpunkt stand, waren alle Aktivitäten von Beginn an doch einer Logik der strategischen Unternehmenskommunikation untergeordnet, die von den PR-Profis von TIRONI konzipiert wurde. Gleich zu Beginn des PRES-Prozesses etwa wurde die Erstellung eines Dokumentarfilms (Mauchos) und ein Buch in Auftrag gegeben. Finanziert von ARAUCO, beschreiben im Buch zwei Journalisten in stark dramatisierter Weise zuerst den Tsunami, die Verwüstung von Constitución und den Planungsprozess des Wiederaufbaus aus Sicht des Unternehmens, das als von der Naturkatastrophe genauso wie die Bevölkerung betroffenes Subjekt dargestellt wird, als von einer existenziellen Krise bedroht, die nur durch Zusammenarbeit bewältigt werden konnte (Aravena/Sepúlveda, 2011). In einer ganzen Reihe anderer medialer Interventionen und Präsentationen (etwa von Alejandro Aravena auf der nationalen Architekturbiennale oder mit Bezug zu Calama PLUS und CREO Antofagasta auf einem OCDE-Meeting in Antofagasta, beides Ende 2017) werden Versatzstücke dieser simplifizierenden Erzählung (Montero 2017a) wiederholt. Sowohl TIRONI als auch ELEMENTAL haben um die Erfahrungen der Masterpläne herum Marken und Produkte etabliert. Tironi hat den Ansatz in einem Buch präsentiert, dessen Zweck es ist, „Organisationen einen Ansatz und eine Reihe von Instrumenten zu bieten, die es ihnen ermöglichen, zwei zunehmend relevanten Dimensionen im unternehmerischen Leben zu begegnen: dem Ursprung und den Folgen tiefer Meinungsverschiedenheiten und unvorhergesehener Kontroversen mit anderen Akteuren, mit denen sie in Koexistenz zusammenleben müssen, einerseits, und der Handhabung des sogenannten ‚Firmenrufs‘ andererseits, das heißt immateriellen Faktoren, auf denen das Ansehen und die Wertschätzung einer Organisation beruhen“ (Tironi 2011: 21, Übers. d. A.). Das zentrale Instrument des ‚Managements von Kontroversen‘ ist die Organisation der Bürgerbeteiligung im Rahmen der Masterpläne. Um dem Verdacht der Instrumentalisierung der Bürgerbeteiligung für Zwecke der strategischen Kopplung von Beginn an zu begegnen, wurden die Bürgerbeteiligungsprozesse selber in eine wissenschaftlich-soziale Erzählung gepackt, die auf die Ideen der horizontalen Koproduktion sozio-technischem Wissen abstellt, wie sie innerhalb der neueren französischen pragmatischen Soziologie im Anschluss vor allem an Bruno Latour und Michel Callon formuliert wird (Tironi 2011). Sich abgrenzend von instrumentalisierter Partizipation, die von Experten dominiert wird, wurden – in Abwandlung der „hybriden Foren“ von Callon, Lascoumes und Barthe (2009) – in Constitución und Calama ‚offene Foren‘ abgehalten, in denen im Anschluss an die Idee der ‚Kosmopolitik‘ der pragmatischen Soziologie allen Weltsichten und subjektiven Wahrheiten gleiche Gültigkeit zukommen sollte. Farías (2016) hat am Beispiel von Constitución aufgezeigt, inwiefern der Partizipationsprozess diesem Anspruch auf Horizontalität in keiner Weise gerecht geworden ist und vielmehr im Schatten der Legitimationsbeschaffung des Unternehmens und seiner Experten stand. Unsere Feldforschung in Constitución, Calama und Antofagasta bestätigt diesen Eindruck. Aus unseren Interviews geht hervor, dass es fundamentale Kritik seitens der Zivilgesellschaft und der Lokal- und Regionalregierungen an ihrer Instrumentalisierung gegeben hat: „Hier haben Privatunternehmen über die Interessen der Bewohner hinweg geplant. Es gab zwar ein Referendum über die Priorisierung von Maßnahmen, aber der Partizipationsprozess war absolut instrumentalisiert, die Leute wussten gar nicht, was genau ihre Aufgabe war.“ (Interview Regionalregierung SEREMI MINVU Región del Maule/Constitución, 4. April 2017).

Neben den Experten der Unternehmenskommunikation und Bürgerbeteiligung sind es die Architekten und Planer, die in der Lage sind, Aushandlungsprozesse um städtische Zukünfte und materiell-infrastrukturelle Aspekte der Stadt- und Raumentwicklung zusammenzubringen, das heißt Prozesse der strategischen Kopplung zu organisieren. Die Beschäftigten von ARUP und ELEMENTAL – als international masterplanners in entsprechenden Diskursen und Praktiken von Urban Governance und Urban Design geschult – stellen hier die Expertise bereit. Von Bedeutung ist, wie sich die Diskurse und Netzwerke aus „political corporate social responsibility“ (Scherrer et al. 2016: 274) und städtischer Planung zunehmend überschneiden. In einer jüngeren Publikation des chilenischen Unternehmenssektors etwa wird das Modell der Masterpläne als Best Practice der Unternehmensverantwortung dargestellt (Devenin 2017), während Alejandro Aravena (ELEMENTAL) und Alejandro Gutierrez (ARUP) die Foren der Stadtplanung und Architektur nutzen, um die positive Rolle hervorzuheben, die Unternehmen der Ressourcenextraktion in der Raumentwicklung einnehmen. Die Verschneidung der Diskurse von PCSR auf der einen und der ökologischen Modernisierung nach dem Vorbild von ARUP und ELEMENTAL auf der anderen Seite verstehen wir denn auch als eine der wichtigsten Konsequenzen der Etablierung des Modells der strategischen Masterpläne in Chile. Es werden nicht nur „Bündel von Wissen und Techniken“ (Tenemos/McCann 2013: 347) zusammengefügt, um punktuell spezifische Interessen umzusetzen oder akute Konflikte zu bearbeiten, vielmehr wird dauerhaft eine neue Art und Weise etabliert, das Verhältnis von öffentlichen und privaten Akteuren in der Stadtentwicklung zu denken und zu gestalten. Vor allem CREO Antofagasta zeigt auf, dass es dabei um einen dauerhaften Zugriff auf lokal-regionale Governance-Kapazität und um ihre aktive Gestaltung geht. Die bestehenden Machtungleichgewichte zwischen lokalen Akteuren und MNU, wie sie in der Literatur der GPN und der strategischen Kopplung diskutiert werden (Yeung 2009), werden dabei weiter vertieft. Im Rahmen der untersuchten Masterpläne waren und sind die Lokal- und Regionalregierungen in allen drei Fällen nicht viel mehr als Statisten und die Bürgerbeteiligungsprozesse viel stärker von den MNU und den von ihnen bezahlten Experten gelenkt, als es in den Erzählungen dargestellt wird. Der vielleicht wichtigste Beleg für diese Einschätzung ist, dass in keinem der Masterpläne die wirklich drängenden Probleme der chilenischen Städte der Ressourcenextraktion bearbeitet werden – die strukturelle Abhängigkeit von den MNU und die Operationalisierung der städtischen Räume durch die Infrastrukturen der Ressourcenextraktion. In diesem Sinne sind die in Chile von ‚Aktivisten-Architekten‘ im Schatten der strukturellen Macht der MNU entwickelten Masterpläne der Stadtentwicklung, bei all ihrer Komplexität, als neue Strategien hegemonialer Raumproduktion und einer Stadtentwicklung von oben zu betrachten.

Zum Abschluss sei auf zwei forschungsstrategische Einsichten hingewiesen: Erstens zeigen unsere Überlegungen, dass die Kombination der Literaturen um UPM und GPN Potenzial aufweist, weil beide Ansätze eine ‚offene‘ und relationale Konzeptionen von Städten, Regionen und Politiken aufweisen. Dazu teilen sie den Fokus auf die Bedeutung transnationaler Netzwerke. In dieser Kombination kann die UPM-Literatur das Spektrum der Akteure, Dynamiken und Logiken erweitern, die in die Mobilisierung, Zirkulation und die Assemblage von Politiken involviert ist. Hier ist in erster Linie an die Rolle von MNU zu denken, die aber in Richtung einer stärkeren Berücksichtigung politökonomischer Zusammenhänge im Allgemeinen ausgeweitet werden könnte. Die GPN-Literatur wiederum kann das Konzept der strategischen Kopplung dadurch verfeinern, dass von der UPM-Literatur gelernt wird, wie zeitgenössische städtische Politikprozesse funktionieren. Zweitens zeigen unsere Überlegungen, wie wertvoll es für die Stadtforschung tatsächlich ist, in die Länder des Südens zu schauen und hier in solche Städte, die nicht zu den ‚üblichen Verdächtigen‘ gehören (d. h. die Hauptstädte und Megacitys). Es sind auch und vor allem die „ordinary cities“ oder „global cities off the map“ (Robinson 2006) im Süden, anhand derer wir unsere Kenntnisse über zeitgenössische Prozesse der Stadtentwicklung und das Machen von Stadtpolitik entscheidend erweitern können und auch müssen.

 

Dieser Artikel wurde durch die chilenische Forschungskommission Conicyt (Fondecyt 11150789), die Deutsche Forschungsgemeinschaft und den Publikationsfonds der TU Berlin gefördert

Endnoten

Autor_innen

Michael Lukas arbeitet zu den Themen Geographie, Stadtplanung, urbane politische Ökonomie und Urban Governance.

mlukas@uchilefau.cl

 

Andreas Brück arbeitet zu den Themen Stadtplanung, urban Design und Stadtgeographie.

a.brueck@isr.tu-berlin.de

 

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