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Im Zwang der Nation? Landenteignung unter Indiens neoliberalem autoritärem Urbanismus

Autor_innen::

Michael Schwind

Abstract

Mit der Wahl der Bharatiya Janata Party (BJP) vollzog sich in Indien eine Abkehr vom inklusiven Neoliberalismus hin zu einer Vertiefung des neoliberalen Projekts durch Sozialabbau und der Verbreitung einer hindunationalistischen Ideologie. Dieser Aufsatz entwickelt zunächst das Konzept des neoliberalen autoritären Urbanismus, der eine spezifische Phase kapitalistischer Raumproduktion bezeichnet, welche kapitalistische Verhältnisse über autoritäre, nationalistische und antidemokratische Elemente ausweitet. Anschließend wird der Frage nachgegangen, inwieweit sich Indiens autoritär-populistischer Wandel in seiner Enteignungspolitik und der Hinwendung zu marktbasierten Enteignungsinstrumenten niederschlägt und diese prägt. Am Beispiel der Wiederentdeckung von Land Pooling Schemes (LPS) werden drei Befunde diskutiert: (1) Die Abkehr von materiellen und rechtlichen Zugeständnissen für die Agrarbevölkerung. (2) Die Verschleierung der gewaltvollen Dimension der Urbanisierung über die Ausweitung ökonomischer Zwänge. (3) Die Ausweitung einer diskursiven Inklusion der enteigneten Landeigentümer_innen, welche widerstreitende Interessen zwischen Agrar- und urbanen Kapitalfraktionen zugunsten einer nationalen Einheit teilweise einzufangen sucht. Insgesamt zeigt sich, wie die indische Enteignungspolitik mit LPS eine potenziell hegemoniefördernde Funktion einnimmt, indem sie durch die Ausweitung und gleichzeitige Verschleierung von Zwang die landbesitzende Agrarbevölkerung nicht nur zum Verkauf ihres Landes und zur Teilnahme an städtischen Verwertungsprozessen aufruft, sondern sie gleichermaßen ideologisch und materiell untrennbar an das Schicksal der urbanen Nation zu binden sucht.

Förderung

Die Publikation dieses Beitrags wurde durch das Finanzierungsprojekt KOALA (Konsortiale Open-Access-Lösungen aufbauen) ermöglicht.