Chemisch-Werden – Verkörperte Momente urbaner Zugehörigkeit in Berlin
Abstract
Der vorliegende Beitrag befasst sich mit Chemie, Körpern und Stadt in ihren intimen Verstrickungen und wechselseitigen Beeinflussungen. Er untersucht, wie sich die Stadt mittels Chemie auf verschiedene Weise in Körper einschreibt und gleichzeitig das Städtische in chemisch vermittelten Körperpraktiken ständig neu produziert wird. Ausgehend von einer ethnographischen Forschung in einem höherpreisigen Friseursalon in Berlin schlage ich vor, die intentionale und lustvolle Nutzung chemischer Substanzen mit ihren zugehörigkeitsstiftenden Effekten in den Blick zu nehmen. Urbane Zugehörigkeit wird dabei nicht als abgeschlossener Zustand verstanden, sondern als Fluchtpunkt, den einige Berliner*innen in sich überschneidenden Anwendungsformen von Schönheitsprodukten, Drogen und Pharmazeutika anstreben. Das Konzept des „Chemisch-Werdens“ begreift dabei spezifische Lokalitäten in Berlin, Körper in ihren intimen Beziehungen und Imaginationen des Städtischen als ein beständiges Wechselverhältnis. Ich stelle diese materiellen und affektiven Ko-Transformationen ethnographisch anhand von zwei Momenten des „Chemisch-Werdens“ vor: der Herstellung erstens von Looks mithilfe von Schönheitsprodukten im Salon und zweitens von Lust unter Zuhilfenahme von Drogen und der pharmazeutischen HIV-Prophylaxe PrEP in der (schwulen) Klubszene. In diesen Praktiken manifestiert sich urbane Zugehörigkeit nicht zwangsläufig in einer geteilten Identität oder festen Subkultur, sondern erscheint als affektives Zugewandt-Sein und materiell-körperliches Streben-nach.
Förderung
Dieser Artikel wurde durch den Open-Access-Publikationsfonds der Freien Universität Berlin gefördert.
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