Konservative Wende, milícias und die Wahlen – Überlegungen zum Fall Brasiliens
Abstract
Brasilien erlebt derzeit eine konservative Wende, die ihren Ausdruck nicht nur in der Präsidentschaft Jair Bolsonaros (2019-2022) fand, sondern sich auch in der Ausweitung des Phänomens sogenannter milícias (Parapolizeigruppen) in einkommensschwachen Vierteln manifestiert sowie im Aufkommen antisozialer Bewegungen, die sich selbst als rechtsgerichtet und konservativ verstehen. In diesem Kontext diskutiert der Beitrag am Beispiel der Metropolregion Rio de Janeiro das Wechselverhältnis zwischen (a) der Entstehung konservativer und rechtsextremer Gruppen, (b) der Ausbreitung von milícias im Stadtgebiet Rio de Janeiros und (c) deren Einfluss auf das Wahlverhalten in von ihnen dominierten einkommensschwachen Vierteln bei Wahlen zwischen 2018 und 2022. Die von den milícias praktizierten Formen der Gebietskontrolle – unter anderem Informationsnetzwerke, disziplinarische soziale Kontrolle, die Vermittlung zwischen individuellen und kollektiven Interessen sowie die Kontrolle von Wahlen – finden bislang weder bei Behörden noch in der Sozialanalyse und -forschung hinreichend Beachtung. Eine Reihe politischer Organisationen und alternativer Medien sind verantwortlich für die Verbreitung antidemokratischer Werte und Praktiken. Damit verfolgen sie das Ziel, die unterschwellige konservative Wende im Land zu legitimieren und die Beziehungen zwischen Stadterfahrung und Demokratie zu schwächen.
Förderung
Die Publikation dieses Beitrags wurde durch das Finanzierungsprojekt KOALA (Konsortiale Open-Access-Lösungen aufbauen) ermöglicht.
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