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Mit der Frage: „Was heißt hier Widerstand?“ haben Kristine Beurskens und Gala Nettelbladt gemeinsam mit Matthias Naumann und Daniela Zupan eine Debatte angestoßen und verschiedene Forscher_innen zu Kommentaren eingeladen. Die Autor_innen der Debattenbeiträge zeigen anschaulich die Unschärfen und Ambivalenzen, Mischformen und Facetten von Widerstand auf. Sie tragen damit über den Kontext urbanen Autoritarismus hinaus zu einer Differenzierung der Konzepte von Widerstand bei. Bewusst kommen dabei neben klassischen Praktiken des offenen Protests auch weniger beforschte Praktiken zu Wort. Kirsten Angermann diskutiert etwa Widerstand mit und durch Architektur in der späten DDR. Felicitas Kübler fasst Literaturen des Erinnerns an autoritäre Raumnahmen und rechte Gewalt als widerständige Praxis. Was als Widerstand verstanden werden kann, – darin sind sich die Autor_innen der Debattenbeiträge einig – kann nur aus dem jeweiligen politischen, sozialen und gesellschaftlichen Kontext heraus verstanden werden. Auch Alke Jenss betont in ihrem Beitrag, wie unterschiedlich die individuellen und kollektiven Bedingungen und Handlungsoptionen sowie die lokalen und nationalen (Un-)Möglichkeitsstrukturen sind, in denen widerständiges Handeln Raum und Ressourcen finden kann. Die Kommentare eröffnen diesbezüglich in ihrer Vielfalt einige interessante Parallelen, wenn etwa Urszula Ewa Woźniak und Tuba İnal-Çekiç in ihrem Beitrag zu Istanbul und Berlin ähnliche Muster autoritären Urbanismus sowie des Widerstand gegen diesen diskutieren. Doch es werden auch einige vielleicht unerwartete und räumlich unterschiedliche Geographien des lauten beziehungsweise leisen Widerstands sichtbar. In Andrei Semenovs Beitrag zu aktuellen Entwicklungen in russischen Städten finden sich offene, laute Formen des Widerstands gegen Nachverdichtungsmaßnahmen. Dagegen thematisieren Leon Rosa Reichle und Peter Bescherer in ihrem Debattenbeitrag das Verschweigen von systemischem Rassismus in Gera sowie die scheinbar unüberwindbaren Schranken, denen sich Widerstand gegenübersieht. Dass neben dem räumlichen Kontext auch die Frage bedeutsam ist, wogegen sich Widerstand formiert, zeigt auch Sören Becker, der herausarbeitet, wie die materiell-institutionelle Beschaffenheit urbaner Infrastrukturen selbst zur Hürde für Widerständiges werden kann. Lela Rekhviashvili beleuchtet in ihrem Beitrag zu sozialen Mobilisierungen in Georgien schließlich einen weiteren wichtigen Aspekt, indem sie die Bedeutung von Klassenzugehörigkeit und sozialer Differenz für die (Un-)Möglichkeiten für Widerstand diskutiert.

Diese Debatte erschien am 3. November 2023 in Bd. 11, Nr. 3/4 (2023); Autoritärer Urbanismus

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