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(Homo-)Sexuelle Lust jenseits der Metropole Das intime Queeren von Räumen in Aachen

Autor/innen::

José Miguel Sánchez-Molero Martínez , Phevos Kallitsis

Abstract

Bereits seit Jahrzehnten beschweren sich queere Aachener_innen darüber, dass ihnen die lebendigere Subkultur der 1980er und 1990er Jahre fehle. Die wenigen queeren Räume in der Innenstadt sind heute institutionalisiert und konzentrieren sich meist auf soziale Arbeit oder ehrenamtliches Engagement – distanziert von Elementen der Lust und sexueller Begegnung. In den vergangenen 50 Jahren lassen sich jedoch zahlreiche Beispiele für Raumproduktionen finden, die auf eine belebte Klappenkultur und eine Sexualisierung von Räumen hinweisen. In Parkanlagen, öffentlichen Toiletten auf Bahnhöfen oder in Hochschulgebäuden sowie über Dating-Apps haben Männer, die Sex mit anderen Männern suchten, trotz – oder gerade wegen des erzkatholischen Glaubens in der Stadt Aachen – immer wieder neue Cruising-Orte für sich kreieren können. Die Schaffung dieser Räume, die Verbreitung des Wissens über sie, ihre Nutzung – der gesamte Prozess um das cruising herum war in Aachen, ebenso wie in vielen anderen (Groß-)Städten, aufgrund gesetzlicher Regelungen und sozialer Normen jahrzehntelang versteckt, tabuisiert, schambehaftet und geächtet. Dieser Beitrag deckt diese (zumindest für die Mehrheitsgesellschaft) verborgene und unbekannte Welt der Aachener Klappen-Kultur auf. Der Artikel stützt sich auf Archivrecherchen und Interviews mit queeren Zeitzeugen verschiedener Generationen. Diese kombinierte Methodik bietet Einblicke in die Vergangenheit, Gegenwart und erwartete Zukunft von Aachens intimen Raumproduktionen. Ziel dieser Untersuchung ist es, queere sexuelle Lust in einer Stadt außerhalb des deutschen LSBTIQ+-Mainstreams zu kartieren, sichtbar zu machen und über seine Entwicklung innerhalb des vergangenen halben Jahrhunderts zu reflektieren.