Bd. 11 Nr. 3/4 (2023): Autoritärer Urbanismus
Abstract
Autoritärer Urbanismus operiert mit lauten ebenso wie mit leisen Formen; er kommt mal offen, mal schleichend, mal gar getarnt daher; er wird manchmal als solcher erkannt, verkannt oder bleibt unerkannt. Autoritärer Urbanismus ist von widersprüchlichem und changierendem Charakter. Er ändert nicht nur häufig sein Gesicht und seine Arbeits- und Funktionsweisen, sondern bewegt sich zumeist auch im Spannungsfeld zwischen autoritären und demokratischen, zwischen liberalen und illiberalen Praktiken; er tritt nie in Reinform auf, sondern ist stets komplex und widersprüchlich. Akteure, die in autoritären Kontexten agieren und versuchen, Widerstand zu leisten, sind mit eben jenen Spanungsfeldern konfrontiert, innerhalb derer sie nicht nur handeln, sondern auch fühlen und sich durch Widersprüche navigieren. Diese Spannungsfelder nimmt unser Themenschwerpunkts in diesem Heft in den Blick. Wir fragen: (Ab) wann sind städtische Dynamiken und Prozesse autoritär? Wie manifestiert und materialisiert sich Autoritarismus in und durch Städte? Und was bedeutet Widerstand im Kontext von autoritärem Urbanismus?
Diese Spannungsfelder nehmen Kristine Beurskens und Gala Nettelbladt gemeinsam mit Daniela Zupan, der Gastherausgeberin des Themenschwerpunkts in diesem Heft, in den Blick.
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Einleitung
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Titelbild
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Editorial
EinleitungAutoritärer Urbanismus operiert mit lauten ebenso wie mit leisen Formen; er kommt mal offen, mal schleichend, mal gar getarnt daher; er wird manchmal als solcher erkannt, verkannt oder bleibt unerkannt. Autoritärer Urbanismus ist von widersprüchlichem und changierendem Charakter. Er ändert nicht nur häufig sein Gesicht und seine Arbeits- und Funktionsweisen, sondern bewegt sich zumeist auch im Spannungsfeld zwischen autoritären und demokratischen, zwischen liberalen und illiberalen Praktiken; er tritt nie in Reinform auf, sondern ist stets komplex und widersprüchlich. Akteure, die in autoritären Kontexten agieren und versuchen, Wi…
Aufsätze aus dem Schwerpunkt
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Autoritärer Urbanismus: zur Normativität eines Forschungsfeldes
AufsatzAngesichts zunehmender autoritärer, illiberaler und populistischer Strömungen weltweit, nicht zuletzt auch innerhalb etablierter Demokratien, hat die Auseinandersetzung mit Autoritarismus in der interdisziplinären Stadtforschung in den letzten Jahren an …
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Megaprojekt „Belgrade Waterfront“ — Neugestaltung der Stadt durch autoritäre Stadtplanung
AufsatzDieser Artikel beleuchtet die autoritäre Stadtentwicklung in einem spezifischen Übergangskontext am Beispiel der Umsetzung des urbanen Megaprojekts „Belgrade Waterfront“. Die groß angelegte Sanierung einer Brachfläche in der serbischen Hauptstadt wird al…
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„Gegen-Neoliberalisierung“ in Budapest — Großräumige Stadtentwicklungsprojekte in der populistischen Politik der aktuellen ungarischen Regierung
AufsatzSeit dem Machtantritt der derzeitigen ungarischen Regierung im Jahr 2010 hat sich die ungarische Hauptstadt Budapest rasant entwickelt. Die meisten der wichtigen symbolischen Räume der Stadt werden im Rahmen großräumiger Stadtentwicklungsprojekte umgesta…
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Im Zwang der Nation? — Landenteignung unter Indiens neoliberalem autoritärem Urbanismus
AufsatzMit der Wahl der Bharatiya Janata Party (BJP) vollzog sich in Indien eine Abkehr vom inklusiven Neoliberalismus hin zu einer Vertiefung des neoliberalen Projekts durch Sozialabbau und der Verbreitung einer hindunationalistischen Ideologie. Dieser Aufsatz…
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Signaturen eines autoritären Urbanismus in der Schweiz — Polizeiliche und ordnungsdienstliche Wegweisungen aus öffentlichen Räumen im Vergleich
AufsatzInternational wird seit den 1990er-Jahren eine Zunahme an staatlichen Kontrollpraktiken im öffentlichen Raum beobachtet, die sich gegen sozial marginalisierte Personen und Gruppen richten. In der Schweiz erhielt die Polizei mit dem Instrument der Wegweis…
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Konservative Wende, milícias und die Wahlen — Überlegungen zum Fall Brasiliens
AufsatzBrasilien erlebt derzeit eine konservative Wende, die ihren Ausdruck nicht nur in der Präsidentschaft Jair Bolsonaros (2019-2022) fand, sondern sich auch in der Ausweitung des Phänomens sogenannter milícias (Parapolizeigruppen) in einkommensschwachen V…
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Revolutionärer Antifaschismus als Stadtplan — Gewalträume, Freiräume und Traumräume
AufsatzIn diesem Aufsatz befasse ich mich mit dem Konzept eines „Revolutionären Antifaschismus“, um räumliche Prozesse zu untersuchen, die sich einer autoritären Stadt verweigern. In Broschüren und Flugblättern aus den 1990er-Jahren treffe ich auf einen Antifas…
Debatte
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Was heißt hier Widerstand? — Widerständige Praktiken im Kontext von autoritärem Urbanismus
DebatteAutoritärer Urbanismus prägt zahlreiche Städte, dennoch bleibt er nicht ohne Gegenwehr. Mit diesem Debattenaufschlag fragen wir nach den Möglichkeiten von Widerstand in autoritären urbanen Kontexten: Wie lässt sich Widerstand konzeptionell fassen, was kö…
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Schillernde Praktiken: Widerständiges in der neoliberal-autoritären Stadt — Kommentar zu Daniela Zupan, Matthias Naumann, Gala Nettelbladt und Kristine Beurskens „Was heißt hier Widerstand? Widerständige Praktiken im Kontext von autoritärem Urbanismus“
DebatteWiderstand ist nicht immer offener Protest – gerade im Kontext autoritärer Praktiken und städtischer Gewalt. Nicht immer werden gleich ganze Plätze über Monate besetzt oder füllen Tausende laut die Straßen. Die autoritäre Stadt bedeutet gleichsam nicht u…
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Prekäre Allianzen zwischen subalternem Widerstand und urbaner Zivilgesellschaft — Kommentar zu Daniela Zupan, Matthias Naumann, Gala Nettelbladt und Kristine Beurskens „Was heißt hier Widerstand? Widerständige Praktiken im Kontext von autoritärem Urbanismus“
DebatteIn diesem kurzen Beitrag möchte ich das verdächtig in Vergessenheit geratene Thema Klasse – und soziale Differenz im weiteren Sinne – wieder in die Diskussion über Widerstand einbringen. Ausgehend von über zehn Jahren der Forschung zu verschiedenen urban…
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Erinnerung an rechte Gewalt in Ostdeutschland als widerständige Praxis — Kommentar zu Daniela Zupan, Matthias Naumann, Gala Nettelbladt und Kristine Beurskens „Was heißt hier Widerstand? Widerständige Praktiken im Kontext von autoritärem Urbanismus“
DebatteDer Kommentar nimmt die Überlegungen der Autor:innen über „leise“ und individuelle Formen des Widerstandes zum Anlass, Erinnern als eine Form des Widerstandes einzuführen und diese Konzeption anhand der Erinnerung an rechte Gewalt in Ostdeutschland beisp…
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Widerstand mit Architektur? Beispiele aus der DDR — Kommentar zu Daniela Zupan, Matthias Naumann, Gala Nettelbladt und Kristine Beurskens „Was heißt hier Widerstand? Widerständige Praktiken im Kontext von autoritärem Urbanismus“
DebatteAus der Perspektive der Architektur- und Städtebaugeschichte der DDR lässt sich über widerständige Praktiken am besten anhand konkreter Beispiele nachdenken. Im Folgenden stelle ich daher zunächst drei Fallbeispiele aus der Städtebau- und Architekturdisk…
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Widerstand und Infrastrukturen: das Beispiel Energiedemokratie — Kommentar zu Daniela Zupan, Matthias Naumann, Gala Nettelbladt und Kristine Beurskens „Was heißt hier Widerstand? Widerständige Praktiken im Kontext von autoritärem Urbanismus“
DebatteDieser Beitrag diskutiert den Widerstand gegen Infrastrukturen als Ausdruck gesellschaftlicher Konfliktlinien. Aktuell lassen sich viele infrastrukturbezogene Konflikte auf unterschiedliche Positionen zur sozialökologischen Transformation zurückführen. D…
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Widerstand wogegen? Urbane Konflikte im autoritären Russland — Kommentar zu Daniela Zupan, Matthias Naumann, Gala Nettelbladt und Kristine Beurskens „Was heißt hier Widerstand? Widerständige Praktiken im Kontext von autoritärem Urbanismus“
DebatteIm Zuge der sich entfaltenden Debatte über autoritären Urbanismus und den Widerstand dagegen wurde es bislang weitgehend versäumt, konzeptionell zu klären, worum es bei diesem Phänomen genau geht. Mein Argument in diesem Kommentar ist, dass wir unter aut…
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Was heißt hier – und dort – Widerstand? — Kommentar zu Daniela Zupan, Matthias Naumann, Gala Nettelbladt und Kristine Beurskens „Was heißt hier Widerstand? Widerständige Praktiken im Kontext von autoritärem Urbanismus“
DebatteDer Beitrag illustriert, wie der lokale Kontext darüber entscheidet, was unter Widerstand gegen autoritären Urbanismus zu verstehen ist. Anhand von Beispielen aus den Städten Gera und Leipzig diskutiert er insbesondere die affektiven Aspekte von Widersta…
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Autoritärer Urbanismus enttarnt: Istanbul und Berlin im Dialog — Kommentar zu Daniela Zupan, Matthias Naumann, Gala Nettelbladt und Kristine Beurskens „Was heißt hier Widerstand? Widerständige Praktiken im Kontext von autoritärem Urbanismus“
DebatteIn Form eines Dialoges zwischen Berlin und Istanbul nähern wir uns über Fragen dem urbanen Autoritarismus ebenso wie den Formen des Widerstandes dagegen an. Dabei untersuchen wir unterschiedliche Ebenen von Partizipation in beiden Städten, die die Fiktio…
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Festung L.A. (2006 [1990])
DebatteKapitel aus: Davis, Mike (2006 [1990]): City of Quartz – Ausgrabungen der Zukunft in Los Angeles. Berlin: Assoziation A, 257-304. Aus dem Amerikanischen von Jan Reise.
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Mike Davis: Erinnerungen an einen Giganten der Großzügigkeit — Kommentar zu Mike Davis‘ „Festung L.A.“ (2006 [1990])
DebatteMike Davis (1946-2022) war ein einzigartiger öffentlicher Intellektueller, der wissenschaftliches, aktivistisches und populäres Denken in so unterschiedlichen Forschungsbereichen wie Stadt, Arbeiterbewegung, Marxismus, städtische politische Ökologie, Ges…
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„Es wäre ein verlegerisches Verbrechen, Mikes Bücher nicht zu übersetzen und herauszugeben.“ — Kommentar zu Mike Davis‘ „Festung L.A.“ (2006 [1990])
DebatteEin Gespräch mit Rainer Wendling vom Verlag Assoziation A zu City of quartz und seiner Bedeutung für die deutschsprachige Stadtforschung und -bewegung.
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Zwischen radikaler Stadtanalyse, Aktivismus und kultureller Intervention — Kommentar zu Mike Davis‘ „Festung L.A.“ (2006 [1990])
DebatteIm Abgleich mit vergleichbaren Tendenzen in deutschen Städten wirkte die politische Rezeption von City of quartz als Keimzelle für zunächst lose Zusammenkünfte aktivistischer, künstlerischer und stadterforschender Initiativen in Frankfurt am Main und …
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Historiografien der Extreme: Mike Davis, Reyner Banham und das Schreiben über Los Angeles — Kommentar zu Mike Davis‘ „Festung L.A.“ (2006 [1990])
DebatteMike Davis schrieb zeitlebens aus einer zutiefst kritischen, durch Aktivismus geschulten Perspektive heraus zu raumpolitischen Entwicklung in Los Angeles. Sein Blick auf die Stadt hätte kaum weiter von dem eines weiteren präsenten Autors im Feld abweiche…
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Verhärtungen unter der Oberfläche – Mike Davis im Plattform-Urbanismus — Kommentar zu Mike Davis‘ „Festung L.A.“ (2006 [1990])
DebatteAnhand des Stadtteils Bunker Hill beschrieb Mike Davis Anfang der 1990er-Jahre, wie bewusste sozialräumliche Strategien im Zuge der Reagan-Jahre die Oberfläche von Los Angeles zunehmend verhärteten. Im Herzen des Plattform-Urbanismus im San Francisco d…
Magazin
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Der Palast und die Souveränität des Premierministers in Äthiopien
MagazinKurz nach seiner Ernennung zum Premierminister Äthiopiens im April 2018 veranlasste Abiy Ahmed die Renovierung des Kaiserpalastes in der Hauptstadt Addis Abeba. Die Renovierung steht im Kontext einer Reihe von Infrastrukturprojekten im städtischen Raum, …
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Staat statt Stadt — Die rechtliche Grundlage zur Untergrabung der kommunalen Planungshoheit in Ungarn am Beispiel des Budapester Südens
MagazinDie „Investitionen von herausgehobener volkswirtschaftlicher Bedeutung“ haben einen großen Einfluss auf die ungarische Stadtplanung. Als planungsbeschleunigendes Instrument können diese von der nationalen Regierung Ungarns eingesetzt werden, um Fristen f…
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Das Wohnungsbauprogramm GUS 1990-1996 — 43 Siedlungen in Russland, Belarus und der Ukraine – Überblick und Einordnung
MagazinZwischen 1990 und 1996 finanzierte die Bundesrepublik Deutschland ein Wohnungsbauprogramm für rückkehrende Soldaten der sowjetischen Streitkräfte in Russland, Belarus und der Ukraine – das Wohnungsbauprogramm GUS. Dieser Beitrag gibt einen Überblick über…
Rezensionen
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Landschaften der Regression — Rezension zu Daniel Mullis / Judith Miggelbrink (Hg.) (2022): Lokal extrem Rechts. Analysen alltäglicher Vergesellschaftungen. Bielefeld: transcript.
RezensionBereits 2016 wies die Mitte-Studie auf eine Radikalisierung rechtspopulistischer Gruppierungen hin. Die „Radikalisierung antidemokratischer Milieus“ wird allerdings – wie die neuere Stadtforschung kritisch hervorhebt – oft noch immer so verortet, dass kl…
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Wie verräumlicht sich Unterdrückung? — Rezension zu Natalie Koch (Hg.) (2022): Spatializing authoritarianism. New York: Syracuse University Press.
RezensionNatalie Koch liefert mit Spatializing authoritarianism einen weiteren Beitrag zur immer stärker werdenden Debatte um die Zusammenhänge zwischen Politik, Planung und Raum. Die wichtigsten Intentionen der Publikation sind, den Paternalismus westlicher un…
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Hegemoniekrise und autoritäre Wende — Rezension zu Ian Bruff / Cemal B. Tansel (2020): Authoritarian neoliberalism. Philosophies, practices, contestations. Abingdon/New York: Routledge.
RezensionAngesichts des Erstarkens nichtdemokratischer Regierungsformen und politischer Kräfte mit explizit antiegalitären, autoritären Agenden in einer posthegemonialen Phase des Neoliberalismus formulieren einige Autor*innen das Konzept des „autoritären Neolibe…
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Keine Angst vor der Vergangenheit? — Rezension zu Birgit Knauer (2022): Gesunde Stadt. Die Assanierung der Stadt Wien (1934-1938). Basel: Birkhäuser; Harald Bodenschatz (Hg.) (2022): Städtebau für Mussolini. Auf der Suche nach der neuen Stadt im faschistischen Italien. Berlin: DOM Publishers.
RezensionDie Arbeit von Harald Bodenschatz (2011) und seinen Mitautor:innen zum Städtebau im faschistischen Italien hat vor zehn Jahren Wegweisendes in der Städtebauhistoriographie geleistet. Nun wurde das seit Jahren vergriffene Buch neu aufgelegt und behutsam e…
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Buenos Aires in Zeiten der Cholera und des Gelbfiebers — Rezension zu Antonio Carbone (2022): Park, tenement, slaughterhouse. Elite imaginaries of Buenos Aires, 1852-1880. Frankfurt am Main: Campus.
RezensionZu Beginn der Arbeit an einem mehrjährigen Buchprojekt ist manchmal nicht zu erahnen, welche Aktualität das Thema zum Erscheinungszeitpunkt erlangen wird. Die hier besprochene Monografie von Antonio Carbone erschien im Jahr 2022 und damit noch mitten in …