Die Logik des Ausbruchs – Formierung von Covid-19 durch Krisenbearbeitungsweisen
Abstract
Die unzähligen und weitreichenden Bezüge der gesellschaftlichen Auseinandersetzung mit der Covid-19-Infektion stehen nun schon einige Zeit im Zentrum sozialwissenschaftlicher Aufmerksamkeit. Ergänzend zu prägnanten unmittelbaren Diagnosen der Effekte und Blindstellen bei der Bewältigung richten wir das Augenmerk auf strukturelle Einstellungen im Vorfeld der Pandemie. Die aktuelle Krise entfaltet sich teils in der Realisierung solcher Voreinstellungen. Mit der kritischen Sozialepidemiologie führen wir eine Perspektive ein, die darauf verweist, dass Gesundheit eine soziale Frage ist. Mit Hilfe der Perspektive des worldings verfolgen wir, wie bestimmte Logiken und Regierungsweisen der Krise sich im Moment der Krise materiell entfalten, dabei an Kontexte angepasst werden, sich verändern und dabei ganz konkrete Welten der Krisenbewältigung erschaffen. Unter der Klammer „Logik des Ausbruchs“ zeigen wir die Verschränkung von zwei Momenten – die Klassifikation als Feind sowie die Zurichtung als Sicherheitsproblem – die richtungsweisend für die gesellschaftliche Interaktion mit dem neuartigen Virus sind. In dem wir die aktuelle Bearbeitungsweise der Krise als eine strukturell voreingestellte, machtgeladene, aber letzten Endes nur eine von vielen anderen möglichen dekonstruieren, öffnen wir den Blick für Bedingungen einer solidarischen Politik des Lebens, die wir abschließend knapp skizzieren. Damit liefert der Artikel einen Beitrag zu einer Geographie der Gesundheit, die im Sinne einer Sozialepidemiologie zweiter Ordnung nicht nach der Verbreitung und Bekämpfung von Viren und Seuchen fragt, sondern nach den Topologien der Macht, die den Ausbruch strukturieren.
Förderung
Die Publikation dieses Beitrags wurde durch den Open-Access-Fonds der WWU Münster ermöglicht.
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