Stadt ethnografisch erforschen

Potenziale reflexiver Positionalität

Carolin Genz

Um Städte und die Art und Weise zu erforschen, wie sich das politische und gesellschaftliche Zusammenleben gestaltet, ist ein Eintauchen in die Konfliktfelder und stetigen Aushandlungsprozesse ihrer Bewohner_innen unabdingbar. Dabei rücken die Alltage und Anliegen städtischer Akteursgruppen und die komplexen und mehrdimensionalen Prozesse städtischer Raumproduktion in den Blick. Die Ethnografie als multimodaler Methodenzugang ermöglicht ein solches Eintauchen und schafft darüber Möglichkeitsräume zur Intervention vonseiten einer engagierten Wissenspraxis (Binder et al. 2013). Sie eröffnet eine holistische Perspektive auf Logiken und Bedeutungsstrukturen städtischer Akteur_innen und deren sozial-räumliche Praktiken, worüber Machtverhältnisse und Stigmatisierungen im gesellschaftlichen Miteinander sichtbar werden. In der jüngeren Vergangenheit lässt sich ein gestiegenes Interesse an der Ethnografie in interdisziplinären Feldern der Stadtforschung erkennen. Daher ist es wichtig, dass ethnografisch Forschende das zugrundeliegende methodologische Grundverständnis in Bezug auf ihre politische Verantwortung und den Politiken ethnografischer Repräsentation reflektieren. Denn wie wir uns als Forscher_innen der Stadt zuwenden und welche Perspektiven wir einnehmen, hat direkte Auswirkungen auf die unmittelbare Wissensproduktion zu städtischen Entwicklungen.

Für ein weitreichendes Verständnis kultureller Begebenheiten ist sowohl eine intensive Beobachtung als auch die Reflexion der eigenen Position vonnöten, weil es für die Forschenden und Teilnehmenden oft selbst nicht offensichtlich ist, von welchen Vorannahmen sie ausgehen. Daher knüpft der Beitrag an die wichtigen Auseinandersetzungen an, die seit dem reflexive turn im Kontext der writing culture-Debatte geführt werden (siehe dazu Clifford/Marcus 2009; Zenker/Kumoll 2010; Binder et al. 2013; Rolshoven/Schneider 2018) und im Spannungsfeld der Stadtforschung wichtige Anknüpfungspunkte liefern. Insbesondere die Ethnografie eignet sich dafür einen reflexiven Standpunkt einzunehmen, da im Zusammenhang mit dieser Methode seit der Krise der Repräsentation in den 1980er Jahren die kritische Auseinandersetzung mit der eigenen Position Tradition hat und deren Weiterentwicklung angestrebt wird.[1] Im Bereich der Stadtforschung bedeutet das, sich der eigenen Involviertheit sowie gesellschaftlichen Machtverhältnissen und politischen Kämpfen aus einer akteurszentrierten und praxeologischen Perspektive zu widmen. Dank der Reflexionspraktiken ethnografischer Forschung kann demnach die politische Dimension der Wissensproduktion über die Stadt in Augenschein genommen werden. Daraus leitet sich folgende Frage ab: Wie lassen sich die politischen Dimensionen der eigenen Wissensproduktion und damit die Positionalität und die Politiken ethnografischer Repräsentation in den Forschungsfeldern des Städtischen reflektieren? Insbesondere die Verantwortung der Forschenden und ihre interventionistische Wissenspraxis, infolge derer sie sich in politischen Feldern der kritischen Stadtforschung positionieren, soll nachfolgend thematisiert werden. Denn die Debatte um eine politische wie auch reflexive Haltung ethnografischer Wissensproduktion ist zentral für die Anschlussfähigkeit der Ethnografie in einer interdisziplinär ausgerichteten, kritischen Stadtforschung.

Der vorliegende Beitrag thematisiert daher das holistische Grundverständnis der ethnografischen Erforschung von Stadt als Methodologie und die damit einhergehende politische Verantwortung einer engagierten Wissenspraxis. Dabei werden die Modalitäten der ethnografischen Stadtforschung kurz skizziert und das interdisziplinäre Interesse an der ethnografischen Erforschung thematisiert, um nachfolgend die Reflexion der eigenen Positionalitäten anhand einer Ethnografie im Feld der städtischen Protest- und Bewegungsforschung zu erkunden. Die Forschung nimmt die praxeologische Formation von Protest als Form politischen Handelns älterer Akteursgruppen in Berlin in Folge von Verdrängungsprozessen und stetig steigender Mieten in den Blick. Sie untersucht, wie durch spezifische Protest- und Netzwerkpraktiken durch die Akteur_innen eine problemzentrierte Öffentlichkeit im städtischen Raum formiert und navigiert wird. Durch eine Fokussierung der Praxisdimensionen politischen Handelns werden Machtverhältnisse sichtbar, aufgrund derer einzelne Protestgruppierungen im städtischen Diskurs um steigende Mieten marginalisiert werden. Im Kontext stadtethnografischer Methodologie wird hier ein holistisches Verständnis von städtischen Bewegungen und ihren Protestpraktiken entwickelt (Genz 2020). Daraus ergibt sich der Ansatz, das Verhältnis von Forscher_innen und stadt-politischem Aktivismus im Lichte der writing culture-Debatte zu denken. Gerade im deutschsprachigen Raum adressiert der Beitrag damit eine bisher unterrepräsentierte Auseinandersetzung. Die hier aufgeführten Einblicke verdeutlichen, dass sich die Dimensionen einer engagierten Kollaboration im Laufe des Forschungsprozesses einerseits stetig verändern und überlagern und andererseits auch immer abhängig sind von den jeweiligen Bedingungen, denen die Forschenden unterliegen.

Wege der ethnografischen Stadtforschung

Die ethnografische Erforschung von Stadt blickt auf eine lange Tradition zurück. Ihre Geburtsstätte sind die Straßenecken, Cafés und Nachbarschaftsquartiere im Chicago der 1920er Jahre. Robert Ezra Park, Ernest W. Burgess, Albion Woodbury Small und William Isaac Thomas gelten als Gründer der sogenannten Chicago School. Sie hielten ihre Studierenden dazu an, sich von den Schreibtischen, Bibliotheken und Archiven wegzubewegen und auf die Straße zu gehen, um sich dem Stadtleben unmittelbar zuzuwenden: „This is called ‚getting your hands dirty in real research.‘“[2] Das Ergebnis sind Arbeiten wie William Whytes Street Corner Society (1943), Louis Wirths The Ghetto (1928) oder Nels Andersons’ The Hobo (1923) – um nur einige der Publikationen zu nennen, die das Fundament für die weitere Entwicklung der ethnografischen Erforschung von Stadt bildeten. Als wichtigste Stadien in der Weiterentwicklung der Stadtanthropologie gelten nach Rolf Lindner die britische Manchester School und die Gründung der Zeitschrift Urban Anthropology im Umfeld von Howard S. Becker, Everett Hughes, Elliot Liebow und Herbert Gans, die es seit den 1980er Jahren gibt (Lindner 2005: 56). Lindner hebt das Engagement der Chicago School und ihr „radikale[s] Bekenntnis zur qualitativen Forschung“ hervor (ebd.). Denn hier deutet sich eben jenes Verständnis einer Urban Anthropology an, welches „die Übermittlung des inneren Lebens großstädtischer Lebensweisen und Enklaven“ in den Forschungsfokus stellt und wegbereitend war für die Weiterentwicklung und Perspektiven der Stadtanthropologie (ebd., weiterführend Lindner 2004). Seither wächst die Bedeutung von Städten im Zuge fortlaufender Urbanisierung stetig an, und mit dem spatial turn finden ethnografische Methoden zunehmend Anwendung in der Stadtforschung (Lindner 2007; Huffschmid/Wildner 2013; Duneier/ Kasinitz/Murphy 2014; Schwanhäußer 2015; Imilan/Marquez 2019).

In der deutschsprachigen Anthropologie setzte die Auseinandersetzung mit urbanen Themenfeldern mit etwas Verzögerung ein (Lindner 1997; Schwanhäußer 2010a). Bei der Stadtanthropologie handelt es sich nach Anja Schwanhäußer weniger um eine „gesonderte[r] wissenschaftliche[n] Disziplin“, sondern vielmehr um einen „bestimmte[n] Denk-, Forschungs- und Argumentationsstil.“ (2010a: 107) Heute zählen Städte zu den zentralen Forschungsfeldern des Faches. Dabei werden Städte als ‚Gesellschaftslabore‘ verstanden, die sozio-kulturelle Transformationsprozesse antreiben und verdichten (ebd.). Die Themenfelder stadtethnografischer Forschungen sind demnach ebenso vielfältig und hybrid wie die diversen städtischen Verflechtungen, Relationen und Situiertheiten, denen sich die Wissenschaftler_innen zuwenden. Aktuell kann im deutschsprachigen Raum nicht von einem einheitlichen stadtanthropologischen Fachkanon gesprochen werden, es gibt vielmehr verschiedene Strömungen. Einige relevante Forschungsansätze sollen kurz erwähnt werden, um verständlich zu machen, aus welchen Perspektiven sich die anthropologische Forschung dem Städtischen zuwendet.

Grundsätzlich liefert die Ethnografie als methodologische Herangehensweise stadtanthropologischer Forschung dichte empirische Befunde, anhand derer das Leben in den sich schnell verändernden und vielschichtig gelagerten städtischen Konglomeraten besser verstanden werden kann. Alexa Färber konstatiert, dass das Interesse ethnografischer Forschung „den Praktiken von Ausschluss und Einschluss, den sub- und gegenkulturellen Aneignungen und Transformationen von Stadtraum, den Erfahrungen von und Identifikationen mit Stadt sowie den transnationalen Verknüpfungen urbaner Alltage“ gilt (Färber 2014b: 138; siehe auch Färber 2010; Wietschorke 2013). Anthropologische Perspektiven auf die Stadt eignen sich insofern für die Analyse von Machtbeziehungen und die interdependierenden Logiken von Stadt und räumlichen Praktiken.

Diese Betrachtungen werden insbesondere relevant, da ethnografische Wissensproduktion auch für die Stadtplanung und -entwicklung wichtige Erkenntnisse liefern kann (Binder 2009; von Bose 2016). Außerdem werden die wechselseitigen Beziehungen zwischen verschiedenen Artefakten und Technologien, in Anlehnung an Bruno Latours (2005) Akteur-Netzwerk-Theorie, für die Stadtforschung fruchtbar gemacht (Farías/Bender 2010; Färber 2014a; Blok/Farías/Roberts 2019). Weitere Betätigungsfelder stadtethnografischer Forschung finden sich in den Untersuchungen „urbaner Szenen“ (Schwanhäußer 2010b) und in Arbeiten zu Mobilität insbesondere im Schnittfeld von städtischen Räumen und Migration (Bojadžijev 2014; Wilcke 2018) – um nur einige zu nennen.[3] In diesem Kontext und mit wachsendem Interesse an einer Engaged Anthropology (Low/Merry 2010) werden ethnografische Methoden vermehrt zur Erforschung von städtischen sozialen Bewegungen eingesetzt (Kaschuba et al. 2016; Genz 2020). In diesen Arbeiten werden unter anderem die Inklusionsfähigkeit öffentlicher Räume als auch Machtverhältnisse, die dort zum Tragen kommen, differenziert aufgeführt und kritisch hinterfragt. Aufgrund dieser inhärenten Machtverhältnisse sind die Auseinandersetzung mit den Perspektiven der Forschenden und eine kritische Reflexion ihrer Positionen dabei relevanter denn je.

Interdisziplinäre Neugier

Die Potenziale und Zugänge ethnografischer Stadtforschung finden in anderen Fachdisziplinen stetige Anerkennung (Atkinson/Coffey/Delamont 2001), da ein ethnografischer Ansatz eine dichte und langfristig angelegte Auseinandersetzung mit sozial-räumlichen Praktiken und gelebter städtischer Raumerfahrung verspricht (Jackson 2016). Insbesondere in der deutschsprachigen Geographie und Soziologie haben ethnografische Methoden zur Erforschung des Städtischen Konjunktur. Martin Müller führt diesbezüglich aus, dass „das Interesse am ‚doing‘ und ‚making‘ von Geographien, an Performativität, Machttechniken, gelebter Praxis und verkörperten Subjekten“ verschiedenen Teildisziplinen, etwa der neueren Kulturgeographie, der Stadtgeographie oder der politischen Geographie, eigen sei (Müller 2012: 179; weiterführend Strüver 2011; Dirksmeier/Helbrecht 2010; Füller/Marquardt 2009). Im Hinblick auf ein stetig wachsendes interdisziplinäres Interesse an der Ethnografie zur Erforschung von Stadt ist es jedoch wichtig, das methodologische Grundverständnis der Ethnografie bewusst zu machen und eine Diskussion über die Positionalität und die Politiken ethnografischer Repräsentationen der Forschenden zu führen.

Denn im interdisziplinären Kontext wird die Ethnografie mithin als eine Art „Werkzeugkasten“ verstanden, welcher ein Spektrum an Tools zur Verfügung stellt: eine Mischung aus teilnehmender Beobachtung und qualitativen Interviews (Thelen 2015: 255). Angesichts der vielschichtigen methodischen Zugänge, welche die Ethnografie eröffnet, mag diese Logik nachvollziehbar sein. Das führt jedoch dazu, dass das ethnografische Wissen über die Stadt in interdisziplinären Feldern nicht selten eine geringe Dichte aufweist (Schwanhäußer 2015: 59).

Auch Thomas Scheffer und Christian Meyer beobachten, dass der „Gebrauch des Labels ‚Ethnografie‘ […] einen inflationären Charakter“ (2011: 2) in interdisziplinären Feldern hat. Ebenso macht Monika Streule deutlich, dass die Ethnografie in anderen Disziplinen dann herangezogen wird, wenn „herkömmliche Strategien“ nicht greifen (Streule 2013: Abs. 16) – beispielsweise bei sich komplex überlagernden und vielschichtigen städtischen Räumen und räumlichen Praktiken. Ihr zufolge sind interdisziplinäre Felder wie beispielsweise die Planungs- und Architekturpraxis weiterhin normativ ausgerichtet und können der vielschichtigen sozial-räumlichen Mehrdimensionalität der Stadt kaum gerecht werden. Die Suche nach einer fruchtbaren Anwendung ethnografischer Zugänge ende zumeist in „Ausschmückung[en] körperloser, verflachter gesellschaftlicher Analysen mit ethnografischen Versatzstücken“ (ebd.). Das wachsende interdisziplinäre Interesse an der ethnografischen Erforschung von Stadt ist uneingeschränkt zu begrüßen, ihr Verständnis einer methodischen „Werkzeugkiste […], woraus sich jede und jeder nach Belieben bedienen kann“ (Streule 2013: Abs. 25) jedoch zu kurz gedacht. Denn darüber wird die Forschung noch nicht dem Anspruch einer „dichten Beschreibung“ im Geertz‘schen Sinne gerecht (Geertz 2015 [1983]). Will man sich der Komplexität städtischen Alltagslebens nähern, darf ein ethnografisch-kulturanalytischer Blick auf städtische Phänomene nicht bei der Auswahl einiger ‚Werkzeuge‘ stehen bleiben.

Trotz steigender interdisziplinärer Neugier weist Peter Jackson auf den noch fehlenden festen Platz der Ethnografie in den Theorien der Stadtforschung hin: „Since the early years of the ‚Chicago school‘, ethnographic research has not been rooted in any general theory of the urban.“ (2016: 35) Er führt die fehlende ethnografische Perspektive als integralen Bestandteil der Stadtforschung auf theoretische wie methodologische Probleme zurück und verweist einerseits auf die Krise der Repräsentation und andererseits auf die Diskussion einer ethnografischen Erforschung von Stadt „in the city“ und „of the city“ (ebd.; weiterführend Hannerz 1980; Saunders 1981).

Eine solche Kritik bedarf in jedem Fall der weiteren Diskussion; sie wirkt jedoch auch als Hemmnis für die interdisziplinäre Anschlussfähigkeit der Ethnografie für die Stadtforschung. Denn längst gibt es eine Vielzahl fachinterner Auseinandersetzungen, in deren Rahmen nach Wegen gesucht wird, eine empirisch fundierte und dichte Form der Wissensproduktion für stadttheoretische Themen zu re-konzeptualisieren (Pardo/Prato 2018: 2). Denn die Einnahme einer ethnografischen Perspektive ermöglicht unter anderem eine kritische Auseinandersetzung mit städtischen Akteur_innen und Praktiken, aber auch mit spezifischen Machtverhältnissen (vgl. Küttel 2019; weiterführend Katz 1994; Rose 1997; Michel 2009: Roy 2014; Streule 2018). Dem ist anzuschließen, dass stadtethnografische Forschung gerade aufgrund ihres holistischen Ansatzes auch immer theoretisch rückgebunden ist (Müller 2012: 180). Diese theoretische Rückbindung beinhaltet ein stetiges und ganzheitliches Zusammendenken von Theorie, Methode, Forschungspraxis und Positionalität. Das holistische und epistemologische Verständnis einer ethnografischen Erforschung von Stadt bietet Potenziale für eine urbane Theoriegenese. Insbesondere begünstigt die ethnografische Analyse räumlicher Praktiken und verkörperter Erfahrungen die Herausbildung kritisch-materialistischer Theorien und bietet weiterführend Anknüpfungspunkte für deren empirische Überprüfung (vgl. Gomes de Matos/Mullis 2018: 110 ff.). Umso mehr sind ethnografisch Forschende dazu angehalten, ihre methodologischen Herangehensweisen und ihre Involviertheit im Feld zu reflektieren und in die Analysen mit einzubeziehen.

Ethnografische Stadtforschung als Methodologie

Im Rahmen von Ethnografien kommt eine Vielzahl methodischer Herangehensweisen zum Tragen, dank derer die Prozesse menschlichen Zusammenlebens in der Stadt in ihrer Vielschichtigkeit offengelegt werden. Eine ethnografische Perspektive besteht in einem „integrierte[n] Forschungsansatz“ (Breidenstein et al. 2015: 34), der einen holistischer Blick auf die Logiken sowie Bedeutungsstrukturen städtischer Akteur_innen und ihrer Praktiken eröffnet. Dabei werden diese als Teil von kulturellen, sozialen und räumlichen Zusammenhängen betrachtet. Karen O’Reilly führt dazu aus, dass ethnografische Forschung eine Methodologie darstellt, einen ganzheitlichen way of seeing, woraus sich auch ein ebensolcher way of understanding ergibt (O’Reilly 2005: i; vgl. Wolcott 2008). Es handelt sich demnach um einen multimodalen Ansatz, der unter anderem dazu dient, städtische Akteur_innen in ihren jeweiligen Alltagen differenziert in den Blick zu nehmen.

Die ethnografische Methode der Feldforschung und die Teilnehmende Beobachtung ermöglichen Einblicke in eben jene Vorstellungs- und Diskursräume und die sozial-räumliche Bedeutungen von Stadt (Schwänhäußer 2010a; weiterführend Schmidt-Lauber 2007; Kaschuba 2012). Die mit Hilfe dieser Methode gewonnenen Erkenntnisse, die sich aus den beobachteten Praktiken speisen, sind das Ergebnis einer Interaktion mit den Menschen, die den Forscher_innen im Feld begegnen, und sie sind abhängig von den erlebten Situationen sowie von den Räumen, die aufgesucht werden (Hauser-Schäublin 2003). Bei der Teilnehmenden Beobachtung gehe es darum, aktiv und dauerhaft am Gruppen- und Alltagsleben zu partizipieren, und nicht bloß um ein Beobachten von Situationen als Außenstehende_r. Nur so sei es möglich, „kulturelle Schlüsselszenen wie typische Alltagssituationen“ wahrzunehmen (Kaschuba 2012: 206). Erstrebenswert ist demnach eine „soziale Nähe und Kopräsenz im Feld“, wobei den Forschenden eine „Doppelfunktion“ zukommt, indem sie zugleich im Forschungsfeld interagieren sowie Daten erheben und analysieren sollen (Thomas 2019: 43). Auf diese ‚Doppelfunktion‘ möchte ich nun folgend eingehen. Denn in der ethnografischen Stadtforschung ist die Teilhabe am Geschehen grundlegend für die Herausbildung eines inkorporierten Verständnisses für die physischen, räumlichen und materiellen Bedingungen stadtpolitischer Handlungslogiken.

Die Ethnografie ist geleitet von der erkenntnistheoretischen Frage, wie und warum Wissen generiert wird. Dabei liegt der Fokus insbesondere auf der „dichte[n], alltagsnahe[n] und nuancierte[n] Rekonstruktion der kulturellen Sinnhorizonte und Praktiken durch eine verstehende Forschungsperspektive […], die durch einen mikroanalytischen Zugang nahe an den Akteuren sowie den reflexiven Blick auf das Feld und die entstandenen Daten gekennzeichnet ist“ (Schmidt-Lauber, zit. n. Scheffer/Meyer 2011, Abs. 12). Was für die ethnografische Forschung von Interesse ist, sind demnach der konkrete und empirisch erfassbare Teil des Erfahrungsschatzes der Bewohner_innen von Städten sowie deren „Wege durch die Stadt“ (Schwanhäußer 2010a: 107). Es geht darum, der Bedeutung lokaler Milieus und der Lebensart der Stadtbewohner_innen auf die Spur zu kommen. Um eine kritische Auseinandersetzung mit den symbolischen Ordnungen, die der Strukturierung des urbanen Raums zugrunde liegen, kommt man dabei nicht herum. Gerade auch jene Vorgänge, die als ‚Gentrifizierung‘ und ‚Segregation‘ bezeichnet werden, können aus einem ethnografischen Blickwinkel analysiert werden (ebd.). Dabei ermöglicht ein ethnografischer Zugang Anschluss zu (marginalisierten) Gruppierungen, mit dem Ziel, gesellschaftliche Vorurteile und Stigmatisierungen, beispielsweise aufgrund des Alters, Geschlechts oder der sozialen, politischen, kulturellen oder religiösen Zugehörigkeit, entgegenzuwirken (weiterführend Ege 2013). Diese Haltung hat ihren Ursprung in den handlungstheoretischen und interpretativen Studien der Chicago School (Kajetzke/Schroer 2010), grenzt sich aber von einer Exotisierung ab.

Städtische Aushandlungsprozesse sind auch immer an Aneignungspraktiken geknüpft, wie das eingangs in Bezug auf die Ausführungen von Färber (2014a) angemerkt wurde. Dabei wird der Versuch unternommen, implizites (und performatives) Wissen in Erfahrung zu bringen. Für die Betrachtung städtischer Aushandlungen, wie beispielsweise Proteste, ergeben sich darüber Zugänge zu semiotischen Ideen, welche die kulturelle Textur von Stadt und aufeinander bezogene Aneignungspraktiken und Machtbeziehungen in städtischen Räumen betreffen. Mithilfe der Ethnografie wird ersichtlich, nach welchen Regeln und Mustern, in Bezug auf welche Machtverhältnisse und politischen Logiken sich das Miteinander gestaltet und wie es sich fortlaufend verändert (Adam/Vonderau 2014). Dabei kann insbesondere der Vielfalt städtischer Akteur_innen und kollektiver Sozialwelten Rechnung getragen werden. Das translokale Zusammenwirken vielschichtig agierender städtischer Akteur_innen und machtdurchzogener politischer Prozesse gerät darüber ins Blickfeld kritischer Wissensproduktion. Jens Adam und Asta Vonderau (2014) verweisen in diesem Zusammenhang darauf, dass die Ethnografie als eigenständiger Forschungsstil verstanden werden muss, anhand dessen es möglich sei, Stadtentwicklungspolitiken in Zeiten des Neoliberalismus und sozial-räumliche Praktiken kritisch in den Blick zu nehmen.

Dabei ist eine Reflexion der eigenen Involviertheit und der ethnografischen Forschungspraxis unabdingbar. Nur so ist es möglich, Orte und Räume als soziale Realitäten wahrzunehmen und zu beschreiben, sowie den impliziten und expliziten Aushandlungsprozessen nachzuspüren, die mithin zu einer Verschiebung gegenwärtiger ‚Realitäten‘ führen und neue Möglichkeitsräume schaffen. Mit der Wahl eines ethnografischen Zugangs sind aber auch methodologische Herausforderungen verknüpft, die auf Politiken ethnografischer Repräsentation verweisen. Eine Möglichkeit der Nutzung des Potenzials ethnografischer Ansätze unter Berücksichtigung dieser Problematik besteht in einer feministischen Ausrichtung der ethnografischen Forschungspraxis. Diese berücksichtigt eine intervenierende, kollaborative Positionierung der Forscher_innen (Binder et al. 2013), ohne dabei Selbstkritik und die politische Verantwortung einer engagierten Wissenspraxis außer Acht zu lassen. Auf den kommenden Seiten wird daher das interventionistische Potenzial der Ethnografie für eine interdisziplinär ausgerichtete, kritische Stadtforschung diskutiert. Diesbezüglich wird insbesondere die eigene Situiertheit und Involviertheit der Forscher_innen eingehend beleuchtet.

Positionalität und Politiken ethnografischer Repräsentation

„Positionality is vital because it forces us to acknowledge our own power, privilege, and biases just as we denounce the power structures that surround our subjects.“ (Madison 2012: 16)

Stadtforscher_innen kommt im urbanen Diskursraum eine besondere Rolle zu. Diese zu reflektieren und Widersprüche transparent zu machen ist in jeder Fachdisziplin und im Rahmen jeder methodischen Vorgehensweise angebracht (Bourdieu 1993; Knorr-Cetina 1981). Wie wichtig das Nachdenken für die Position der Forschenden im Feld ist, thematisierte Rolf Lindner bereits 1981 mit seinem Artikel „Die Angst des Forschers vor dem Feld. Überlegungen zur teilnehmenden Beobachtung als Interaktionsprozess“. Die Ethnografie verfügt seit jeher über eine lange Zeit eingeübte Reflexionskompetenz, die sie im Rahmen der Wissensproduktion und im Zuge der Intervention in den stadtpolitischen Diskurs geltend machen kann. Die Erkenntnisse, die aus den Auseinandersetzungen zur writing culture-Debatte und zur Krise der ethnografischen Repräsentation im Laufe der Zeit erwachsen sind, gelten als wesentliche Errungenschaften im Hinblick auf Erfüllung des Anspruchs, die eigene wissenschaftliche Integrität und Forschungsethik im Blick zu behalten.

Diese Ansätze möchte ich am Beispiel einer Ethnografie zu städtischen Protestpraktiken verdeutlichen, mit dem Ziel, die writing culture-Debatte für die kritische Stadtforschung anknüpfbar zu machen: In dieser wird untersucht, unter welchen Rahmenbedingungen es älteren Menschen gelingt, im städtischen Raum politisch zu agieren, um eine problemorientierte Öffentlichkeit für ihre Anliegen zu generieren. Aktuelle Tendenzen städtischer Transformation und die gleichzeitige demographische Entwicklung machen die Auseinandersetzung mit Ungleichheit und Alter im Zuge der Wohnungsfrage zu einer drängenden Aufgabe für Gesellschaft und Wissenschaft. Dabei wendet sich die Forschung den spezifischen Protest- und Netzwerkpraktiken älterer Menschen in städtischen Räumen zu (siehe Abb. 1). Unter Einbeziehung von Judith Butlers Anmerkungen zu einer performativen Theorie der Versammlung (2018) und den Ansätzen eines handlungstheoretischen Pragmatismus von John Dewey (1991 [1927]) wird die praxeologische Formation politischen Handelns fokussiert, wobei deren körperliche, räumliche und materielle Bedingungen herausgearbeitet werden (Genz 2020: 38 ff.). Ich habe einen multimodalen Methodenansatz gewählt, um ein holistisches Verständnis von städtischen Protest- und Netzwerkpraktiken zu entwickeln. Dafür habe ich die Akteur_innen drei Jahre lang bei ihrem Protest begleitet und zudem umfangreiche Gespräche mit Aktivist_innen, Kooperationspartner_innen, Politiker_innen und Investor_innen geführt.

Abb. 1 Protestierende Senior_innen am Potsdamer Platz in Berlin wenden sich gegen steigende Mieten. September 2014 (Quelle: change.org/Klaus Schenke)
Abb. 1 Protestierende Senior_innen am Potsdamer Platz in Berlin wenden sich gegen steigende Mieten. September 2014 (Quelle: change.org/Klaus Schenke)

In diesem Rahmen waren die Positionalität und die Involviertheit im Feld relevant. An diesem Beispiel lassen sich daher folgende Fragestellungen festmachen: Wie positioniere ich mich innerhalb eines stadtpolitischen Feldes im Rahmen ethnografischer Forschung? Welche Anforderungen sind damit verbunden? Und wie finde ich einen Umgang mit den Politiken ethnografischer Repräsentation in diesem Prozess? Für eine Annäherung an diese Fragen sind die Funktionen und Rollen der Forschenden auf mehreren Ebenen zu betrachten. Insbesondere in stadtpolitischen Feldern ist eine reflexive Positionalität von zentraler Bedeutung, da so die eigene Macht und eigene Privilegien, aber auch Vorurteile beziehungsweise Vorannahmen sichtbar gemacht werden können (Madison 2012). Shulamit Reinharz (2011) versteht dabei das ‚Selbst‘ als Schlüsselinstrument ethnografischer Forschung; sie rückt die Forschenden in den Fokus der Erhebung. Die Selbstreflexion ist somit ein integraler Bestandteil des Forschungsprozesses. Zur Implementierung einer dauerhaften und konstruktiven Reflexionsebene schlägt Reinharz vor, drei Arten des ‚Selbst‘ in den Blick zu nehmen: das forschende Selbst, das persönliche Selbst und das situative Selbst. Diese Formen des Selbst sind miteinander verwoben, konstituieren sich prozessual und wirken direkt auf die Forschung und damit auf die Wissensproduktion. Diesen Ansatz möchte ich für die ethnografische Stadtforschung anknüpfungsfähig machen. Die multiplen Formen des ‚Selbst‘ lassen sich zudem weiterdenken, wie ich nachfolgend aufzeigen möchte.

Das forschende Selbst entwickelt und festigt sich über die Zeit und wird darüber zum Einflussfaktor im Feld. Gerade der Beginn einer Forschung ist geprägt durch das Suchen nach einer eigenen Verortung im wissenschaftlichen und stadtpolitischen Diskurs, um das Forschungsvorhaben voranzubringen und empirischen wie theoretischen Desideraten auf die Spur zu kommen. Mit der Zeit findet darüber eine Positionierung im Forschungsfeld statt, wobei sich Forscher_innen im Rahmen der Interaktion mit Akteur_innen wiederholt folgende Fragen stellen: Was mache ich hier eigentlich? Was will ich hier?

„Meistens setze ich mich an den Rand, um Feldnotizen zu schreiben, aber dennoch an den Interaktionen teilnehmen zu können – mich vorzustellen und kurz zu erklären, warum ich da bin. Unauffällig in der letzten Reihe sitzen ist ohnehin nicht immer möglich: Zwischen mir und den Akteur_innen liegen mindestens 50 Jahre Lebenserfahrung. Mittlerweile kennen sie mich, begrüßen mich herzlich oder stellen mich vor, um zu zeigen, dass ihre Anliegen im Bereich ‚der Wissenschaft‘ Interesse und Anerkennung finden, denn ‚es ist wichtig‘, was bei ihnen passiert. […] Die anfangs merkliche (auch physische) Distanz zwischen den älteren Aktivist_innen und mir verringerte sich im Zuge meiner Forschungstätigkeit durch ein wechselseitiges Vertrauens- und Respektverhältnis. So war es naheliegend, dass ich die älteren Akteursgruppen fortan im Rahmen meiner Möglichkeiten bei ihrem städtischen Protest unterstützte.“ (Feldnotiz vom 30. Juni 2016)

Die Involviertheit und der Austausch mit den Akteur_innen formen über die Zeit nicht nur das eigene Wissen, sondern auch den Untersuchungsgegenstand. Es entwickelt sich ein gegenseitiges Verstehen, eine Akzeptanz und ein Vertrauensverhältnis. Das kann mitunter dazu führen, dass die Aktivist_innen auch offen über Konflikte innerhalb der Gruppe sprechen – dabei werden vor allen Dingen Meinungsverschiedenheiten über das ‚richtige‘ Vorgehen oder die ‚richtige‘ Ansprechhaltung gegenüber Investor_innen, Politiker_innen oder Medienvertreter_innen thematisiert. Gerade mit diesen Konflikten gehe ich nach wie vor zurückhaltend um, da ihnen im Laufe des städtischen Protestes und im Zuge der Aushandlung mit beispielsweise Investor_innen oder Politiker_innen jeder Konflikt zum Nachteil ausgelegt werden kann. Diese Befürchtung hat sich im Laufe der Zeit bestätigt, da es durchaus im Sinne des Investors war, Einzellösungen für die jeweiligen Mieter_innen zu finden. In der Folge hat sich der Zusammenhalt innerhalb der protestierenden Mieter_innengemeinschaft verändert. Allein der Umgang mit dem Wissen um Konflikte und der damit verbundene Anspruch, diese zu schlichten und in Gesprächen Empathie für die jeweils anderen Personen zu generieren, ist ein beginnendes politisches Einmischen des forschenden Selbst. Jede ethnografische Forschung, die sich Vorgängen in einem stadtpolitischen Feld widmet, zielt letztlich auch darauf ab, politische Inhalte „ihrer Selbstverständlichkeit zu entheben und die ihnen eingeschriebenen Normativitäten zu problematisieren“ (Adam/Vonderau 2014: 27). Adam und Vonderau erklären weiter, dass dies durch eine kritische, reflektierte Positionierung innerhalb der untersuchten politischen Formationen möglich ist, eben indem die Forscher_innen an den „inhärenten Aushandlungen als Akteur und Akteurin“ aktiv teilnehmen (ebd.). So gehe es neben dem ethnografischen Nachzeichnen von politischen Handlungsprozessen und Formationen auch um ein Nachdenken darüber, wie die eigene Anwesenheit und die Beziehung zu den Akteur_innen das politische Forschungsfeld beeinflusst und möglicherweise verändert.

Diese Reflexion leitet über zum situativen Selbst. Reinharz (2011: 143 ff.) beschreibt diese Form des Selbst mit der beruflichen Zugehörigkeit und der temporären Präsenz der Forschenden im Feld. Zum Beispiel hat meine Präsenz als Wissenschaftlerin dem Anliegen der Akteur_innen ein weiteres Argument der Legitimität im Austausch mit politischen Entscheidungsträger_innen oder dem Investor verliehen, in dem Sinn, dass ihnen eine gesellschaftspolitische Relevanz zugesprochen wurde. Dieser Umstand verdeutlicht die Verantwortung, die Forschende tragen, die sich mit der Aushandlung stadtpolitischer Entscheidungsprozesse beschäftigen. Die anthropologische Hinwendung zu aktuellen stadtpolitischen Feldern und umkämpften städtischen Räumen löst eine Grenzziehung zwischen wissenschaftlicher Analyse und aktivistischer Intervention auf (Adam/Vonderau 2014: 27). In diesem Sinn habe ich meine eigene Rolle innerhalb des Forschungsfeldes nach Möglichkeit transparent gemacht und allen Beteiligten kommuniziert und damit auf den Einfluss, den meine Forschungsarbeit auf den Untersuchungsgegenstand nimmt, aufmerksam gemacht. So war mein ständiges (bewusstes oder unbewusstes, gewolltes oder ungewolltes) Intervenieren im Feld, aber auch zugleich meine Ohnmacht gegenüber den Problemen der Akteur_innen, in meiner Forschungstätigkeit stets präsent. Der Umstand, dass der Forschung ein zeitlicher Rahmen gesetzt ist, der sie auf ein temporäres Teilhaben und Vorortsein beschränkt, überlagerte sich mit der beschränkten Zeit, die einige Aktivisten_innen aufgrund ihres teils sehr hohen Alters vor Augen hatten.

„Es soll eine der letzten Protestaktionen der Akteur_innen sein, ihre Energien und Kräfte schwinden. Der Protest verlagert sich direkt vor ihr Wohnhaus. Mittlerweile kenne ich die Abfolge: Kaffee kochen, Stühle aufbauen, Protestschilder verteilen, an Rollatoren anlehnen, schauen, dass alle im Schatten sitzen. Warten. Die Presse ist vor Ort, der Investor auch. Ein Live-Channel von Change.org ist bei Facebook geschaltet. Die Musikanlage funktioniert erst nicht, dann geht es los: Die Melodie von ‚Bella Ciao‘ ertönt, alle singen das Protestlied, ich singe mit. Danach gehen die Protestierenden um das Haus zum Bauzaun. Ich helfe, die Schilder zu tragen und bringe sie gut sichtbar am Zaun an, neben mir führen die protestierenden Senior_innen Interviews mit dem Fernsehteam der Abendschau. Dann startet die Diskussion mit dem Investor. […] Meine ‚Doppelfunktion‘ wird auch vom Investor wahrgenommen. Ohne mich nach meiner Rolle zu fragen, werde ich von einem zuständigen Mitarbeiter der Investmentfirma darauf aufmerksam gemacht, dass ich kein Recht hätte, mitzuschreiben und mit einer Klage rechnen müsse […].“ (Feldnotiz, 28. Juli 2017)

Im Verlauf der drei Jahre, in denen die ethnografische Forschung vonstattenging, kam somit der interventionistische und teils aktivistische Forschungsansatz mehr und mehr zum Tragen, auch weil ich über die Zeit in das Konfliktfeld mit dem Investor geriet. Zum Ende der Forschung war ich beratend tätig in Fragen von Protest- und Netzwerkpraktiken. Ich verfasste gemeinsam mit den Aktivist_innen Positionspapiere, formulierte Forderungen, die an städtische bzw. politisch-institutionelle Akteur_innen wie Stadtverwaltungen oder Investor_innen gesandt wurden, oder vertrat die Aktivist_innen indirekt bei abendlichen Vernetzungstreffen von Akteur_innen städtischen Protestes. Die Fortführung der internationalen Vernetzung und Kommunikation von Mieter_innen, die sich gegen den gleichen internationalen Investor wehren, ist ein Aspekt, der über den Forschungszeitraum hinausgeht. Diese Teilhabe im Forschungsfeld hat sich organisch und sukzessive in Folge von besagten Hilfestellungen etabliert, die aus Gründen der Höflichkeit geboten schienen und damit zum integralen Bestandteil einer sozial akzeptierten Form der Interaktion wurden.

Eine maßgebliche Rolle spielten jedoch auch die Erfahrung durch die Teilhabe über die Jahre und das darüber angeeignete Wissen über die Bedürfnisse und Sorgen der Akteur_innen sowie das Einarbeiten in fachspezifische wie stadtpolitische Diskurse. Dieses Erfahrungswissen war auf verschiedenen Ebenen nützlich und so wurde ich im Laufe der Zeit zu einer ‚Expertin‘ und in der Folge zu einer ‚Beraterin‘ für die Senior_innen. Es entwickelte sich ein kollaborativer Austausch von Informationen, welche wiederum in meine Forschungsarbeit einflossen. Meine politische Involviertheit geht demnach auf eine Form von Wissen zurück, das durch Inkorporation und durch Kollaboration generiert wurde. Und in diesem Moment ist für das forschende Selbst auch das – wie ich in Anlehnung an Reinharz ergänzen möchte – politische Selbst von besonderer Relevanz. Dieses verweist demnach auf die politische Verortung, Involviertheit und Positionierung der Forscher_innen. Die Ausprägung dieses politischen Selbst ist abhängig vom Forschungszusammenhang und verändert sich fortlaufend. Es steht aber auch in stetiger Wechselbeziehung zum situativen und persönlichen Selbst.

Im Forschungsprozess ist es demnach wichtig zu berücksichtigen, dass die Lebens- und Arbeitsbedingungen der Forscher_innen entscheidenden Einfluss auf die Forschungsarbeit und -ergebnisse haben. Hierin spiegelt sich das persönliche Selbst, was gerade in der (aktivistischen) Stadtforschung zu wenig Beachtung erfährt: die Feldforschung bei zeitgleicher Erfüllung von familiären Betreuungsaufgaben. Nur wenige Wissenschaftler_innen machen dies transparent und nur in Ausnahmefällen wird der konkrete Einfluss des Familienlebens oder von Care-Verpflichtungen auf die Feldforschung thematisiert (Jones 2012; Cornet/Blumenfield 2016; Korpela/Hirvi/Tawah 2016). Das ist überaus verwunderlich angesichts der Tatsache, dass seit dem reflective turn die Frage in den Fokus gerückt ist, unter welchen Bedingungen Feldforschung betrieben wird (Clifford/Marcuse 2009). Care-Verpflichtungen können die Durchführung der Feldforschung stark beeinflussen. Sie stellen die Forscher_innen vor massive Herausforderungen und sollten daher vermehrt thematisiert werden.

Für die Teilhabe in dem sehr dynamischen Feld städtischer Proteste bedarf es einer gewissen Flexibilität und Mobilität der Forschenden. Die Organisations- und Netzwerk-Veranstaltungen finden – abhängig von der Beschaffenheit der Gruppen – zu unterschiedlichen Zeitpunkten statt. Im Rahmen der Forschung nahm ich beispielsweise (aufgrund fehlender externer Betreuungsmöglichkeiten) mein neun Monate altes Kind zu Veranstaltungen mit, womit ich je nach Akteursgruppe unterschiedliche Erfahrungen gemacht habe:

„Die Protesttreffen der Senior_innen fanden zumeist am Vormittag oder am frühen Nachmittag statt. An diesen Treffen teilzunehmen konnte mit Kleinkind problemlos organisiert werden. Die Anwesenheit meines Kindes erleichterte mir teilweise den Feldzugang, da ich bei den älteren Menschen dadurch einen gewissen Vertrauensbonus erhielt. […] Die Teilnahme an Veranstaltungen der stadtpolitischen Initiativen oder an Demonstrationen im öffentlichen Raum mit Kleinkind stellte eine Herausforderung dar. Insbesondere bei den Abendveranstaltungen der Vernetzungstreffen der stadtpolitischen Initiativen war die Anwesenheit eines Kleinkindes eher schwierig. Die Sitzungen waren lang und zeitlich eng getaktet, höchste Konzentration war geboten. Ein müdes oder hungriges Kleinkind passt nicht gut in dieses Setting. Auch erfuhr ich von manchen Veranstaltungen oder Aktionen recht kurzfristig, weshalb es nicht immer möglich war, rechtzeitig eine Kinderbetreuung zu organisieren, um bei diesen Treffen anwesend sein zu können.“ (Feldnotiz, 2. Januar 2019)

Diese Umstände haben meine Forschung, den Zugang zum Forschungsfeld, das Vertrauensverhältnis zu den Akteur_innen und die Erhebung der empirischen Daten stark beeinflusst. Das forschende Selbst, das persönliche Selbst, das situative Selbst und auch das politische Selbst sind eng miteinander verwoben. Eine genaue Zuordnung ist nicht immer möglich, viel wichtiger ist jedoch die Vergegenwärtigung der verschiedenen Formen, um die eigene Involviertheit und Verortung zu reflektieren und auf Möglichkeitsräume und Bedingungen engagierter Wissenschaft zu verweisen.

Kritische Interventionen

Die Stadt ist ein politisches Feld und der Alltag der Bewohner_innen ist von politischen Aushandlungen geprägt (Rolshoven/Schneider 2018). Damit rückt auch die politische Dimension wissenschaftlicher Praxis in das Blickfeld von Forscher_innen (Scheffer/Meyer 2011; Adam/Vonderau 2014). Die Ethnografie eröffnet dabei „komplexe Zugänge zu einer kritischen Stadtforschung“ (Rolshoven/Schneider 2018: 28 f.). Dabei kann die Ethnografie durchaus als anwendungsorientierte Methodologie und eingreifende Wissenschaft verstanden werden, die einen intervenierenden Zugang zum Feld propagiert (Kaschuba 2012). Es geht dabei nicht ausschließlich um eine ethnografische Auseinandersetzung mit politischen Handlungsprozessen in städtischen Kontexten, sondern auch um eine unablässige Reflexion darüber, in welchem Sinn sich das Forschungsfeld aufgrund der Anwesenheit der Forscher_innen und ihrer Beziehung zu den Handelnden verändert. Über eine differenzierte Reflexion der eigenen Positionalität lassen sich Möglichkeitsräume und Bedingungen für eine engagierte und interventionistische Wissenspraxis ethnografischer Forschung erarbeiten.[4] Ein explizites Reflektieren über das forschende, das persönliche und situative Selbst regen dazu an, die politische Positioniertheit und Politiken ethnografischer Repräsentation aktiv zu hinterfragen und zu gestalten. Die Wissenspraxis kann dabei die Form einer Kollaboration annehmen, sie kann aber auch in einer spielerischen oder künstlerischen Unterstützung von Projekten bestehen (vgl. Binder/Hess 2013: 22 ff.). Sie kann sich auch zeigen in einer unterstützenden Hilfestellung im Alltag der Akteur_innen oder im Rahmen gemeinsamer Publikationen, die nicht allein für die wissenschaftliche Community gedacht sind. Hier ergeben sich Freiräume für einen experimentellen Umgang.

Ethnografische Perspektiven auf städtische Formierungs- und Aushandlungsprozesse können dabei als politische Impulse verstanden werden: „Sie regen dazu an, ausgehend von den sichtbaren materiellen Spuren, Machteffekten und sozialen Interaktionen nach den zunächst verborgenen politischen Rationalitäten und längerfristigen Prozessen zu fragen.“ (Adam/Vonderau 2014: 10) Daran knüpfen auch die Überlegungen Beate Binders an, die im Rahmen der feministischen Anthropologie die Verantwortung von Wissenschaft darin sieht, ein „Ort der produktiven Unruhestiftung“ (2010: 41) zu sein und weiterführend eine interventionistische Wissenspraxis proklamiert. Die im Tagungsband Eingreifen, Kritisieren, Verändern?! Interventionen ethnografisch und gendertheoretisch (Binder et al. 2013) inkludierten feministischen Perspektiven sind in vielerlei Hinsicht auf eine ethnografisch ausgerichtete, kritische Stadtforschung übertragbar. Eine ‚kritische‘ Wissensproduktion zielt demnach auf städtische Veränderungen ab (sie ist sozialgeographisch, politik- oder planungstheoretisch oder auch schlicht aktivistisch ausgerichtet) und äußert sich differenziert zu gesellschaftlichen Problemlagen und Verwerfungen, macht diese sichtbar und stellt eine explizite Einmischung in stadtpolitische Konfliktfelder dar. Färber konstatiert, dass eine konstante Auseinandersetzung mit der ethnografischen Positioniertheit „seit dem Ende der 1980er Jahre fester Bestandteil repräsentations-kritischer und methodologisch reflexiver Ethnografie“ (2014b: 138) ist. Und auch Binder und Hess erinnern daran, dass im Zuge der writing culture-Debatte das „Bewusstsein für das Machtvolle von Wissensproduktion und Repräsentationspraktiken“ (2013: 25) letztlich auch im Sinne der Neufindung der ethnografischen Praxis einen kritisch ausgerichteten Modus begründet. Diese kritische Auseinandersetzung mit der ethnografischen Herangehensweise mündete in der Forderung nach einer stetigen Reflexion der Position der Forscher_innen im Rahmen der Wissensproduktion (vgl. Streule 2013). Das birgt Potenziale für eine interdisziplinäre Ausrichtung der Ethnografie für die Erforschung von Stadt. Städtische Akteur_innen und ihre Praktiken und Wissenszugänge zu beforschen ist auch eine wissenschaftliche Praxis, die darauf abzielt, „kritisch Stellung zu beziehen, aktiv einzugreifen, verändernd zu wirken“ (Schramm 2013: 220). Das gilt insbesondere deshalb, weil städtische Akteur_innen im Rahmen ihrer jeweiligen Aneignungs- und Produktionspraktiken auch immer als politisch Handelnde fungieren.

Das ethnografische Erforschen von Stadt und die damit verbundenen Reflexionspraktiken können einen zentralen Beitrag zu den theoretischen Kontroversen und politischen Auseinandersetzungen städtischer Raumproduktion leisten. Inwiefern es sinnvoll ist, eine Trennlinie zwischen einer aktivistischen Stadtforschung, die sich der Ethnografie als strategischem Wissenszugang bedient, und der immanenten und damit stetig intervenierenden Involviertheit von Forscher_innen in stadtethnografischen Feldern zu ziehen, sollte weiterführend diskutiert werden. Denn die Reflexion der Positionalität ist ohne Zweifel angreifbar und evoziert die Frage, ob mit einem bloßen reflexiven Mitdenken dem Anspruch einer Bewusstmachung der eigenen (machtvollen) Perspektive Genüge getan wird. Dabei eröffnen sich weiterführend Fragen, welche beispielsweise die Nähe oder Distanz zum Untersuchungsgegenstand betreffen oder Konflikte innerhalb der Gruppierungen thematisieren: Wie verhalte ich mich beispielsweise gegenüber den Kämpfen marginalisierter Gruppen in stadtpolitischen Kontexten, die für manche Akteur_innen mitunter existenzieller Natur sind? Wie bewahre ich ein Vertrauensverhältnis zu den Akteursgruppen, um den ‚Zugang‘ zum Forschungsfeld aufrecht zu erhalten? Wie fließen die persönlichen Bezüge zu den Akteur_innen in die eigene Analyse und Wissensproduktion und damit in die Repräsentation des Forschungsfeldes ein? Was kann ich für die Akteur_innen leisten und was nicht? Nicht alle Fragen können während des aktiven Forschungsprozesses aufgelöst werden. Zentral ist jedoch das Abzielen auf eine explizite, aktive und dauerhafte Auseinandersetzung mit solchen Fragen.

Die Teilhabe im Forschungsfeld ist auch immer mit Erwartungshaltungen an die Forscher_innen verknüpft. Um – im Fall meiner eigenen Forschungsarbeit – diesen Einfluss meiner intervenierenden Tätigkeit in der Theoriebildung zu reduzieren, habe ich Artefakte, an deren Entstehung ich beteiligt war (beispielsweise Positionspapiere), nicht in die Analyse einbezogen. Stattdessen habe ich vor allem auf die Protest- und Netzwerkpraktiken fokussiert, die von den Akteur_innen ganz unabhängig von mir und meiner Rolle als Forscherin generiert wurden. Die eigene stetige Präsenz sowie die Beziehung zu den Akteur_innen beeinflusst mit zunehmender Dauer der Forschungsarbeit deren Handlungsweisen und führt zu einer Erweiterung des Wissens, das sich diese in Bezug auf stadtpolitische Belange aneignen. Eine Strategie zur Etablierung einer reflexiven Haltung kann beispielsweise im Zuge des Analyseverfahrens der Grounded Theory geleistet werden (Glaser/Strauss 1967). Wird die eigene Position im Feld mit sprachlichen Mitteln und Kodierungen reflektiert, so entsteht ein Bewusstsein dafür, „dass jede Form der Wissensproduktion eine zutiefst diskursive und politische Aktivität ist, die immer Realität mitproduziert und konstruiert“ (Binder/Hess 2013: 27). Eine derartige ethnografische Tätigkeit und die Inanspruchnahme der hier aufgeführten Formen des forschenden, situativen und persönlichen Selbst stellen den Versuch dar, die eigenen Vorannahmen und Vorurteile, die sich insbesondere in die kontrollierten Selektionsinstrumente empirischer Forschung einschreiben, bewusst zu machen und zu hinterfragen. Die ethnografische Offenheit und die Reflexion der eigenen Perspektive können so für die kritische Stadtforschung nutzbar gemacht werden. Forscher_innen müssen zu diesem Zweck lernen, Widersprüche zwischen der politischen Dimension ihrer Arbeit und ihrem Erkenntnisinteresse zu erkennen und auszuhalten. So kann vermieden werden, dass berechtigte Kritik an der Ethnografie zu einer pauschalen Infragestellung von deren Einbezug in den Methoden- und Theoriekanon der kritischen Stadtforschung führt. Ethnografische Stadtforschung ermöglicht nicht nur einen dichten Zugang zum Erforschen von Stadt und der ihnen inhärenten gesellschaftlichen Machtverhältnisse und politischen Kämpfe, sondern auch zur Reflexion der eigenen Involviertheit und des politischen Gehalts einer engagierten Wissenspraxis.

Dieser Artikel wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) und den Open Access Publikationsfonds der Humboldt-Universität zu Berlin gefördert.

Endnoten

Autor_innen

Carolin Genz ist Stadtanthropologin. Sie forscht zu urbanen Transformationsprozessen, Wohnungspolitik und Protest unter Einbezug der Analyse sozial-räumlicher Praktiken innerhalb der Stadt- und Raumforschung.

carolin.genz@geo.hu-berlin.de

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