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Rassistische Hunde und klassistische Ratten? Die mehr-als-menschliche Politik urbaner Ungleichheit

Autor_innen::

Rivke Jaffe

Abstract

In Städten auf der ganzen Welt spiegeln, reproduzieren und transformieren Tiere urbane Ungleichheiten – doch ihre Rolle bei der Vermittlung sozialer Hierarchien ist weitgehend unerforscht. Zwar befasst sich die Stadtforschung inzwischen mit der Bedeutung von Infrastrukturen, Gütern und Dienstleistungen und hat so entscheidende Erkenntnisse darüber gewonnen, wie nichtmenschliche Wesen ungleiche Beziehungen vermitteln. Dass aber bestimmte Tiere – „politische Tiere“ – diese Ungleichheiten auch mitproduzieren, wurde bislang weitgehend übersehen. Dieser Beitrag konzentriert sich auf zwei wichtige urbane Bereiche, Sicherheit und öffentliche Gesundheit, die oft durch massive Ungleichheiten gekennzeichnet sind, und macht die Rolle, die bestimmte Schlüsseltiere – Hunde beziehungsweise Ratten – hier spielen, zum Ansatzpunkt der Analyse. Sicherheitshunde sind darauf trainiert, bedrohliche Personen anhand klassifizierter und rassifizierter Merkmale zu erkennen. Ratten fühlen sich in gehobenen Wohngegenden mit historischem Baubestand und vielen Grünflächen wohl – die von diesen Nagetieren ausgehenden Gefahren für die öffentliche Gesundheit und das damit verbundene Stigma dürften jedoch in überproportionalem Umfang Stadtbewohner_innen mit geringem Einkommen betreffen. Anhand von Forschungsergebnissen zu Sicherheitshunden in Kingston (Jamaika) und Ratten in Amsterdam diskutiert dieser Beitrag die Rolle von Tieren bei der Herausbildung sozialräumlicher Grenzen und bei der Verteilung von Ressourcen und Risiken zwischen verschiedenen urbanen Räumen und Bevölkerungen. Mit seinem Fokus darauf, wie diese beiden Arten „politischer Tiere“ mit Menschen und Infrastrukturen interagieren, entwirft der Beitrag eine Forschungsagenda zur Untersuchung der Frage, auf welche Weise die alltäglichen Begegnungen von Tieren mit ihrer kulturellen und materiellen Umwelt in ihrem Zusammenwirken zu (un-)gerechten gesellschaftlichen Ergebnissen führen.

Förderung

Die Publikation dieses Beitrags wurde durch das Finanzierungsprojekt KOALA (Konsortiale Open-Access-Lösungen aufbauen) ermöglicht.