Was hat „Deutsche Wohnen & Co enteignen“ zu dem gemacht, was es ist?

Eine Auswertung von Licht und Schatten einer breiten gesellschaftlichen Kampagne

Kalle Kunkel

Die Berliner Kampagne „Deutsche Wohnen & Co enteignen“ (DWE) hat in den vergangenen Jahren bundesweit und international große Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Die Kampagne forderte im Rahmen eines Volksentscheids auf der Ebene des Landes Berlin die Vergesellschaftung der großen profitorientierten Immobilienkonzerne. Sie konnte dafür in einer Abstimmung parallel zu den Bundestags- und Landtagswahlen im Jahr 2021 fast 60 Prozent der gültigen Stimmen hinter der Forderung vereinen.

Vor dem Hintergrund dieses Erfolgs hat sich eine Debatte darüber entwickelt, was die gesellschaftliche Linke von DWE lernen kann. Dabei werden häufig drei Elemente der Kampagne betont, die ihren Erfolg ausmachen: (1) die radikale und provokante Forderung nach Enteignung und Vergesellschaftung, die aber zugleich mit einer realpolitischen Durchsetzungsperspektive durch den Bezug auf Artikel 15 des Grundgesetzes hinterlegt war (Hoffrogge/Junker 2021; Kusiak 2020; Taheri 2018); (2) die Öffentlichkeitsarbeit, sowohl mit den eigenen sozialen Medien als auch gegenüber der Presse, die auf traditionelle linke Symbolik und Sprache verzichtete und die radikale Forderung mit der Lebenswirklichkeit vieler Berliner*innen verband (Neise 2021); und (3) das Zusammenspiel von DWE mit den lokalen Mieter*inneninitiativen in Berlin auf der einen Seite und der Aufbau eigener, in den Bezirken verankerter Organisationsstrukturen in Form der sogenannten Kiezteams auf der anderen Seite, durch die über 1.000 Aktive in die Kampagne eingebunden werden konnten (Flierl et al. 2021; Strobel 2022). Zugleich hat sich jedoch auch eine Diskussion um die soziale Zusammensetzung der Kampagne entsponnen, in der der Initiative durch einige Debattenbeiträge eine Prägung durch „aktivistische Milieus“ attestiert wird, was zu einer Entfremdung von insbesondere nicht-akademisch geprägten Teilen der Bevölkerung geführt habe (Schwerdtner 2021). Diese Sichtweise wird jedoch aus der Kampagne heraus auch kritisiert (Becker 2021; Bähr/Müller 2022).

Der folgende Beitrag nimmt diese Diskussion zum Ausgangspunkt für eine konkretere Betrachtung der Organisierungspraxis innerhalb von DWE. Zwar stimmt es, dass die Aktiven in der Kampagne nicht den Querschnitt der Berliner Bevölkerung abbilden. Im Folgenden soll jedoch gezeigt werden, dass kulturalisierende Erklärungen, die diese Nicht-Repräsentativität zum Beispiel auf die Verwendung spezifischer Sprachcodes oder einen „akademischen Habitus“ zurückführen, zu kurz greifen. Vielmehr gilt es zu verstehen, wie die materiellen Praxen von sozialen Bewegungen dazu führen, dass sich bestimmte gesellschaftliche Gruppen beteiligen (können) und manche eher nicht. Konkret: Welche Anliegen werden spezifisch adressiert? Wie können Menschen zu Initiativen hinzustoßen? Mit welcher Motivation werden Menschen aktiv?

Dabei soll gezeigt werden: Gerade das, was die Dynamik und die Strahlkraft der Kampagne ermöglicht hat, hat zugleich dazu geführt, dass die soziale Pluralität der neueren stadtpolitischen Bewegungen in Berlin seit circa 2010, die durch lokale Auseinandersetzungen in den Kiezen geprägt war, nicht in die Kampagne eingehen konnte. Die Kampagne DWE kann damit auch ein Lernfeld für den widersprüchlichen Zusammenhang zwischen Organisierung entlang konkreter Interessen und Zuspitzung sozialer Konflikte in großen Kampagnen sein.

Der Artikel versucht dabei, auch einige Diskussionen zur Bearbeitung dieses widersprüchlichen Zusammenhangs darzustellen, die die Entstehung der Kampagne begleitet haben. An diesen Diskussionen war der Autor zum einen im Rahmen der Stadt-AG der Interventionistischen Linken und zum anderen in der AG Starthilfe von DWE beteiligt. Das Nachzeichnen dieser Diskussionen soll zum einen zeigen, welche Versuche es bislang gab, die beschriebenen Widersprüche zu bearbeiten. Zum anderen soll damit auch eine Gegenerzählung zum Bild von DWE als gut geölter Kampagnenmaschine entwickelt und die Erfahrungen sowohl des Erfolgs als auch der Grenzen für weitere Diskussionen fruchtbar gemacht werden.

1. Die Ausgangslage

Ab dem Jahr 2016 gerieten die großen profitorientierten Wohnungskonzerne wie Deutsche Wohnen, Akelius oder Vonovia in Berlin in den Fokus der Kritik. Zunehmend organisierten sich Mieter*inneninitiativen rund um Abwehrkämpfe gegen die Inwertsetzungsstrategien dieser Konzerne. Zu der Zeit begannen aus verschiedenen Strängen der stadtpolitischen Bewegung Diskussionen um die Enteignungsforderung (Flierl et al. 2021; Hoffrogge/Junker 2021; Kunkel 2019).

Auch in der Interventionistischen Linken (iL) diskutierten wir seit Ende 2017 intensiv darüber, ob die Kämpfe mit der Forderung nach Vergesellschaftung und einer darum entwickelten Kampagne zugespitzt werden könnten und sollten. Dabei gab es Stimmen (zu denen auch der Autor zählte), die dieser Perspektive skeptisch gegenüberstanden. Die Skepsis derjenigen, die einer Zuspitzung auf eine Enteignungskampagne – egal ob mit Volksentscheid oder mit anderen Instrumenten – kritisch gegenüberstanden, bezog sich auf den Stand der Kämpfe und der Organisierungen in den Mieter*innenschaften der großen Konzerne. Denn im Jahr zuvor hatte es ein Organisierungsprojekt in einer großen Siedlung (Otto-Suhr-Siedlung) von Deutsche Wohnen in Berlin gegeben, an dem auch die iL beteiligt war. Dort wurde in einem größeren Maßstab mit sogenannten Organizing-Methoden im Rahmen von sozialen Bewegungen ohne hauptamtlichen Apparat experimentiert. Es gelang in mühevoller Kleinarbeit, eine Mieter*inneninitiative in der Siedlung aufzubauen, die einen Achtungserfolg gegen eine energetische Modernisierung erreichen konnte. In dem Organisierungsprozess kamen Menschen aus der Siedlung mit externen Unterstützer*innen von der iL, der Initiative Kotti & Co und Einzelpersonen zusammen. Durch die externe Unterstützung war es möglich, die Nachbarschaft sehr breit anzusprechen. In der Anfangsphase luden die externen Unterstützer*innen zusammen mit einzelnen Nachbar*innen, die bereits aktiv geworden waren, durch zahlreiche Haustürgespräche zu Treffen ein. Im Verlauf dieser Aktivitäten wurden Gesprächstrainings für die Einladung der Nachbar*innen zu den Treffen sowie Workshops für das Sprechen mit der Presse angeboten. Darüber hinaus gab es aber vor allem in der Anfangsphase eine große personelle Unterstützung für die neu entstehende Initiative, etwa bei der Ansprache der Nachbar*innen, der Vorbereitung und Durchführung der Treffen oder der Kontaktaufnahme mit der lokalen Politik. Es gelang den Aktiven, über einen langen Zeitraum hinweg regelmäßige Treffen zu organisieren, an denen vor allem die älteren Nachbar*innen teilnahmen. Eine klassische Organisierung also, die über die Auseinandersetzung mit einem konkreten Problem über den Kreis der politisch Interessierten hinausgreift. Aus dieser Organisierung heraus wurde die stadtweite Vernetzung der Deutsche-Wohnen-Mieter*innen, die ursprünglich von Kotti & Co initiiert worden war, reaktiviert. Es folgten weitere Projekte, etwa in Süd-Neukölln, in denen auch versucht wurde, mit externer Unterstützung Selbstorganisationsprozesse in Nachbarschaften anzustoßen.

Vor diesem Hintergrund gab es zu Beginn der Debatten über DWE 2017/2018 die Befürchtung, dass – als Folge der Dynamik der Kampagnenmobilisierung – die Organisierung vor Ort auf der Strecke bleiben könnte. Denn die lokale Organisierung orientiert sich stärker an einer eigenen Zeitlichkeit, das heißt, den Menschen wird die individuell von ihnen benötigte Zeit gegeben, um Aufgaben und Rollen in einem Organisierungsprozess zu übernehmen. Ausgangspunkt dieser lokalen Organisierungen sind Themen, die die Menschen ohne ideologische Vermittlung als brennend empfinden, weshalb sie bereit sind, dafür aktiv zu werden und Konflikte einzugehen: konkret drohende Mieterhöhungen und Verdrängung durch Modernisierung, sich lang hinziehende Baumaßnahmen, kaputte Heizungen im Winter. Viele weitere Erfahrungen, wie die lokalen Kämpfe um solche Themen stadtpolitisch gestärkt werden könnten, wären denkbar gewesen, wenn auch externe Unterstützer*innen am Aufbau von Initiativen mitgewirkt hätten. Dies wäre für eine größere Zahl an Menschen die Möglichkeit gewesen, in den konkreten Auseinandersetzungen aktiv zu werden und auch den politischen Prozess einer Enteignungskampagne mitzutragen. In der Rückschau war diese Vorstellung, erst ein bestimmtes Niveau der politischen Organisierung in den Nachbarschaften erreichen zu müssen, bevor eine Kampagne wie DWE funktionieren kann, zu schematisch in einem planvollen Stufenmodell gedacht. Dadurch wurde die Bedeutung des politischen Momentums unterschätzt, das DWE entfalten sollte. Wie jedoch später deutlich wurde, zeigte sich im Laufe der Kampagne, dass die nur prekäre Verankerung von DWE in den lokalen Initiativen ein Problem darstellte. Eine wichtige Konsequenz aus der Diskussion um die Bedeutung der lokalen Initiativen war jedoch, dass der Rückbezug auf die konkreten Kämpfe der Mieter*innen auch in der Frage, wer die Kampagne nach außen vertritt, einen zentralen Stellenwert erhielt. Es sollten nicht nur Menschen mit viel Erfahrung in der Öffentlichkeitsarbeit für die Kampagne sprechen, sondern auch möglichst viele Mieter*innen, die im Konflikt mit Deutsche Wohnen & Co stehen.

2. Die Anfänge

Tatsächlich geriet dieser Anspruch in der Repräsentation jedoch zu einer Dauerbaustelle und konnte mit Fortschreiten der Kampagne sogar immer weniger eingelöst werden. Die Verankerung der Kampagne in der konkreten Vernetzung der Mieter*innen von Vonovia, Deutsche Wohnen (DW), Akelius oder Covivio war immer prekär. In der DW-Vernetzung gab es die Verabredung, dass auf den Vernetzungstreffen lediglich kurz über den Stand der Enteignungsdiskussionen berichtet wird. Im Zuge dessen wandelte sich bei vielen Teilnehmenden der Treffen die anfängliche Skepsis in Zustimmung – vor allem, als deutlich wurde, dass die Kampagne für eine größere Sichtbarkeit der Kämpfe sorgen könnte. Diese Zustimmung blieb jedoch relativ passiv. Die Vernetzungsaktivitäten der Mieter*inneninitiativen gingen auch unabhängig von der Kampagne aus verschiedenen Gründen zurück, bis sie schließlich durch die Coronapandemie zum Erliegen kamen (Strobel 2020).

Trotz der gewachsenen Zustimmung zu DWE, etwa in der DW-Vernetzung, wurden jedoch die Aktiven aus der Vernetzung nur vereinzelt auch in der Kampagne aktiv – von jenen, die tatsächlich „nur“ wegen ihrer konkreten Probleme mit ihren Vermieter*innen an der Vernetzung teilnahmen und nicht schon politisch in irgendeiner Form vorgeprägt waren, haben nur wenige die Kampagnentreffen als den Ort ihrer Organisierung gesehen. In den ersten Pressekonferenzen und breiter wahrgenommenen öffentlichen Statements sprachen noch Aktive aus der Vernetzung direkt für die Kampagne. Es gibt aus dieser Zeit bewegende Zeugnisse davon, welche Energie die Anbindung der Forderung nach Enteignung an die konkrete Sprechposition betroffener Mieter*innen entfalten kann. Hier schilderten Aktive aus den lokalen Initiativen, wie sie, die die Stadt am Laufen halten, aus der Stadt verdrängt werden und warum für sie Vergesellschaftung die Perspektive darstellt.[1] Diese vereinzelten Sprecher*innen haben jedoch aus persönlichen Gründen ihre Aktivitäten in der Kampagne reduziert oder eingestellt. Es kamen in der Folge kaum mehr Menschen aus den lokalen Initiativen nach. Damit war die Kampagne in ihrer Repräsentation nach außen relativ schnell auf Sprecher*innen zurückgeworfen, die aus einer allgemeinen politischen Perspektive heraus sprachen, aber nicht aus einer persönlichen Perspektive als Mieter*innen von Deutsche Wohnen & Co. Gleiches – und sogar noch mehr – gilt für das Innenleben der Kampagne. Die Arbeitsstrukturen, die direkt zu Beginn gebildet wurden (Öffentlichkeits-AG, Aktions-AG, Sammel-AG, Vergesellschaftungs-AG und Starthilfe-AG), wurden vor allem in den ersten Monaten der Kampagne fast ausschließlich aus bereits organisierten politischen Strukturen oder von Menschen mit viel Erfahrung in linken politischen Organisationen aufgebaut und am Leben erhalten.

3. Die Praxis der AG Starthilfe

Aus der Vernetzung der DW-Mieter*innen hatte sich parallel zum Start der Diskussion um die Enteignungsforderung die AG Starthilfe gebildet. Sie sollte die Erfahrungen in der Mieter*innenorganisierung sowie die bestehenden Organizing-Konzepte bündeln und für Mieter*inneninitiativen in Gründung zugänglich machen. Dies geschieht bis heute in Form einer Broschüre zum Einmaleins der Organisierung, in Workshops, in denen dieses Wissen praktisch angeeignet werden kann, und in Form konkreter Unterstützung vor Ort. Mit dem Beginn der Kampagne hat sich die AG Starthilfe bewusst als eine Zwischenstruktur verstanden, weshalb die Anbindung an die Kampagne eher lose blieb. Stattdessen lag der Fokus weiter auf der Aufrechterhaltung der selbstorganisierten Strukturen und dem Versuch, hier das Organizing-Handwerkszeug weiterzugeben. Das Kalkül dahinter: Wenn wir anfangen, uns vollständig auf die Logik der Kampagne einzulassen, können wir Organisierungsprozesse vor Ort nicht mehr in ihrer eigenen Zeitlichkeit unterstützen. Zugleich war die Idee, dass durch die Anbindung an die Kampagne aus den Organisierungsprozessen vor Ort auch Mitstreiter*innen in der Kampagne selbst aktiv werden. Entsprechend informierten wir im Rahmen von Mieter*innentreffen, Workshops oder Veranstaltungen immer auch über die Kampagne. Insbesondere der „Blitz“ wurde in diesem Zusammenhang ein wichtiges Instrument der Organisierung. Bei einem Blitz werden für einen Tag möglichst viele Aktive mobilisiert, um eine maximale Anzahl an Nachbar*innen auf einmal für den Aufbau einer Mieter*inneninitiative anzusprechen. Zu Beginn gibt es eine kleine Einführung in die Situation der Initiative und vor allem ein Training, wie wir ein „organisierendes Gespräch“ führen können. Dabei soll die Person, die an die Haustür klopft, weniger selbst reden, sondern vor allem durch Fragen herausfinden, was ihr Gegenüber bewegt. Kern ist hier, nicht nur Informationen zu vermitteln, sondern vor allem Kontaktdaten von den angesprochenen Nachbar*innen zu erhalten und die Gesprächspartner*innen zu einem ersten Treffen einzuladen. Mehrere Mieter*inneninitiativen konnten wir so unterstützen, möglichst viele von ihren Nachbar*innen einzuladen, wodurch die ersten Treffen meist zu einem energetisierenden Startschuss für den weiteren Organisierungsprozess wurden. Je nach Bedarf und unseren Ressourcen haben wir die Initiativen dann in ihrem weiteren Aufbau begleitet. Manchmal war nur ein wenig Beratung nötig; manchmal baten uns die Initiativen aber auch über längere Zeiträume, sie dabei zu unterstützen, die Treffen zu moderieren und vorzubereiten, weil das entsprechende Handwerkszeug bei den neu aktiv werdenden Nachbar*innen noch nicht vorhanden war.

Dieser Versuch der Verbindung einer Kampagne mit konkreten Organisierungsprozessen ist nur bedingt geglückt. Zwar konnten die Organisierungsprozesse von dem beginnenden Interesse an der Enteignen-Kampagne profitieren. Die Aktiven aus der Kampagne unterstützten bei den Blitzen, und den lokalen Auseinandersetzungen konnte über die Kanäle der Kampagne mehr Aufmerksamkeit verschafft werden. Was jedoch nicht gelungen ist: Obwohl die Mieter*innen aus den lokalen Initiativen immer wieder auch Aktionen der Kampagne unterstützten, begaben sie sich nur selten in die Arbeitsstrukturen von DWE und gar nicht in die Schlüsselstrukturen wie den Koordinierungskreis der Initiative hinein. Die Gründe dafür sind vielfältig. Zum einen sind die Kämpfe der lokalen Nachbarschaftsinitiativen selbst meist sehr langwierig und enden nicht mit einem klaren „Sieg“. Die Hauptaktiven stecken also viel Energie in diese lokale Arbeit. Oft sind jedoch auch sie nach den Auseinandersetzungen erst mal froh, wieder mehr Zeit für andere Sachen zu haben. Tatsächlich ergibt sich aus dem Engagement für die Lösung eines konkreten Problems nicht automatisch die Überzeugung, die nächstgrößeren Fragen zu stellen und dafür ebenfalls aktiv zu werden. Es fehlen hierfür Organisationen in der stadtpolitischen Bewegung, in denen Aktive aus lokalen Auseinandersetzungen zusammenkommen können, um unabhängig von konkreten Aktivitäten größere Fragen zu besprechen, Informationen über politische Entwicklungen zu bekommen und sie gemeinsam einzuordnen. In ihren guten Zeiten waren Gewerkschaften und – abhängig von ihrem Selbstverständnis – auch Mieter*innenvereine solche Orte.

In der AG Starthilfe hatten wir vor diesem Hintergrund intensive Diskussionen zu der Frage: Was kommt nach dem ersten Schritt der Organisierung? Welche Orte brauchen wir, an denen die Kernaktiven der Auseinandersetzungen zusammenkommen können, um weitergehende politische Perspektiven zu entwickeln? Sollten wir dafür neue Orte schaffen – wie es zum Beispiel die Mieter*innengewerkschaft versucht – oder sollten wir Impulse in bestehende Strukturen wie zum Beispiel die existierenden Mieter*innenvereine geben, damit sich diese zu solchen Orten entwickeln?

Unabhängig von dieser Diskussion mussten wir aber bilanzieren, dass wir mit unserem Ansatz, sowohl in der Kampagne als auch in den konkreten Auseinandersetzungen präsent zu sein, produktiv gescheitert sind: Wir konnten viele Verbindungslinien zwischen der Arbeit der Nachbarschaftsinitiativen und DWE ziehen sowie wechselseitige Unterstützung organisieren. Es ist uns aber nicht gelungen, dass darüber die Kampagne in einem bedeutenden Ausmaß von denjenigen getragen wurde, die über ihre konkreten Probleme vor Ort Konflikte mit ihren Vermieter*innen eingegangen sind.

4. Wer ist dann die Initiative DWE?

Die Unterschiede in der Zusammensetzung zwischen den Nachbarschaftsinitiativen und der Initiative DWE verweisen darauf, was in der angloamerikanischen Organizing-Sprache unverblümt recruiting genannt wird: Wie finden sich die Menschen, die in Strukturen und Kampagnen aktiv werden? In der Passivkonstruktion liegt dabei die Crux: Sie mogelt sich nämlich um das Subjekt dieses Findungsprozesses herum. In der gewerkschaftlichen Organizing-Debatte ist dieses Subjekt recht klar bestimmt: Es ist die Gewerkschaft, die mit hauptamtlichen Ressourcen und im besten Fall einer bestehenden ehrenamtlichen Struktur für einen spezifischen Betrieb einen Plan dafür macht, wie sie ihn gewerkschaftlich organisieren will. Im Organizing ist hier nun zentral, dass die Organizer*innen nicht offen einladen und eben jene Menschen aktiv werden, die schon überzeugt sind. Vielmehr sollen die Organizer*innen Schlüsselpersonen identifizieren, die bestimmte Teile der Belegschaft oder Communities hinter sich vereinen können. Jane McAlevey (2019: 36 ff.) hat diese Frage zu dem Widerspruch der selfselection oder der strategischen strukturbasierten Rekrutierung zugespitzt. Selfselection meint dabei jene Form von offener Einladung, der diejenigen folgen, die schon motiviert sind. Unter strukturbasierter Rekrutierung ist dagegen die systematische und planvolle Erschließung sozialer Räume im Organizing-Prozess zu verstehen, um Schlüsselpersonen zu identifizieren, die ihre Gruppen/Communities mobilisieren können. McAlevey macht damit einen wichtigen Punkt. Sie verweist darauf, dass unsere Organisierung organisch mit den bestehenden gesellschaftlichen Strukturen verbunden sein sollte, damit wir möglichst weit in die Gesellschaft wirken können – und zwar über persönliche Beziehungen und nicht durch mediale Vermittlung. Sie verweist auch darauf, dass es eben nicht um eine möglichst große politische und kulturelle Übereinstimmung gehen muss, sondern um das Gelingen, Menschen über ihre konkreten Interessen einzubinden. Es braucht das Versprechen eines life changing struggle für die Menschen, um aktiv zu werden: endlich genug Personal, endlich genug Geld, um nicht mehr von paycheck zu paycheck zu leben. Zugleich verweist diese Beschreibung jedoch auch auf ein Problem: Es ist klassisch avantgardistisch gedacht, dass eine Organisation einen Plan macht und dafür „Truppen“ sammelt. Während die Mobilisierung und Organisierung selbst möglichst demokratisch gestaltet werden soll, setzen die strategischen Entscheidungen zum Einsatz von Ressourcen eine Organisation und Führung bereits voraus. In sozialen Bewegungen findet sich jedoch immer eine Mischung aus selbstorganisierten, eigensinnigen Strukturen und Organisationen oder Strukturen und Einzelpersonen, die aufgrund politischer Diskussionen und vorangegangener politischer Erfahrungen Vorschläge einbringen.

In den Kategorien von McAlevey war DWE eine klassische selfselected campaign. Dies hat zuvorderst mit der Art und Weise zu tun, wie Menschen zu der Kampagne dazugestoßen sind. Die Beschreibungen oben sollten zeigen: Trotz der Anbindung an die Mietenkämpfe waren es nicht jene, die sich rund um konkrete Anliegen herum bereits in lokalen Initiativen organisiert hatten, die in der Kampagne aktiv geworden sind. Vielmehr hat die Kampagne darüber funktioniert, dass sie zum einen ein für viele spürbares Problem adressiert hat, aber – und das ist zentral – zum anderen ein attraktives ideologisches Angebot war: Wir fordern das Immobilienkapital heraus. Auch wenn die Perspektive von „Miete ohne Profite“ sehr konkret ist: Niemand kann sagen, wann und ob die Kampagne für die persönliche Situation einen Unterschied machen wird. Nicht einmal die Mieter*innen von Covivio oder Akelius, deren Wohnungen inzwischen größtenteils in Eigentumswohnungen umgewandelt worden sind und für die entsprechend die Uhr bis zur möglichen Eigenbedarfskündigung tickt, können mit der Kampagne die spezifische Hoffnung verbinden, dass sie den Verkauf als Eigentumswohnung damit verhindern können. Und auch von dem großen politischen „Beifang“ (Mietendeckel, Regulierungsdiskussion) ist jeweils völlig unklar, wer davon genau profitieren wird. Deshalb spielt der Problemdruck erst im Zusammenhang mit der ideologischen Attraktivität der Kampagne eine zentrale Rolle dafür, warum die Menschen hier aktiv werden.

Der Einstieg in die Kampagne erfolgte, insbesondere aufgrund der Coronapandemie, über Onlinemobilisierung. Über Social Media und E-Mail-Verteiler wurde ab der zweiten Jahreshälfte 2020 zu regelmäßigen Einsteiger*innentreffen eingeladen. Diese waren mit zum Teil bis zu 100 Teilnehmenden sehr gut besucht und hatten ein stetes Anwachsen der Kiezteams – also die dezentrale Sammelstruktur der Kampagne – zur Folge. Von hier aus verselbstständigte sich der Prozess. Menschen kennen Menschen, die sie einladen, dazuzustoßen. Einzelne melden sich bei den zentralen Kontaktmöglichkeiten und fragen, wo sie einsteigen können. Für den Aufbau der Kiezteams hatte die Sammel-AG verschiedene Unterstützungsmöglichkeiten vorbereitet. Es gab Leitfäden und Schulungen zur Durchführung von ersten Treffen und für das Sammeln von Unterschriften, es gab Empfehlungen für die Form der Kommunikationsstruktur, die sich die Kiezteams geben sollten. Und im besten Fall gab es personelle Unterstützung bei der Durchführung des ersten Treffens (Strobel 2022).

Von solchen Strukturen werden Menschen mit einem grundsätzlichen politischen Commitment angezogen. Sie müssen – vor allem in den Anfangsphasen – hohe soziale und kulturelle Kompetenzen für diese Art von Selbstorganisationsprozess mitbringen und nicht zuletzt auch die Zeit dafür haben oder sich zumindest ihre Zeit flexibel einteilen können.[2] All dies gilt für die Mitarbeit in den jeweiligen Arbeitsgruppen der Kampagne in verschärfter Form.

5. Die Diskussion um die Struktur der Kampagne

Das enorme Wachstum der Kampagne durch die beschriebene Form, in der neue Mitstreiter*innen dazustießen, wurde in der Kampagne weitgehend begrüßt. Die größte Skepsis in Bezug auf dieses Wachstum hatte unter anderem diejenige, die diese Erfolge organisierte: die Sammel-AG, in der sehr kritisch reflektiert wurde, in welchem Verhältnis die anwachsenden Chat-Gruppen zu den realen Aktivitäten und Organisationsprozessen standen. Deshalb wurde viel Zeit investiert, um herauszufinden, was die lokalen Strukturen eigentlich brauchen und wie diese Unterstützung in einer fast vollständig ehrenamtlichen Kampagne (zu diesem Zeitpunkt gab es eine 450-Euro-Kraft) organisiert werden könnte.

Als AG Starthilfe problematisierten wir zwar nicht den Umstand, dass viele neue Aktive dazugekommen waren, aber dass die konkreten Mieter*innenkämpfe in der Kampagne zu wenig sichtbar waren – sowohl thematisch als auch personell. Allerdings mussten wir uns eingestehen, dass auch unsere Versuche als Bindeglied zwischen Kampagne und Initiativen – verstärkt durch Corona – nicht so systematisch aufgegangen waren, wie es notwendig gewesen wäre.

Vor diesem Hintergrund haben wir als AG Starthilfe verschiedene Impulse in der Kampagne gesetzt: Zum einen hatten wir eine intensive Diskussion darüber, wie sich migrantische Perspektiven auf die Probleme am Wohnungsmarkt verbinden ließen mit der Skandalisierung des Umstands, dass Menschen ohne deutschen Pass beim Volksentscheid gar nicht abstimmungsberechtigt sind – was ganze 25 Prozent der Berliner*innen ausmacht. Über diese Diskussion wollten wir das Spektrum derjenigen, die wir bisher erreichen konnten, in genau diese Richtung erweitern. Zum anderen entschieden wir uns, ab der zweiten Sammelphase zunächst keine Unterstützung mehr für lokale Initiativen anzubieten und unsere oben beschriebene Rolle als Zwischenstruktur zwischen DWE und den Nachbarschaftsinitiativen aufzugeben. Innerhalb von DWE konzentrierten wir uns auf die Frage, wie die Unterschriftensammlung auch genutzt werden könnte, um neue Mitstreiter*innen zu gewinnen. Alle, die ihre Unterschrift gaben, sollten auch nach ihren Kontakten gefragt werden. Die einfache Rechnung: Wenn wir zu 10 Prozent der Unterschriften Kontakte genannt bekämen, hätten wir mindestens 25.000 Kontakte. Um dies einzubetten in die Ausweitung der sozialen Basis der Kampagne, verbanden wir es mit der Idee der Haustürgespräche. Das Kalkül hinter dieser Methodik: Bei Ansprachen auf der Straße kommen wir eher mit denen ins Gespräch, die spontan positiv auf uns reagieren. Bei Haustürgesprächen entscheiden wir dadurch, in welche Nachbarschaften wir gehen und an welche Türen wir klopfen, darüber, welche sozialen Gruppen wir erreichen. Das sollte auch sicherstellen, dass wir mit jenen in Verbindung treten, die wir medial – also mit unseren Social-Media-Kanälen oder über die Medien, die über uns berichteten – nicht erreichen. Darüber hinaus haben wir angeregt, dass die stärkeren Kiezteams innerhalb des S-Bahn-Rings die Kiezteams in den Außenbezirken unterstützen, um auch hier tragfähige Strukturen aufzubauen. Es wurden zentrale Aktionen – zum Teil mit bundesweiter Hilfe – organisiert, bei denen diese Unterstützung planvoll umgesetzt wurde. Die hierbei neu geknüpften Beziehungen in der Kampagne sollten zugleich Startschuss sein für weitere dezentral organisierte Aktionen.

In der Implementierung der Haustürgespräche und des Kontaktesammelns zeigt sich die hohe Kreativität und Lernbereitschaft der Menschen in der Kampagne. Was in vielen Großorganisationen seit vielen Jahren versucht wird – über die Verbreiterung von best practice und verpflichtenden Seminaren einen allmählichen Umschwung in der Organisationskultur zu erreichen –, entwickelte sich bei DWE als Selbstläufer. In den Kiezteams konnten viele Menschen niedrigschwellig aktiv werden. Hier brachten sich aber auch viele Personen ein, die bereits politische Erfahrung oder Organizing-Erfahrung aus Gewerkschaften mitbrachten.

In Süd-Neukölln fokussierte sich das Kiezteam darauf, die Siedlungen der Enteignungskandidaten zu erschließen und hier mit Haustürgesprächen zu experimentieren. Dabei waren viele praktische Fragen zu klären wie beispielsweise: Was sind gute Sätze, damit die Tür aufgemacht wird? Geht man besser zu zweit oder allein? Welche Uhrzeiten passen gut? Diese frühen Erfahrungen waren wichtig, um in die Kampagne hinein deutlich zu machen, dass auch für deutsche Verhältnisse sehr ungewöhnliche Praxen wie Haustürgespräche funktionieren können. Sie wurden in Gesprächsleitfäden und Tipps für den Ablauf von Haustürgesprächen (z. B. den Besuch im Vorfeld durch Türhänger anzukündigen) übersetzt. Darüber hinaus haben wir angefangen, mit Trainings zu experimentieren, wie wir sie von den Blitzen her kannten. Wir haben uns in größeren Gruppen getroffen, es gab eine knappe Einführung in das Einmaleins der Gesprächsführung und nach der Aktion eine kurze Auswertung der Erfahrungen. Hier mussten wir auch unsere bisherige Praxis anpassen: Die Botschaften und die Art der Fragen sind andere auf der Suche nach den unmittelbaren Anliegen der Befragten als bei einem bereits bestehenden Plan, für den Zustimmung gesucht wird. Unter diesen Bedingungen ist es schwieriger, die wichtige Organizing-Regel einzuhalten, vor allem zuzuhören. Es wurde jedoch in den ersten Trainings und Aktionen deutlich: Diejenigen, die es wirklich geschafft haben, mit den Nachbar*innen ins Gespräch zu kommen, konnten viel mehr Kontakte sammeln als die Gruppen, bei denen sehr schnell die Unterschrift eingesammelt und die Frage nach Kontakten etwas unvermittelt angehängt wurde. Es entwickelte sich eine Form des internen Wettbewerbs: Wer sammelt wie viele Kontakte?

Ausgehend von diesen ersten trainings on the spot, haben wir die Erfahrungen immer wieder in das Plenum der Kampagne getragen. Von hier aus begann sich die Methode zu verselbstständigen, um dann in der Ja-Kampf-Phase[3] vor der endgültigen Abstimmung am 26. September 2021 zu einer der zentralen Formen der Ansprache zu werden. Über die Zeit wurden immer mehr Aktive darin ausgebildet, selbst kleine Gesprächstrainings geben zu können, sodass wir als Starthilfe gegen Ende der Ja-Kampf-Phase gar nicht mehr für diese angefragt wurden. Auch Menschen, die zuvor extrem skeptisch gewesen waren, an fremden Türen zu klingen, waren gegen Ende des Ja-Kampfs geradezu im Fieber, noch möglichst viele Bewohner*innen zu erreichen. Wichtig war dabei die Haltung, nicht top-down bestehende Vorstellungen vom „richtigen Organisieren“ in der Kampagne durchzusetzen, sondern aus einer Wechselwirkung von zentralen Impulsen und Verarbeitung der Erfahrungen vor Ort gemeinsam lernen zu wollen.

Obwohl DWE also nach innen bei Weitem nicht repräsentativ für die Berliner Bevölkerung war und ist, konnten Praxisformen entwickelt werden, die das Gespräch mit der ganzen Stadtgesellschaft ermöglicht haben. Damit soll das Problem der sozialen Homogenität nicht kleingeredet werden. Je größer diese Homogenität ist, desto schwieriger wird es für Menschen neu dazuzukommen. Jedoch war allen in der Initiative klar, dass wir nur gewinnen werden, wenn wir geographisch, sozial und kulturell alle Teile der Berliner Bevölkerung erreichen. Auch in dieser Phase ist es jedoch durch die vielen Ansprachen nicht gelungen, die soziale Zusammensetzung der Mitglieder der Kampagne grundlegend zu verändern. Dennoch: Wir haben mehrere tausend Kontakte zusätzlich zu den bereits bestehenden gesammelt, die über Telefonaktionen zu einzelnen Unternehmungen mobilisiert wurden oder sich in Kiezteams einbringen konnten. Vor allem aber waren die Kampagnenmitglieder in der Lage, kollektiv zu lernen und sich neue Formen der sozialen Praxis anzueignen. Auffällig war, dass dabei im realen Leben gerade die Fragen, die in den linken Debatten so ideologisch aufgeladen werden, kaum eine Rolle spielten. Die These etwa, dass die gesellschaftliche Linke wegen genderinklusiver Sprache „die Menschen“ nicht mehr erreiche, hat sich nicht bestätigt. Die meisten unserer Materialien waren in geschlechterinklusiver Sprache geschrieben, ohne dass dies bei denen, mit denen wir gesprochen haben, nennenswerte Widerstände ausgelöst hätte. Wir haben den Ausschluss vom Wahlrecht von 25 Prozent der Berliner*innen thematisiert und unsere Materialien in den verschiedensten Sprachen herausgegeben sowie gleichzeitig einen Teil der AFD-Wähler*innenschaft auf unsere Seite gezogen (ein Thema, das eigenständig vertieft werden müsste). Und auch in Marzahn-Hellersdorf, das bundesweit wegen dem massiven Stimmenverlust für die Partei DIE LINKE bekannt geworden ist, waren gute Gespräche möglich, selbst wenn die Aktivist*innen als Feminist*innen, Queers oder anderweitig Alternative zu erkennen waren. Am Ende stimmten hier 56,7 Prozent für die Vergesellschaftung, während sich in der gleichen Wahl erstmals ein CDU-Direktkandidat, der seinen Wahlkampf unter anderem auf die Ablehnung von DWE fokussierte, gegen die LINKE-Direktkandidatin Petra Pau durchsetzen konnte.

Die Auswertung der Kampagne kann also für die gesellschaftliche Linke einige interessante Lernerfahrungen bringen. Es ist gelungen, in relativ kurzer Zeit Organizing-Praktiken in der Kampagne zu einer Praxisform zu machen, über die viele Aktive das erste Mal im Rahmen ihrer politischen Arbeit systematisch mit möglichst vielen Menschen ins direkte Gespräch gekommen sind. Wichtig war dabei die Mischung aus Impulsen, die von den zentralen AGs der Kampagne kamen, und die dezentrale Entwicklung von Praktiken, die dann wiederum für die gesamte Kampagne verallgemeinert wurden. So war es möglich, die Kampagne als gemeinsamen Lernort zu entwickeln, jenseits von starren Führung-Basis-Dichotomien. Zugleich hat diese Form des relativ intensiven Aktivismus auch Ausschlüsse produziert, und zwar für jene, die nicht so schnell einen Platz in einer gut geölten Kampagnenmaschine gefunden haben. Vor allem in den Kiezteams, die lokaler organisiert waren und in denen es einfacherer war, „kleinere“ Aufgaben zu übernehmen, konnten diese Hürden zumindest etwas abgebaut werden. Zugleich stellt sich die Frage, wie der Schwung einer solchen Kampagne stärker mit den Auseinandersetzungen um die alltäglichen Konflikte der Mieter*innen mit den Immobilienkonzernen verbunden werden kann. Darin liegt auch ein Schlüssel, um gesellschaftlich weiter in die Breite zu wirken.

Dieser Artikel wurde durch den Open-Access-Publikationsfonds der Friedrich-Alexander-Universität Nürnberg-Erlangen gefördert.

Endnoten

Autor_innen

Kalle Kunkel ist Historiker. Er promoviert aktuell zum Thema „Tarifauseinandersetzung als politischer Konflikt“ an der Friedrich-Alexander-Universität Nürnberg-Erlangen und engagiert sich bei „Deutsche Wohnen & Co. Enteignen“.

kalle.kunkel@posteo.de

Literatur

Bähr, Sebastian / Müller, Marie (2021): Probieren statt lamentieren. Warum die Kritik am „elitären Bewegungsaktivismus“ der Kampagne Deutsche Wohnen & Co enteignen wohlfeil und oft einfach destruktiv ist. In: analyse & kritik – Zeitung für linke Debatte & Praxis vom 3.11.2021. https://www.akweb.de/bewegung/deutsche-wohnen-und-co-enteignen-warum-die-kritik-am-elitaeren-bewegungsaktivismus-destruktiv-ist/ (letzter Zugriff am 7.3.2022).

Becker, Jonas (2021): Nur gemeinsam gewinnt man. Volksentscheid Deutsche Wohnen & Co enteignen. In: Der Freitag vom 8.10.2021. https://www.freitag.de/autoren/pjb/nur-gemeinsam-gewinnt-man (letzter Zugriff am 7.3.2022).

Flierl, Laura / Kunkel, Kalle / Scholz, Nina / Strobel, Hannes (2021): Von Mieterprotesten gegen die Deutsche Wohnen zum Volksbegehren. In: Philipp P. Metzger, Wohnungskonzerne enteignen! Wie Deutsche Wohnen & Co. ein Grundbedürfnis zu Profit machen. Wien/Berlin: mandelbaum, 233-242.

Hoffrogge, Ralf / Junker, Stephan (2021): Vergesellschaftung von Wohnraum – vom Schlagwort zur Umsetzung. In: Philipp P. Metzger, Wohnungskonzerne enteignen! Wie Deutsche Wohnen & Co. ein Grundbedürfnis zu Profit machen. Wien/Berlin: mandelbaum, 243-264.

Kratzsch, Claudia / Maruschke, Robert (2016): Basisorganisierung verändert die politische Landschaft. In: sub\urban. zeitschrift für kritische stadtforschung, 4/2-3, 103-112.

Kunkel, Kalle (2019): Ein Gespenst geht um … Berliner Initiative zur Enteignung profitorientierter Wohnungsunternehmen. In: Forum Wissenschaft 2/2019. https://www.bdwi.de/forum/archiv/archiv/10749702.html (letzter Zugriff am 7.3.2022).

Kusiak, Joanna (2020): Vergesellschaftung: gesetzmäßig, günstig, gut. Initiativen wie „Deutsche Wohnen & Co enteignen“ in Berlin stehen in bester demokratischer Rechtstradition. In: STANDPUNKTE 12/2020. https://www.rosalux.de/fileadmin/rls_uploads/pdfs/Standpunkte/Standpunkte_12-2020.pdf (letzter Zugriff am 7.3.2022).

McAlevey, Jane (2019): Keine halben Sachen. Machtaufbau durch Organizing. Hamburg: VSA. https://www.rosalux.de/fileadmin/rls_uploads/pdfs/sonst_publikationen/VSA_McAlevey_Keine_halben_Sachen.pdf (letzter Zugriff am 7.3.2022).

Neise, Martin (2021): Blaupause für eine erfolgreiche Linke. Der Berliner Volksentscheid zur Enteignung großer Immobilienkonzerne zeigt, wie man Mehrheiten gewinnt. https://www.rosalux.de/news/id/45255/blaupause-fuer-eine-erfolgreiche-linke (letzter Zugriff am 7.3.2022).

Schwerdtner, Ines (2021): Mit Aktivisten allein gewinnt man nicht. https://jacobin.de/artikel/mit-aktivisten-allein-gewinnt-man-nicht-deutsche-wohnen-und-co-enteignen-vergesellschaftung-volksentscheid-berlin-mietenwahnsinn-wohnpolitik-spd-giffey-vonovia/ (letzter Zugriff am 7.3.2022).

Strobel, Hannes (2020): Organisiert gegen einen profitorientierten Wohnungskonzern. Fünf Jahre berlinweite Vernetzung der Deutsche-Wohnen-Mieter*innen. In: sub\urban. zeitschrift für kritische stadtforschung 8/3, 195-204.

Strobel, Hannes (2022): Mehr werden! Einblicke in den Maschinenraum der Kampagne „Deutsche Wohnen und Co. enteignen“ – Ein Interview mit Judith und Leonie von der Sammel-AG. In: COMÚN – Magazin für stadtpolitische Interventionen #6. https://comun-magazin.org/mehr-werden/ (letzter Zugriff am 7.3.2022).

Taheri, Rouzbeh (2018): Deutsche Wohnen enteignen. Ein Landesenteignungsgesetz auf Grundlage Artikel 15 Grundgesetz ist das Ziel. In: STANDPUNKTE 8/2018. https://www.rosalux.de/fileadmin/rls_uploads/pdfs/Standpunkte/Standpunkte_8-2018.pdf (letzter Zugriff eingesehen 7.3.2022).

Vollmer, Lisa (2018): Mieter_innenproteste von den 1960er bis in die 1980er Jahre in der BRD. Von der Klassenallianz zur Aufspaltung und Einhegung ins neoliberale Projekt. In: sub\urban. zeitschrift für kritische stadtforschung 6/2-3, 137-148.